wirtschaft + weiterbildung
02_2019
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ich natürlich schneller. Das kann manch-
mal richtig sein. Aber es ist schlecht,
wenn Zukäufe mein einziges Mittel sind,
weil ich selbst nichts Neues kreieren
kann. Ich brauche die ganze Palette.
Sind die neuesten Technologien letztlich
der Schlüssel zum Erfolg?
Osterwalder:
Das ist ein weiterer Mythos.
Innovation bedeutet nicht unbedingt, die
neueste Technologie einzusetzen. Ich
kann auch mit minderwertiger Technolo-
gie gewinnen. Ein Beispiel ist Nintendo
mit seiner WII-Konsole. Die war techno-
logisch schlechter als alles, was damals
auf dem Markt war. Aber sie haben ein
anderes Kundensegment anvisiert und
zwar die Gelegenheitsspieler, die vor
allem Spaß haben wollten. Und für die
war die Motion Control, mit der man Be-
wegungen kontrollieren und Tennis spie-
len kann, ein echter Gewinn. Es geht also
in erster Linie immer um Schaffung von
Wert für den Kunden und fürs Unterneh-
men. Dabei kann die neueste Technolo-
gie eine Rolle spielen, muss aber nicht.
So könnten die Banken sehr viel Wert
kreieren, wenn sie sich endlich mal auf
den Kunden ausrichten würden und nicht
immer nur auf die Technologie schauen.
Unternehmen wie Amazon oder Apple
lassen sich heute nicht mehr eindeutig
einer Branche zuordnen. Verschwinden
die Grenzen zwischen Branchen und
Industrien künftig immer mehr?
Osterwalder:
Das ist ein sehr wichtiger
Punkt. Apple verkauft Soft- und Hard-
ware, ist Content-Provider und im Einzel-
handel tätig. Aber die meisten Unterneh-
men denken noch immer in Branchen-
kategorien. Doch das ist überholt und
Unternehmen, die das nicht erkennen,
werden nicht überleben.
Die typische Panikmache von Beratern,
um das eigene Geschäft zu beflügeln?
Osterwalder:
Die Situation hat sich schon
gravierend geändert. Früher genügte es,
in der Abwicklung seines Geschäfts bes-
ser als die Konkurrenz zu sein. Heute
reicht das gerade noch, um zu überleben.
Ohne zusätzliche Innovation ist die Zu-
kunft eines Unternehmens ungewiss.
Das klingt beängstigend. Ihre Prognose?
Osterwalder:
Ich bin eigentlich sehr posi-
tiv. Die ersten Unternehmen machen die
richtigen Schritte und ich bin ganz zuver-
sichtlich, dass einige Konzerne überleben
werden. Beim Global Drucker Forum in
Wien meinte jemand nonchalant, viel-
leicht sei der Lebenszyklus der Großun-
ternehmen einfach vorbei. Das kann ich
nicht so akzeptieren. Denn dafür sind die
menschlichen Kosten zu groß. Wenn ein
Unternehmen mehrere 10.000 Mitarbeiter
entlassen muss, ist das eine enorme Be-
lastung für die Kommunen. Ich möchte
daher den Unternehmen helfen und sie
anspornen, mehr und vor allem richtig in
Innovationen zu investieren. Das ist für
mich auch eine moralische Verpflichtung.
Interview: Bärbel Schwertfeger
Alexander Osterwalder.
Mit dem Tool „Business Model Canvas“ erklärt der
Innovationsberater die neun Bausteine eines Geschäftsmodells.
Buchtipp.
Osterwalders Buch über die Entwicklung inno-
vativer Geschäftsideen, das 2011 erschien, gilt heute in
weiten Kreisen als „Kultbuch“.
Es steht auf der Amazon-Verkaufsliste in der Kategorie
„Management/Unternehmensplanung“ seit Jahren auf
Platz vier oder besser. Das Ziel der Veröffentlichung ist es,
dem interessierten Leser (insbesondere dem Anfänger)
einige simple und effektive Methoden für die Entwicklung
und Bewertung von Geschäftsmodellen vorzustellen. Inte-
ressante Geschäftsmodelle von wirklich existierenden
Unternehmen werden auf Basis der vorgestellten Metho-
den analysiert und bewertet. Bas Buch orientiert sich stark
an der (grafisch sehr ansprechend erklärten) Business-
Model-Canvas-Methode.
Alexander Osterwalder, Yves
Pigneur: „Business Model
Generation: Ein Handbuch für
Visionäre, Spielveränderer und
Herausforderer“, Campus Ver-
lag, Frankfurt am Main 2011,
285 Seiten, 34,99 Euro
Osterwalders Kultbuch