Wirtschaft und Weiterbildung 3/2019 - page 28

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
03_2019
Top-Management mehrheitlich auf dieser
Ebene ihren persönlichen Schwerpunkt
haben. Unternehmen, zu denen derzeit
die Wirtschaft als Rollenmodell auf-
blickt, wie einige in Silicon Valley oder
einige Start-ups, haben ihren kulturel-
len Schwerpunkt auf den Ebenen 4 bis
7. Wäre der Vorstand von Stefan auf der
Ebene 5, dann gäbe es für ihn ein nob-
les Ziel als Geschäftszweck (Was können
wir der Welt anbieten, was sie wirklich
braucht?). Es wäre dem Vorstand wichti-
ger gewesen, die Verbindung zu diesem
Geschäftszweck zu überprüfen. Statt
„Was ist der ROI in zwei Jahren?“ hät-
ten die Vorstände gefragt: „Inwiefern un-
terstützt das unseren Geschäftszweck?“.
Oder sie hätten gefragt: „Was bedeutet
das für die internen Entscheidungspro-
zesse und wie können wir als Vorstände
dazu beitragen?“
Wie sich die Ego-Struktur
auswirkt
Die Ego-Struktur ist das Bemühen auf der
Basis von Prägungen und Definitionen,
uns selbst stabil zu halten und für uns
zu sorgen. Zur Ego-Struktur gehören fol-
gende Beobachtungen:
• Ein Manager identifiziert sich mit dem
Begriff „Kompetenz“. Sein Selbstbild
fühlt sich defizitär an, was er nicht
anschauen und schon gar nicht über-
prüfen will, weil sein innerer Richter
befürchtet, nur die Bestätigung dafür
vorzufinden. Er fühlt sich nur wohl,
wenn er seine Kompetenz zeigen kann.
In allen Situationen zeigt er daher, was
er weiß, nicht was er in Wirklichkeit
empfindet. Seine Ego-Komfortzone
ist nur dann vorhanden, wenn er das
Neue unter dem Bekannten einordnen
kann. Daher kann er weder wahrneh-
men noch angemessen reagieren, wenn
Mitarbeiter oder Kollegen mit interes-
santem Neuen kommen.
• Das Ego-Ideal eines Managers ist seine
eigene Fehlerfreiheit. Daher kann er mit
Kritik nicht umgehen. Er schaut damit
auch nicht selbstkritisch auf seine Ent-
scheidungen und Handlungen. Seine
Mitarbeiter haben schon jegliche Ver-
sion von Feedback aufgegeben. Bei
manchen führt dies zu Abwanderungs-
überlegungen.
• Ein wieder anderer Manager wurde als
Kind häufig belogen und hintergangen.
Sein Weltbild ist entsprechend heute
noch so definiert. Er fühlt sich berech-
tigt im Misstrauen seiner Umwelt ge-
genüber und kann dadurch weder gut
delegieren noch offen zuhören. Seine
Reaktionen sind überwiegend abwei-
send und er erzeugt Distanz, was die
Teambildung untergräbt.
• Ein großartiger Mitarbeiter fühlt sich
nicht großartig, weil er den Attacken
und Selbstzweifeln seines inneren
Richters unterliegt. Er bringt sich daher
nur im Risikovermeidungsmodus ein
und bewirbt sich dadurch nicht für he-
rausfordernde Aufgaben, die er eigent-
lich bewältigen könnte.
• Ein Mitarbeiter mit eher schwachen
Leistungen versucht diese Wahrheit
nicht an sich ranzulassen. Sein Rich-
ter verhindert dies. Sein Ego-Bedürfnis
ist Anerkennung und die fordert er
oft ein. Er wird unangenehm für Kol-
legen und seine Führungskraft, die er
dafür abwertet, dass er kein großartiges
Feedback kriegt. Da er sich mit seinem
falschen Selbst beschäftigt, kommt er
an sein wahres Selbst nicht ran, kann
seine wahren Potenziale nicht an den
Tag legen und bleibt im Teufelskreis der
fehlenden Anerkennung mit seiner per-
sönlichen Aufmerksamkeit stecken.
• Durch vorbewusste Projektion werden
Hierarchen gleichzeitig zu Objekten für
den Vater/die Mutter, die man gerne
gehabt hätte, und zu dem Vater/der
Mutter, die man hatte. Die Projektion
hält den Mitarbeiter vorbewusst in der
Kindrolle, die sich entweder angepasst
oder rebellisch zeigt. Eine Begegnung
auf Augenhöhe wird dadurch von Mit-
arbeiterseite aus verhindert.
• Durch die Muster werden Subjekte zu
Objekten gemäß der geprägten Wahr-
nehmung und Begegnungen zu Be-
handlungen. Ein kollektives co-creati-
ves Feld kann dadurch nicht entstehen.
Erst wenn wir unser Bewusstsein über
diese Ebene der Beschäftigung unserer
Aufmerksamkeit erheben können, sind
wir wach genug für New Work.
Bewusstsein auf einer höheren
Ebene
Eine Bewusstseinsanhebung auf kul-
tureller Ebene geht nicht ohne eine Be-
wusstseinsanhebung auf der persönli-
chen Ebene – zumindest in den Schlüs-
selfunktionen im Management. Dieser
Schritt muss also kollektiv initiiert und
individuell durchgeführt werden. Um uns
über unsere Ego-Bedürfnisse hinaus zu
entwickeln, ist es erforderlich, dass wir
sie kennen und anerkennen. Es ist auch
R
Transformation: Der Weg durch das „U“
Veränderungsarbeit.
Die „sieben Ebenen des Bewusstseins“ nach
Richard Barrett werden in dieser Grafik von Cornelia und Christopher
Weber-Fürst erstmals kombiniert mit dem Transformationsprozess,
den Otto Scharmer mit seiner „Theorie U“ beschreibt.
Quelle: www.weber-fuerst.com
Persönliches Wachstum/
Transformation
Integrität,
Authentizität/
noble Vision, Werte
Etwas
bewirken/
Engagement
für Umfeld
Dienst für
Menschheit
und Erde
Existenz/
Finanzielle
Stabilität
Zugehörig-
keit/
Beziehungen
Selbstachtung/
Leistung
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