Wirtschaft und Weiterbildung 3/2019 - page 23

wirtschaft + weiterbildung
03_2019
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„Es dauert noch fünf bis zehn Jahre“
Aufgrund steigender Nachfrage entwickelt die Firma „AI
Coaching“ in Königswinter
it Mitte
2018 nichts anderes mehr als interaktive Bots (von eng-
lisch ‚Robot‘). Man versteht laut Firmengründer Torsten
Hardieß unter einem Bot ein Computerprogramm, das weit-
gehend automatisch sich wiederholende Aufgaben abarbei-
tet. Bots können sich (thematisch noch eng begrenzt) auch
an Gesprächen mit Menschen beteiligen, indem sie Fragen
und Antworten automatisch auswählen und kombinieren,
die zuvor einprogrammiert wurden.
Ein Bot kommuniziert mit einem Menschen über eine
Schnittstelle, die in Informatikerkreisen „Conversational-
Interface“ heißt. Er kann nicht nur Faktenwissen individuell
vermitteln (Hardieß: „Keine drögen FAQ´s mehr“), sondern
dadurch, dass der Bot auch zur Interaktion fähig ist, kann
er seinen menschlichen Gesprächspartner dazu anlei-
ten, persönliche und soziale Kompetenzen zu verbessern
(indem der Bot den Menschen zum Beispiel durch Fragen
zum Reflektieren veranlasst).
Beispiel „Google Duplex“
Vor einem halben Jahr hat Google auf einer Entwicklerkon-
ferenz den telefonierenden Assistenten „Google Duplex“
vorgestellt, der eigenständig Anrufe durchführen kann und
Termine bucht oder Reservierungen veranlasst. Hardieß ist
überzeugt, dass es sich dabei um ein ernsthaftes KI-Pro-
dukt handelt und zeigte seinen Zuhörern auf der Learntec
ein Video, das den Ablauf einer Tischreservierung für vier
Personen in einem Restaurant dokumentiert. Der Höhe-
punkt bestand darin, das der Bot die Aussage der Kellnerin,
man müsse werktags erst ab fünf Personen reservieren,
sofort verstand und trotzdem nachfragte, wie lange man
werktags im Durchschnitt warten müsse, wenn zufälliger-
weise doch viel los sei. Die Kellnerin nuschelte etwas, das
sich anhörte wie: „Werktags ist nie was los“.
Mit dem Hinweis auf „Google Duplex“ wollte Hardieß zei-
gen, wo man heute beim Thema künstliche Intelligenz und
Sprachverarbeitung schon stehe. Gleichwohl schränkte
er ein, dass man mit dem speziellen Reservierungs-Bot
nicht über das Wetter reden könne und beim Vereinbaren
von Friseurterminen habe er Probleme. Das liege daran,
dass Bots derzeit nur auf „enge“ Fachgebiete hin trainiert
Learntec 2019.
Torsten Hardieß, Diplom-Psychologe und
Gründer des Start-ups „AI Coaching“, hielt auf der „Learntec
2019“ einen vielbeachteten Vortag über den Einsatz von
Coaching-Bots. Er glaubt fest, dass Bots das Lernen
individualisieren und den Transfer verbessern werden.
Torsten Hardieß.
Er gewann mit sei-
ner Neugründung
„AI Coaching“ auf
der diesjährigen
Learntec einen
„Start-up-Pitsch“.
werden könnten. Aber das verbessere sich „mit rasender
Geschwindigkeit“, von der er selbst immer wieder über-
rascht sei. Hardieß: „Wir sind noch nicht soweit, dass wir
einen echten, menschlichen Coach ersetzen können, aber
da wollen wir hin!“ In fünf bis zehn Jahren werde es dann
so weit sein.
Derzeit sei die Hauptaufgabe, einen Bot so menschenähn-
lich wie möglich erscheinen zu lassen. Dazu gehöre, dass
er nicht zu schnell auf Fragen antworten dürfe und dass
er Gesprächspausen seines Gegenübers mit einem „Hmm“
kommentieren sollte. Es mache Sinn, den Bots, die im Busi-
ness-Training eingesetzt würden, eine stabile Persönlich-
keit zu geben und sie im Rahmen einer zum Unternehmen
passenden „Story“ handeln zu lassen. Beispiel: Ein agiles
IT-Unternehmen mit Piratenspirit („Besser Pirat als Mari-
neoffizier“) habe für sein Kommunikationstraining einen
„Piraten-Bot“ entwickeln lassen. Führungskräfte, die ihre
täglichen Trainingseinheiten vernachlässigten, würden vom
Bot via Smartphone verfolgt: „Ich hab dich seit fünf Tagen
nicht an Deck gesehen. Bringe ein gutes Argument, warum
ich dich nicht Kielholen lassen sollte.“
KI-Tools zum Ausprobieren
Im Internet kursieren Listen mit „Artificial Intelligence
Tools“. Hier eine Auswahl zum Kennenlernen:
·
ADA:
Reden über Krankheiten
·
Bitesnap:
Kalorien erfahren
·
Token:
passendes Geschenk finden
·
Mosaic:
tolle Lebensläufe schreiben
·
Mezi:
Hotels oder Restaurants buchen
·
Gigster:
Teams zusammenstellen
Martin Pichler
Foto: Martin Pichler
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