Wirtschaft und Weiterbildung 3/2019 - page 27

wirtschaft + weiterbildung
03_2019
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R
ten ähnlich wie schon die Scrum-Metho-
dik einzuführen. Der IT-Abteilungsleiter
hofft, durch diese Entscheidung seine Vi-
sibilität beim Vorstand zu erhöhen und
sein Image als Manager der Zukunft aus-
zubauen.
Die sieben Bewusstseins-
ebenen
Was hier passiert ist, kann mithilfe des
Modells der „Sieben Bewusstseinsebe-
nen“ von Richard Barrett gut analysiert
werden (siehe Grafik Seite 26):
Stefans Anliegen lag auf Ebene 5 und
wurde in der Vorstandspräsentation
durch seine eigenen Bedürfnisse auf
Ebene 3 und Ebene 1 untergraben. Auch
die Vorstände, deren Orientierung sich
meist auf der Ebene 1 und der Ebene 3
bewegen, konnten die Bedeutung ge-
nauso wenig erfassen wie jemand, der im
Skiurlaub immer nur mit der Anzahl der
gefahrenen Pistenkilometer beschäftigt ist
und für die Bergwelt überhaupt kein Auge
hat. Die Entscheidung für das Pilotprojekt
basierte auf der Hoffnung nach mehr
Erfolg (Ebene 3) und gleichzeitig auf Li-
mitierung und Kontrolle des finanziellen
Risikos (Ebene 1). Den Grundsatzorien-
tierungen an Erfolg und an finanzieller
Stabilität ordnen sich in der Wirtschaft
üblicherweise alle anderen Orientierun-
gen unter.
Auch der IT-Abteilungsleiter liegt mit sei-
ner Motivation auf der Ebene 3. Dabei
gehören die unteren drei Ebenen zu den
selbstbezogenen Ebenen – das heißt, hier
geht es um die Versorgung dessen, was
man vermeintlich braucht und nicht um
ein Geben oder Beitragen. Im Individuum
sind die Ebene 1 bis Ebene 3 die Ego-
Bedürfnisse. Die Orientierung daran ver-
sorgt uns mit dem, was wir nur bedingt
aktuell brauchen, was uns aber – durch
alte Prägungen und Ängste – als nie ganz
gegeben erscheint.
Eine gesunde Organisation bildet alle
sieben Ebenen ab. Ähnlich wie beim In-
dividuum braucht es eine Stabilität im
Ego-Bereich, um darüber hinauswachsen
zu können. Die Tatsache, dass heute viele
Unternehmenskulturen hauptsächlich
von der Ebene 3 geprägt sind, ist kein
wirtschaftliches Erfordernis, sondern nur
die Folge davon, dass Management und
Fachbegriff
Was steckt dahinter?
Bewusstsein
Das, was die Aufmerksamkeit lenkt.
Ego-Struktur,
Persönlichkeits-
Struktur
Alles, was in uns geprägt und definiert ist. Das „Gewordensein“, nicht das
wahre Selbst. Der Begriff Ego steht für das Bemühen auf der Basis von
Prägungen und Definitionen, uns selbst stabil zu halten und für uns zu
sorgen.
Ego-Drives,
unbefriedigte
Ego-Bedürfnisse
Antriebe aus den Prägungen und inneren Definitionen, die sich nicht
auf die aktuelle Realität beziehen, sondern auf frühere Erlebnisse. Viele
Menschen glauben, sie hätten keine Ego-Drives, weil sie so normal und
unsichtbar sind, dass sie ohne Anleitung nicht erkannt werden.
Beispiel: Jemand kümmert sich um ein regelmäßiges Einkommen – das
ist gesunde Selbstfürsorge. Jemand hat ständig Angst, dass er nicht
genug habe oder haben werde und beschäftigt sich mehr als nötig und
sinnvoll mit dem Thema Einkommen – hier zeigt sich ein „Ego-Drive“.
Noch ein Beispiel: Jemand schützt sich mit einer klaren, respektvollen
Bemerkung, wenn ihn jemand herablassend behandelt – das ist eine
gesunde Grenzsetzung. Jemand reagiert hochempfindlich darauf, wenn
ein anderer ihn auch nur ansatzweise belehrt – hier zeigt sich jetzt ein
„Ego-Drive“.
Super Ego,
Über-Ich,
innerer Richter,
innerer Kritiker
Das sind Begriffe für die innere Aufpasserinstanz, die an unserem Wert
zweifelt, uns vor der Wiederholung schwieriger Erfahrungen in unserem
frühen Leben schützen will und uns gleichzeitig aber auch selbst inner-
lich stark kritisiert und/oder jegliche äußere Kritik abblockt.
Wesen
Das wahre Selbst, unsere Essenz, unsere Seele, die Quelle unseres
Potenzials, unser Sein. Es ist wertvoll und mit allen erforderlichen
Qualitäten ausgestattet, die meist nicht von unserem Bewusstsein voll
erkannt werden. Das Wesen liegt jenseits jeglicher Definierbarkeit.
Ego-Ideal
Idealvorstellung wie wir – laut unserem inneren Richter – sein sollten.
Falsches Selbst
Definition desjenigen, für den wir uns halten. Es versucht, bestimmte
Qualitäten des Wesens künstlich zu erzeugen – zum Beispiel Freundlich-
keit.
Objektbeziehung
Hier gibt es eine dreifache Definition: Wie bin ich? Wie sind andere? Wie
läuft das zwischen uns - mit emotionalem Inhalt?
Identifikation
Ein Beweis, den wir mit dem falschen Selbst antreten wollen, um als
wertvoll zu gelten.
Ego-Komfortzone
Gelegenheit, ein Bild (Image) von sich selbst zu zeigen (anderen oder
sich selbst), in dem unser falsches Selbst und die Identifikationen sicht-
bar werden.
Selbstbild
Definition des inneren Richters, wie wir vermeintlich sind, wenn wir uns
sein lassen.
Weltbild
Definition des inneren Richters, wie andere sind und worum es im Leben
geht.
Projektion
Verhinderung der Wahrnehmung der Realität durch eine Vorstellung.
Muster
Auswirkung der Prägungen auf unser Denken und Handeln.
Vorbewusstes
All das in unserer Persönlichkeitsstruktur, was uns nicht aktiv bewusst
ist, solange wir nicht gezielt darüber nachdenken. Vorbewusstes wird
aber erkennbar, sobald wir unsere Aufmerksamkeit ohne Selbstzensur
darauf richten.
Persönlichkeitsarbeit einfach erklärt
Definitionen.
Die Arbeit mit der Ego-Struktur bedient sich
bestimmter Fachbegriffe, die hier kurz erläutert werden.
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