Wirtschaft und Weiterbildung 3/2019 - page 15

wirtschaft + weiterbildung
03_2019
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Im Kapitel, das sich um Gott dreht, erklärt der Physiker zu-
nächst einmal, so anschaulich wie es nur geht, die Quanten-
mechanik. Teilchen wie Protonen können vollkommen zufällig
erscheinen, eine Zeit lang bleiben und wieder verschwinden.
Dann stellt Hawking seine Schlussfolgerung vor: Genauso wie
Protonen kann nach den Gesetzen der Quantenphysik auch
das Universum „ganz einfach aus dem Nichts“ aufgetaucht
sein, ohne Hilfe in Anspruch zu nehmen. Als der Urknall
eine gewaltige Menge an positiver Energie erzeugte, produ-
zierte er gleichzeitig dieselbe Menge an negativer Energie. Auf
diese Weise ergänzen sich das Positive und das Negative laut
Hawking immer zu null - ein weiteres Naturgesetz, dessen Ab-
leitung im Buch beispielhaft vorgetragen wird.
Immer wieder beginnen Absätze, die Hintergründe erklären,
bei Hawking mit den Worten: „Stellen Sie sich ein X vor, der
Y macht. Was verursacht dieses Y? Vieleicht Z? Aber was hat
dann Z verursacht? Wenn wir in das Innere von Z blicken,
sehen wir ...! Aufgrund ihrer täglichen Erfahrungen meinen die
Menschen, alles, was geschieht, müsse durch etwas verursacht
sein, das vorher geschehen ist. Hawking versteht es, ganz vor-
sichtig die Einsicht zu wecken, dass das nicht unbedingt stim-
men muss.
Intelligente „künstliche Intelligenz“ ist ebenfalls ein Schwer-
punkt des Buchs. Ihr Aufkommen würde sich laut Hawking
entweder als das Beste oder das Schlimmste erweisen, was der
Menschheit widerfahren kann. „Wir wissen nicht, ob wir von
künstlicher Intelligenz hervorragend unterstützt oder womög-
lich sogar zerstört würden“, betont Hawking. „Ich bin Optimist
und glaube, dass wir mit künstlicher Intelligenz harmonisch
zusammenarbeiten werden. Wir müssen uns einfach nur die
Gefahren bewusst machen, diese identifizieren und uns recht-
zeitig auf die Folgen einstellen.“
Wir bräuchten beim Thema künstliche Intelligenz keine Angst
vor den anstehenden Veränderungen haben, meint Hawking.
„Wir müssen jedoch dafür sorgen, dass sich die Veränderungen
zu unserem Vorteil auswirken.“ Ein Beispiel für seinen bri-
tischen Humor liefert der Physiker gleich mit: Menschen fra-
gen einen Computer: „Gibt es Gott?“. Der Computer antwortet:
„Ja, ab dem Zeitpunkt, an dem niemand mehr mir den Ste-
cker rausziehen kann.“ Nüchtern betrachtet, gebe es für die
Menschheit zwei Aufgaben zu lösen: Sie müsse die künstliche
Intelligenz dazu nutzen, die Welt lebenswerter zu machen und
sie müsse den Weltraum erkunden mit dem Ziel, alternative
Planeten zu finden, auf denen die Menschheit (nach einer Um-
weltkatastrophe) überleben kann.
Bemerkenswert ist auch, dass für Hawking die Zukunft des
Lernens im Internet liegt. Dort könnten wissbegierige Men-
schen sich Informationen aneignen, aufeinander reagieren,
sich austauschen und miteinander handeln. „In gewisser Weise
verbindet uns das Internet miteinander wie Neuronen in einem
gigantischen neuronalen Netz.“
Martin Pichler
Buchtipp.
Stephen Hawking:
„Kurze Antworten auf große Fra-
gen“, Klett-Cotta, Stuttgart 2018,
253 Seiten, 20 Euro
1...,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14 16,17,18,19,20,21,22,23,24,25,...70
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