Wirtschaft- und Weiterbildung 9/2018 - page 15

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wirtschaft + weiterbildung
09_2018
werden durch soziale Medien irritiert und es ergeben sich tat-
sächlich Probleme. Doch Strukturen werden zurzeit aufgebro-
chen. Mehr als 90 Prozent der Unternehmen befinden sich
zurzeit in einer Veränderung in Richtung Netzwerkorganisa-
tion. Zu solchen Strukturen passen die sozialen Medien und
netzwerkartiges Arbeiten ist stark durch informelle Führung,
flexible Meinungsbildung und wenig Hierarchie geprägt.
Wenn Unternehmen soziale Medien öffnen und dialogischer
kommunizieren, müssen sie sich allerdings über eines im Kla-
ren sein: Soziale Kommunikation fungiert als Trendverstärker.
Wenn im Unternehmen negative Energie vorherrscht, Mitarbei-
ter Angst haben, gegeneinander arbeiten oder frustriert sind,
wird das über die Medien verstärkt. Herrscht dagegen Begeis-
terung, Tatendrang und positive Energie vor, wird diese auch
verstärkt und es kommt zu Ansteckungsprozessen in Richtung
Change Readiness, Unternehmergeist oder Aufbruchstimmung.
Influencer haben auf dieses Momentum einen erheblichen Ein-
fluss.
Das klingt wie aus dem Lehrbuch für moderne Unternehmens-
führung. Gibt es diese Phänomene auch in der Wirklichkeit
und haben Sie ein Beispiel für uns?
Bruch:
Ich habe dies sehr oft beobachtet. In einem Fall hat der
CEO einer Firma die Vision über seinen Blog kommuniziert.
Es herrschte eine resignative Stimmung im Unternehmen, die
er auflockern wollte. Im Blog kamen dann Kommentare hoch,
dass sich die Mitarbeiter zuerst einmal anständige Bürostühle
wünschten, bevor schon wieder eine Veränderung der Arbeits-
struktur eingeführt werde. Das eigentliche Anliegen trat bei der
Diskussion in den Hintergrund. Es kam zu dieser Trendverstär-
kung und im Blog hat sich nur die ohnehin schon schlechte
Stimmung entladen. Ebenso gibt es wunderbare Beispiele, bei
denen informelle Meinungsführer und soziale Medien zu einem
Kernelement bei einem Change werden. Transformationen kön-
nen dann schneller ablaufen, in kürzerer Zeit mehr Menschen
erreichen und über Hierarchien hinweg Dialog ermöglichen.
Das ist inspirierend und geht über das klassische Wirken von
informellen Leadern hinaus.
Müssen die Unternehmen den Mitarbeitern die Nutzung der
sozialen Medien ermöglichen? Was ist Ihre Empfehlung?
Bruch:
Auf jeden Fall. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern so-
ziale Medien am Arbeitsplatz verbieten, stellen sich rückschritt-
lich auf und sind nicht attraktiv als Arbeitgeber, besonders für
jüngere Menschen.
Unternehmenslenker wie Richard Branson oder Dieter
Zetsche bauen sich als Thought Leader und Influencer in den
sozialen Medien auf. Ist das eine gute Idee?
Bruch:
Wenn es authentisch ist, hat es sehr gute Wirkung. Bei
der modernen Kommunikation und insbesondere bei der di-
gitalen Transformation und der Veränderung der Arbeitswelt
R
Buchtipp.
Bruch wurde bekannt durch
die Beschreibung der „organisationalen
Energie“. Sie weiß, wie Firmen ihre Ener­
gie messen und entwickeln können.
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