Wirtschaft- und Weiterbildung 9/2018 - page 14

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wirtschaft + weiterbildung
09_2018
INTERVIEW.
Wie verändern Influencer die Macht­
verhältnisse in Unternehmen? Ein Gespräch mit Heike
Bruch, Leadership-Forscherin an der Universität St.
Gallen, bringt Klarheit: Soziale Kommunikation fungiert
als Trendverstärker. Personaler können diesen Effekt mit
etwas Geschick für ihre Change-Projekte nutzen.
Influencer machen den etablierten Medien Konkurrenz.
Viele junge Leute lesen ihre Blogs und ignorieren die bislang
von allen so geschätzten Qualitätsmedien
zum Beispiel die
großen überregionalen Tageszeitungen oder den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk. Beobachten Sie diese Veränderung
auch in den Unternehmen
zum Beispiel dass sich
Mitarbeiter an Influencern orientieren, die außerhalb der
Hierarchie stehen und die Meinungsbildung in der Belegschaft
durchaus beeinflussen?
Prof. Dr. Heike Bruch:
In der Leadership-Forschung gibt es die
Unterscheidung zwischen formeller und informeller Führung.
Die formelle Führung basiert auf Hierarchie. Die wirkungs-
vollste Führung basiert nie auf reiner hierarchischer Macht. Die
informelle Führung hat sich immer schon auf starke Persönlich-
keiten gestützt, die andere eher informell beeinflussen. Bislang
hat man diese nicht Influencer genannt, sondern Multiplika-
toren oder Meinungsführer.
Woran erkennt man eigentlich solche Influencer oder
Meinungsführer?
Bruch:
Meinungsführer sind informelle Leader – sie exponieren
sich, stehen für Ideen ein, versuchen, andere für Change zu
gewinnen. Und sie haben eine persönliche Autorität, die sich
auf gute Beziehungen, Anerkennung und Beliebtheit stützt. In
Netzwerkanalysen wurde untersucht, wer den größten Einfluss
hat – eher die beliebtesten Personen oder eher diejenigen mit
Fotos: Enver Hirsch
„Influencer haben
erheblichen Einfluss
in Unternehmen“
dem größten Expertenwissen. Interessanterweise ist der Zu-
sammenhang zwischen dem Beliebtesten und dem Einfluss-
reichsten sehr eng, während der Zusammenhang zwischen dem
größten Expertenwissen und dem größten Einfluss nicht stark
ist. Den größten Einfluss auf die Mitarbeiter hat also nicht der
Fachexperte, sondern derjenige, der ein großes Beziehungsnetz-
werk hat, Menschen inspiriert und Vertrauen aufbauen kann.
Was Sie aus der Leadership-Forschung beschreiben, liegt sehr
nahe an dem, was in den sozialen Medien zu beobachten ist.
Influencer sind beliebt, haben eine hohe Glaubwürdigkeit und
viele sind bereit, ihnen freiwillig zu folgen.
Bruch:
Bei den Influencern in den sozialen Medien kommt
hinzu, dass diese eine hohe Medienkompetenz haben und wis-
sen, wie man Netzwerke gezielt aufbaut und sich selbst ver-
marktet. Die informellen Meinungsführer in den Unternehmen
bauen ihr Netzwerk meist nach anderen Mustern auf. Das per-
sönliche Netzwerk entwickelt sich meist aus der Zusammenar-
beit im Unternehmen heraus.
Manche Mitarbeiter bauen sich in den sozialen Medien als
Influencer auf, ohne in den Unternehmen eine heraus-
gehobene Position zu haben. Ist das für die Führungsstruktur
in den Unternehmen ein Problem?
Bruch:
In sehr klassisch hierarchischen Unternehmen sind die
Kommunikationswege auch streng geregelt. Solche Strukturen
Heike Bruch.
Die BWL-Professorin ist
Direktorin des Instituts für Leadership der
Universität St. Gallen. Sie zählt zu den 40
führenden HR-Köpfen, die alle zwei Jahre
vom „Personalmagazin“ gekürt werden.
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