Wirtschaft- und Weiterbildung 7-8/2018 - page 50

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2018
Mögliche Reaktion:
• Nicht weiterarbeiten!
• Ansprechen und sagen: „Ich bin für Sie
da!”/„Lassen Sie es ruhig raus!”/„Es
ist o.k.!”/„Lassen Sie es zu!”/„Es ist
gut!”
• Gegebenenfalls berühren – zum Bei-
spiel Hand auf den Arm legen
• Pause machen!
7. Rausrennen.
Jemand schickt sich an,
den Raum zu verlassen.
Mögliche Reaktion:
• Ansprechen: „Halt, bevor Sie rausge-
hen: Was ist der Grund, dass Sie jetzt
rausgehen?” Situation klären: Was
ist der Grund, was die Absicht, was
braucht derjenige, wie geht es damit
weiter?
• Pause vereinbaren
• Pause machen
• Für Betreuung sorgen!
8. Vorwürfe an den Moderator.
In der
Konfliktmoderation geht es ganz zen-
tral um Beziehungsklärung. Das kann
Teilnehmer überfordern und zu Aus-
sagen verleiten wie: „Herr Moderator,
Sie haben keinen Anstand, so wie Sie
in die Leute eindringen, das tut man
nicht!”
Mögliche Reaktion:
• Nicht therapeutisch-distanziert antwor-
ten, nach dem Motto „Woher kennen
Sie das bei sich?”, sondern Vorwürfe
annehmen
• Vorwürfe hinterfragen
• Darauf eingehen und aufarbeiten.
9. Drohen.
Jemand spricht offen eine Dro-
hung aus: „Ja, wenn das hier so läuft,
dann ...”
Mögliche Reaktion:
• Annehmen, nicht überhören oder über-
gehen
• Sehr ernst nehmen!
• Wenn möglich: Nachfragen und He­
rausarbeiten, was los ist: Jemand „sieht
sich nicht gesehen”!
• Klären, ob und wie es weitergeht
• Notfalls abbrechen (und juristische
Klärung vorschlagen).
10. Gewaltausbruch.
Jemand wird laut,
schreit herum.
Mögliche Reaktion:
• Laut und entschieden Stopp sagen!
• Fragen: „Was ist passiert?” oder „Was
ist jetzt los?”
• Situation nehmen, wie sie ist und
(wenn möglich) aufarbeiten
• Notfalls abbrechen (und juristische
Klärung vorschlagen)
11. ImKreis drehen.
Die Gespräche entwi-
ckeln sich nicht weiter. Man kommt
immer wieder zum selben Punkt.
Mögliche Reaktion:
• Akzeptieren und eine Klärung nicht er-
zwingen („O. k., klarer wird es im Mo-
ment nicht. Ich möchte das jetzt erst
mal so stehen lassen.“)
• Den ungeklärten Punkt später noch
einmal ansprechen
• Die Vermutung zur Diskussion stellen,
dass sich der Aspekt in dieser Runde
nicht klären lässt.
Wenn Chefs Konflikte
moderieren
Eine Führungskraft kann sich auch ohne
externe Hilfe daran machen, einen Kon-
flikt in ihrem Bereich zu lösen. Sie sollte
sich zunächst überlegen, ob es sich um
einen „Wir-Konflikt“ oder einen „Die-
Konflikt“ handelt. Haben (Projekt-)Mitar-
beiter miteinander „Probleme“ und das
Ganze hat zunächst einmal nichts mit
der Führungskraft zu tun, so haben „die“
einen Konflikt und der (Projekt-)Leiter ist
für die Konfliktklärung zuständig. Haben
Chefs hingegen mit einem Projektmitar-
beiter „Probleme“ (oder mit mehreren),
so haben sie einen Wir-Konflikt. Während
Führungskräfte zur Konfliktklärung eines
Wir-Konfliktes sehr ernsthaft prüfen soll-
ten, ob sie sich der Unterstützung durch
einen professionellen Konfliktmoderator
bedienen wollten, sollten sie einen Die-
Konflikt zunächst selbst versuchen zu
klären. Dazu bittet der Chef die beiden
Konfliktparteien zum Gespräch. Dabei
sollte er folgende kommunikationspsy-
chologische Ratschläge beachten:
1.
Wenn die Beziehung stimmt, ist (fast)
alles möglich. Wenn die Beziehung
nicht stimmt, ist (fast) nichts möglich!
2.
Überlegen Sie, welcher Konflikttyp der
Einzelne ist und versuchen Sie, da­
rauf Rücksicht zu nehmen, in dem Sie
etwa einen „Stillen“ ermuntern, seine
Bedürfnisse zu formulieren und einen
„Lauten“ bremsen!
3.
Nehmen Sie die Sichtweisen beider
Parteien gleichermaßen ernst! Las-
sen Sie sich von beiden Seiten die je-
weilige Sicht der Dinge schildern, bis
Sie den Eindruck haben, dass Sie die
Sichtweise beider Parteien verstanden
haben.
4.
Sorgen Sie dafür, dass jeder von jedem
ernst genommen wird, dass jeder in
Ruhe ausreden darf und der andere
die vorgetragene Sichtweise würdigt,
sprich versucht zu verstehen! Ver-
stehen beinhaltet übrigens nicht die
Verpflichtung, die Sicht der Dinge zu
teilen! Aber es erleichtert einen Dialog
sehr, wenn man die Sicht des andern
„nachempfinden“ kann.
5.
Lassen Sie zu, dass die Vergangenheit
angesprochen wird, wenn dies dem
gegenseitigen Verständnis dient. Alle
Beteiligten sollten verstehen, wie es
zu der Konfliktsituation gekommen ist.
Dabei ist nicht wichtig, dass beide sich
im Rahmen der Konfliktklärung einig
sind, wie die Situation zu sehen ist.
6.
Versuchen Sie in der Konfliktklärung,
Vereinbarungen zu finden, die beiden
Seiten gerecht werden! Wie bereits
ausgeführt, sind Differenzen in der
Sache in der Regel lösbar, zumindest
kann man einen Weg finden, wie man
damit verbleiben wird.
7.
Fragen Sie nach Lösungsideen, Vor-
schlägen, Angeboten! Was soll nun
werden? Wie können wir verbleiben?
8.
Seien Sie eher kritisch und nicht eu-
phorisch, wenn sich, noch in der Kon-
fliktklärung, Lösungsansätze zeigen!
Problematisieren Sie die Vereinbarun-
R
Josef W. Seifert
gründete im Jahr
1987 das Institut
„Moderatio“, das
sich auf die Ver-
mittlung der Moderationsmethode im
Businesskontext spezialisierte. Sei-
fert wurde bekannt für sein Prozess-
modell des „Moderationszyklus“.
Seifert & Partner
Unternehmensberater PartG
Langenbrucker Strasse 4
D-85309 Pörnbach
Tel. +49(0)8446 92030
AUTOR
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