Wirtschaft und Weiterbildung 09/2016 - page 12

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wirtschaft + weiterbildung
09_2016
Foto: Achim Zimmermann
Dr. Achim Zimmermann
„Mein Wochenendseminar ist lebensverändernd!“,
„An zwei Tagen zum Rhetorik-Profi“, „Der Coach in
Hamburg“. Wer mit solchen Aussagen wirbt, der
muss sich im Klaren darüber sein, dass er sich
damit auf dünnes Eis begibt. Grundsätzlich müs-
sen Aussagen in der Werbung stimmen. Sie dürfen
weder unrealistisch sein noch etwas versprechen,
was das angebotene Produkt, hier also das Semi-
nar, gar nicht halten kann. So wird es sicher nicht
einfach werden, an einem Wochenende das Leben
eines Teilnehmers grundlegend zu verändern.
Nichts anderes gilt für ein Rhetorikseminar, denn
um zum Rhetorik-Profi zu werden, ist neben dem
Seminar auch eine Menge Erfahrung erforderlich.
Genau aus diesen Gründen muss der Anbieter prü-
fen, ob seine Anpreisung in der Werbung nicht über
das Ziel hinausschießt. Deshalb empfehlen sich
Aussagen, die realistisch sind. Das hat zwar oft den
Nachteil, dass sich die Reklame dann nicht mehr
so griffig anhört und sicherlich nicht mehr aus den
Angeboten der Konkurrenz heraussticht. Allerdings
ist damit das Risiko gebannt, dass ein anderer Trai-
ner oder Coach zur Waffe der Abmahnung greift.
Nichts anderes gilt für Werbung, die ein Alleinstel-
lungsmerkmal herausstellt. Das ist zum Beispiel
der Fall bei der Aussage „Der Coach in Hamburg“.
Diese Formulierung sieht zwar ganz harmlos aus,
hat es aber in sich: Durch den bestimmten Artikel
„der“ wird suggeriert, es handle sich um gerade den
Coach, der in Hamburg Marktführer ist. Es mag zwar
auch andere geben, aber er ist der beste und meist-
gebuchte im Norden. Diese Aussage ist nur dann
zulässig, wenn sie auch stimmt. Sollte es Ärger
geben, muss der Coach sie auch beweisen können,
etwa anhand seiner Buchungszahlen. Dabei hilft
übrigens auch nicht, wenn andere Personen solche
Aussagen über ihn machen und er sich diese zu
eigen macht. Schreibt eine Zeitung zum Beispiel
„Der Management-Trainer Nr. 1“, dann ist
das noch nicht problematisch. Übernimmt
der Trainer diese Formulierung aber in
seiner Werbung, dann muss er in der Lage
sein, sie auch belegen zu können.
Vorsicht ist auch geboten bei einer Anpreisung mit
Heilsversprechen: „Verlieren Sie Ihre Flugangst in
einer Stunde!“ Oder „ADHS ade in sieben Tagen!“.
Hier kommen neben dem reinen Werberecht noch
die besonderen Vorschriften zur Werbung für medi-
zinische Dienstleistungen ins Spiel. Problematisch
ist also zunächst eine Aussage zur Dauer bis zum
Erfolg. Flugangst und ADHS sind komplexe Vor-
gänge, die nur schwer innerhalb kurzer Zeit behan-
delt werden können. Selbst wenn das vereinzelt
gelingen mag, dürfte eine so generelle Aussage
unzulässig sein, denn es wird immer wieder Klien­
ten geben, bei denen das Problem nicht in der ver-
sprochenen Zeit bewältigt werden kann.
Vorsicht ist auch geboten, wenn ein Coach Tech-
niken anpreist, deren Wirkungsweise wissenschaft-
lich (noch) nicht belegt ist: Er hat dann die Pflicht,
auf die Gegenmeinung hinzuweisen. So muss ein
Kinesiologe seinen Klienten erläutern, dass die ver-
sprochenen Vorteile und der Nutzen der Methode
zumindest von Teilen der medizinischen Wissen-
schaft nicht anerkannt werden.
Kolumne Recht
Ehrlich währt am
längsten!
Dr. Achim Zimmermann ist mit rechtlichen Fragen rund um Training und Coaching in Theorie und Praxis vertraut: Er arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator.
Zudem führt er juristische Schulungen für Trainer und Coachs durch.
Haben Sie Fragen zu rechtlichen Themen rund um Training und Coaching? Dann schicken Sie uns eine
E-Mail an
sgewählte Fragen beantwortet unser Kolumnist Achim Zimmer-
mann monatlich an dieser Stelle.
Aussagen wie „Der Coach in Hamburg“
sind nur zulässig, wenn sie stimmen.
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