Personalmagazin 11/2018 - page 45

können, um mit uns in Bad Aibling drei oder vier Tage lang zu
arbeiten. Schwerpunktthemen werden Innovation, Strategie,
Führung, Individualität, Haltung, Persönlichkeit und Bewegung
– organisational und individuell – sein.
Gibt es weitere Projekte?
Hackl: Das zweite große Projekt sieht vor, einen etwas an-
deren Managementkongress auf die Beine zu stellen, an dem
wirklich an allen Problemlösungen zu den genannten Themen
gearbeitet wird. Der Kongress wird mit einem deutschlandweiten
Beteiligungsprozess an Werkstoren, in Lufthansa-Lounges, an
Bushaltestellen und in Wohngebieten eingeleitet. Die Menschen
sollen gefragt werden, was sie motiviert, wie Führung für sie aus-
sehen soll. Es wird gefragt, wie Unternehmen mehr Innovation
hinbekommen und was passieren muss, dass Mitarbeiter mehr
als „Dienst nach Vorschrift“ einbringen wollen. Das soll den
„21. Moove:Kongress“ inhaltlich leiten. Die Teilnehmer werden
nicht in erster Linie Zuhörer sein, sondern gemeinsam konkrete
Lösungen entwickeln.
Welche Rolle nehmen Sie dabei ein, Herr Lahm?
Lahm: Meine Rolle ist der Austausch. Ich habe Führung
im Spitzensport erfahren: Wie kann ich eine Mannschaft zur
Höchstleistung treiben? Wie schaffe ich es, dass jemand zur rich-
tigen Zeit seine Topleistung abrufen kann? Das habe ich hautnah
erlebt – sowohl unter einer Führung als auch in der Führungs-
position des Kapitäns. Wir tauschen uns aus, welche Parallelen
zu ganz normalen mittelständischen Unternehmen bestehen.
Aus dem Leistungssport kann man einige Dinge herausziehen,
die im Unternehmenskontext gut anzuwenden sind. Zusätzlich
übernehme ich die Schirmherrschaft für den Kongress und will
am Tag selbst konkret mitarbeiten.
Was können die Teilnehmer mitnehmen?
Hackl: Im Kern sind das vier Dinge: Wir erstellen erstens
keine standardisierten Trainingslogiken, sondern nehmen die
Problemstellungen der Führungskräfte auf und bringen die
Teilnehmer so in die unterschiedlichen Räume, dass sie in der
Diskussion voneinander profitieren. Zweitens werden weitere
Höchstleistungssportler teilnehmen und dort ihre Perspektiven
einbringen. Drittens bleiben die Führungskräfte nicht unter sich,
sondern treffen auch auf Mitarbeiter, die ihre Sicht der Dinge
schildern und erläutern, was schiefgelaufen ist und warum. Vier-
tens werden wir Impulse von sozial Benachteiligten aufnehmen,
weil wir von ihnen viele Dinge lernen können, zum Beispiel mit
Ressourcen-Restriktionen sinnvoll umzugehen.
Lahm: Ich glaube, dass es wichtig ist, verschiedene Perspekti-
ven offengelegt zu bekommen. Oft entsteht dann ein Aha-Effekt:
„So habe ich es noch nicht gesehen“. Deshalb ist ein Austausch
viel sinnvoller als ein Training, das vermittelt, in welche Rich-
tung es gehen soll. Es gibt aber nicht nur die eine Richtung,
sondern es gibt viele Möglichkeiten, motiviert zu sein. Es ist
wichtig, andere Meinungen zu hören und Perspektiven ken-
nenzulernen, um dann festzustellen, welcher Weg für welche
Situation der passende ist.
Welche Erkenntnisse für Ihre Forschung können Sie aus dem
21. Raum gewinnen, Herr Professor Hackl?
Hackl: Auf der einen Seite können wir sicher spannende Fall-
beispiele generieren. Auf der anderen Seite ist ein gemeinsa-
mes Forschungsprojekt im Gespräch, das sich mit dem Zu-
sammenhang von Führung und Höchstleistung beschäftigt.
Wie nötig neue Ansätze sind, zeigt sich unter anderem im
Recruiting, das sich massiv verändert. Heute geht es verstärkt da-
rum, im Vorfeld abzuchecken, ob Unternehmen und Mitarbeiter
zusammenpassen, ob beide zusammen höchstleistungsfähig
sind.
Herr Lahm, wie viel Zeit bleibt Ihnen für das Projekt, wenn
Sie als Organisationschef der EM 2024 in den nächsten Jah-
ren sicherlich viel zu tun haben werden?
Lahm: Ich habe gut zu tun, aber nicht zu viel. Es ist wichtig,
immer weiter lernen zu wollen, neue Bereiche und vor allem
andere Menschen kennenzulernen. Das hilft mir auch für
meine anderen Tätigkeiten. Wenn man etwas macht, sollte
jeder etwas davon haben. Deshalb ist es für mich wichtig, mich
auch in diese Richtung weiterzuentwickeln, weil ich das viel-
leicht als OK-Chef anwenden kann. Als OK-Chef wiederum
lerne ich viel Neues kennen, was ich in unser Projekt einbrin-
gen kann. Das ist für mich interessant, deshalb nehme ich mir
die Zeit. Außerdem habe ich in meiner Karriere festgestellt:
Wenn man etwas mit Freude macht, dann findet man immer
Zeit dafür.
Benedikt Hackl ist Professor für Strategie und Personal.
Als Vorsitzender des Forschungsclusters HR Impulsgeber,
Direktor des Forschungszentrums Management Analytics
– Institut für Führung, Digitalisierung und Agilität und
Buchautor beschäftigt er sich vornehmlich mit neuen For-
men der Unternehmenssteuerung, Mitarbeiterbeteiligung
und veränderten Rollen der HR-Bereiche.
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