Personalmagazin 11/2018 - page 44

Die zentrale Frage ist aber, was die handelnden Personen mit
diesen Daten machen, welche Erkenntnisse sie daraus ziehen,
wie sie damit umgehen und wie sie die Menschen einbinden.
Im Fußball wird alles analysiert. Bei der WM 2014 hatten wir
ein System, mit dem wir uns jede Situation und jede Torchance
des Gegners ansehen konnten. Ich habe das gemacht, aber die
Frage ist immer: Was sehe ich und wie will ich meine Erkennt-
nisse weitergeben? Der Mensch bleibt der maßgebliche Faktor,
denn er entscheidet, was mit den Daten gemacht wird. Das gilt
sowohl für den Fußball als auch für das Unternehmen.
„Heute geht es
nicht mehr
darum, einmal
Führungskraft
zu werden und
dann immer
Führungskraft
zu bleiben.
Sondern ich
muss mir den
Führungs­
anspruch
über Leistung
immer wieder
erarbeiten.“
Benedikt Hackl
Dann ist es auch die Aufgabe der Führungskraft, die Erkennt-
nisse zu nutzen, um Teamgeist zu entfachen?
Lahm: Teamgeist ist enorm wichtig. Es geht darum, jeden
mitzunehmen. Führung bedeutet für mich auch, dass jeder
seine Rolle im Team kennen muss. Es heißt auch, dass ich mit
den Daten, die mir zur Verfügung stehen, entscheide, wem ich
was und auf welche Weise vermittle.
Wird das auch ein Thema im „21. Raum“ sein?
Hackl: Das ist sogar ein großer Diskussionspunkt: Wie können
wir mit Daten umgehen? Es geht nicht darum, Daten zu ver-
herrlichen, sondern wir können uns damit Hilfestellung holen
und vergangene Situationen analysieren. Aber über die Zukunft
sagen die Daten überhaupt nichts aus. Sie erlauben einen Blick
auf das Spiel oder auf die Zusammenarbeit von gestern, aber
nicht auf das Spiel oder die Zusammenarbeit von morgen. Der
Rest wird von den Menschen bestimmt.
Die besten Teams wie Bayern München oder Real Madrid
sind auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Kannman daraus
folgern, dass People Power und Business Power unmittelbar
zusammenhängen?
Lahm: Die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass etwas erfolg-
reich wird, wenn eine gewisse Wirtschaftsmacht vorhanden ist,
weil ich so die besten Spieler bekomme. Aber das ist nicht alles.
Nehmen wir das Beispiel Frankreich: Wenn ich mir den Kader
anschaue, weiß ich, dass das Nationalteam super besetzt ist.
Frankreich hat sehr gutes Personal. Aber es gab keine Garantie,
dass Frankreich Fußballweltmeister wird. Zunächst sind eine
gute Zusammensetzung und eine gute Führung nötig. Das ist
die beste Voraussetzung, um erfolgreich zu sein.
Doch die Erfolgswahrscheinlichkeit ist größer, je besser die
People Power ist?
Lahm: Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit mit gutem Perso-
nal größer. Aber im Fußball passiert es auch, dass andere Teams
gegen besser aufgestellte Mannschaften gewinnen, weil sie als
Team besser funktionieren, vielleicht auch, weil die Führung
besser ist. Zu Real Madrid würde ich sagen: Dass der Verein
dreimal die Champions League gewonnen hat, ist hauptsächlich
damit verbunden, dass er personell super aufgestellt ist und dass
jeder seine Rolle auf dem Feld versteht. Auch Paris Saint-Ger-
main hat sehr viel Geld ausgegeben – so viel wie kein anderer.
Aber Saint-Germain hat es nicht geschafft, in der Champions
League nach vorn zu kommen. Das ist ein gutes Beispiel: Viel
Geld, Topspieler, aber es passt nicht ganz – noch nicht. Mal
schauen, was passiert.
Was haben Sie mit Ihrem gemeinsamen Projekt vor?
Hackl: In Bad Aibling vor den Toren Münchens werden wir
einen Lern- und Diskussionsraum entwickeln. Dort soll eine
Denkwelt entstehen, in der Führungskräfte und Mitarbeiter
arbeiten und diskutieren, in der Spitzensportler mitwirken und
in der sozial Benachteiligte integriert werden. Ziel ist es, eine
neue Perspektive auf Führung und Organisation zu ermöglichen.
Das fehlt in Deutschland noch. Hierzulande gibt es viele gute
Akademien, aber diese haben einen starken Trainingscharakter.
Wir wollen einen Diskussionsraum in einem geschützten Umfeld
eröffnen, für den sich Führungskräfte und Mitarbeiter anmelden
Strategie & Führung
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