Personalmagazin 11/2018 - page 49

Strukturen und internen Sicherheits-
systemen befasse. Und zum anderen die
personelle Ebene. „Hier sehen wir die we-
sentliche Aufgabe eines MBA-Studiums“,
sagt Kleinhanns-Rollé. „Man muss bei der
Person anfangen.“
Dazu gehöre es auch, die Glaubenssätze
des Unternehmens zu hinterfragen. Ge-
rade bei den osteuropäischen MBA-Teil-
nehmern ständen vor allem der Erfolg
und die Gewinnmaximierung im Vorder-
grund. „Da ist es schon wichtig, eine Me-
thodik zu finden, um an den Einzelnen
ranzukommen.“ Das funktioniere nicht
mit einer einzelnen, kurzen Abendveran-
staltung. „Je mehr ich mich mit meinem
Wertgerüst beschäftige, desto nachhal-
tiger wird der Lernprozess“, so die Ge-
schäftsführerin.
Konzept „Giving a voice to
values“ wird vermittelt
An der WU Executive Academy umfasst
die personelle Ebene drei Aspekte: das
Wissen, die personelle Sensibilität für das
Thema und das Prozesswissen bei der
Umsetzung von Maßnahmen. Beim Wis-
sen geht es darum, dass die Teilnehmer
verstehen, welche Regularien vorhanden
sind, was heikle Themen sind und wel-
che rechtlichen Ansprüche es gibt. Da die
Business School in einem LL.M.-Studien-
gang auch Richter für das Justizministe-
rium in Wirtschaftskriminalität ausbildet,
hat sie sehr kompetente Dozenten in dem
Bereich.
Bei der persönlichen Ebene habe man
in den Professional-MBA-Programmen
das wissenschaftliche Konzept „Giving
a voice to values“ der ehemaligen Har-
vard-Professorin Mary Gentile über-
nommen. Der Ansatz soll dem Einzel-
nen helfen, seine Werte erst einmal zu
erkennen, sie dann zu klären und sie
später auch bei Konflikten zu vertreten.
In dem Modul müssen die MBA-Teilneh-
mer zwei echte Erfahrungen aufschrei-
ben, bei denen ihre Werte im Konflikt
mit dem Vorgehen ihrer Organisationen
standen – und zwar eine Erfahrung, bei
der sie ihre Ablehnung deutlich geäußert
haben, und eine, bei der sie geschwiegen
haben. Die Geschichten werden dann
ausgewertet und gemeinsam im Kurs dis-
kutiert. Es sei total spannend und extrem
lehrreich, wenn Teilnehmer aus 20 bis 30
Nationen über Werte diskutieren, sagt
Kleinhanns-Rollé.
müssen die Teilnehmer zu ihren beiden
Geschichten jeweils eine Strategie aus-
arbeiten, wie sie Wertekonflikte künftig
besser angehen können.
Auch an der TUM School of Manage-
ment in München spielt die werteori-
entierte Führung eine große Rolle und
Compliance und Corporate Governance
werden daher implizit in verschiedenen
Fächern wie Finance, Accounting und
Leadership behandelt. „Gerade für Füh-
rungskräfte, die international arbeiten,
ist das Wertethema unheimlich wichtig“,
erklärt Bernhard Kraus, Geschäftsfüh-
rer Executive Education. Auch bei den
Themen Entscheidungsfindung oder bei
der Prüfung verschiedener strategischer
Optionen für Führungskräfte werde die
Verknüpfung zu verschiedenen Werte-
dimensionen hergestellt. Zudem gibt es
den speziellen Compliance-Kurs „Dea-
ling with stakeholder legal requirements
executives have to be aware of“. „Da geht
Zudem müssen die MBA-Studenten
während des gesamten Studiums zu je-
dem Modul ein sogenanntes „Value Re-
flexion Memo“ schreiben. Dabei sollen
sie jeweils ein Thema aus dem Modul
auswählen, das mit ihrem Wertesystem
im Konflikt steht. Die Themen werden
dann geclustert und am Ende des Stu-
diums an einem Tag diskutiert. „Es geht
darum, das Spannungsfeld aufzuzeigen
und zu analysieren, ob es dafür Regeln
gibt oder überhaupt geben kann“, erklärt
die Geschäftsführerin. Themen sind zum
Beispiel Outsourcing, die Aufbereitung
von Daten bei Finanzberichten, die Nut-
zung von legalen Steuertricks oder die
Arbeitsbedingungen bei Zulieferern. „Die
Teilnehmer sollen ein Gespür dafür be-
kommen, dass nicht alles, was legal ist,
auch ethisch in Ordnung ist“, so Klein-
hanns-Rollé.
Beim dritten Punkt, dem Prozess-
wissen, gehe es um die Methodik. Hier
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