Personalmagazin 11/2018 - page 47

Im Juni konnten die MBA-Studen-
ten an der Insead Business School in
Frankreich einem besonderen Referen-
ten lauschen: Sérgio Moro, vom US-Ma-
gazin „Time“ als eine der hundert ein-
flussreichsten Personen ausgezeichnet,
sprach über das Thema „Doing Business
in Brazil“. Der brasilianische Bundes-
richter ist seit 2014 der zuständige Er-
mittlungsrichter in einem gigantischen
Korruptionsskandal in Brasilien. Bei
der „Operação Lava Jato“, auf Deutsch
„Operation Autowäsche“ (weil die Ermitt-
lungen an einer Tankstelle begannen),
wurden Dutzende von hochrangigen Po-
litikern und Managern der Bestechung
überführt.
Bis März 2018 wurden 123 Beschuldigte
zu insgesamt 1.861 Jahren Gefängnis ver-
urteilt. Mehr als eine Milliarde US-Dollar
wurde beschlagnahmt oder an die Re-
gierung zurückgezahlt. Selbst Brasiliens
Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva
wurde von Richter Moro wegen Bestech-
lichkeit und Geldwäsche zu zwölf Jahren
Haft verurteilt.
Doch Moro hielt nicht nur eine Vor-
lesung an der Business School, er ist
auch Protagonist der neuen Fallstudie
„Doing Business in Brazil after Operation
Von Bärbel Schwertfeger
An den Business Schools gewinnt das
Thema „Korruption“ an Bedeutung.
Spezielle Kurse zu Compliance und
Corporate Governance sind dennoch
eher die Ausnahme. Vielmehr versuchen
die Schulen, die persönlichen Werte
der Studenten explizit zu thematisieren
und zu prägen.
Für viele Brasilianer ist Bun-
desrichter Sérgio Moro ein Na-
tionalheld. Sein Gesicht steht
für den Antikorruptionskampf
in Brasilien. Bei Insead sprach
er zu den MBA-Studenten
über Korruption und die Folgen
für den Wirtschaftsstandort
Brasilien.
Car Wash“, die Felipe Monteiro, Affiliate
Professor für Strategie bei Insead, ver-
fasst hat.
Wie Studenten vom Korrup­
tionsskandal in Brasilien lernen
Es gebe zwar unzählige Berichte über den
Skandal, erklärt der Professor, aber die
beschäftigten sich vor allem mit juristi-
schen und politischen Aspekten – wobei
das Vorgehen des Richters teils auch hef-
tig kritisiert wird. „Ich wollte das Ganze
aus der Perspektive der Wirtschaft be-
leuchten“, so Monteiro. Bestechung gebe
es zwar überall, aber das Besondere in
Brasilien sei das Ausmaß und die systemi-
sche Verbreitung von Korruption.
Die Fallstudie ermögliche eine Diskus-
sion über die Konsequenzen. So habe er
seine MBA-Studenten abstimmen lassen,
welche Folgen die Strafverfolgung haben
könnte: Macht die Operation Autowäsche
Brasilien zu einem besseren Wirtschafts-
standort? Versandet das Ganze wieder?
Oder lähmt der Skandal die Wirtschaft?
Von hundert Studenten hätten 70 Prozent
die erste Variante gewählt.
Für jede Möglichkeit gebe es gute Be-
gründungen und so sei eine lebhafte De-
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