Personalmagazin 11/2018 - page 48

personalmagazin 11.18
batte in der Klasse entstanden, erzählt
Monteiro. „Dank der Fallstudie verstehen
die MBA-Studenten, welches ernsthafte
Problem Korruption für die Wirtschaft ist
und dass es andere Wege gibt.“
Auch wenn die langfristigen Folgen
noch nicht absehbar seien, hätte sich in
Brasilien bereits einiges verändert. „Da-
vor wurde Korruption toleriert, weil sie
eben einfach dazugehörte“, so Monteiro.
„Das hat sich geändert.“ Zudem nähmen
die Unternehmen Compliance inzwi-
schen ernst und hätten konkrete Maß-
nahmen ergriffen. Des Weiteren habe sich
das Rollenbild der Richter und Staatsan-
wälte gewandelt. Denn sie hätten durch
ihren Mut gezeigt, dass sich Korruption
erfolgreich bekämpfen lasse.
„Mein Ziel ist, den Studenten mit der
Fallstudie zu vermitteln, wie institutiona-
le Veränderungen die Märkte beeinflus-
sen“, so Monteiro, der auch akademischer
Direktor für den Global Talent Competi-
tiveness Index (GTCI) ist.
Compliance und Governance
stehen auf dem Stundenplan
Der spektakuläre Skandal in Brasilien ist
eine Möglichkeit, das Thema Korruption
im MBA-Studium zu behandeln. Meist
fällt es unter den Begriff Compliance oder
Corporate Governance. „Bei Compliance
geht es um die Erfüllung gesetzlicher Vor-
gaben und die Systeme, die dafür einge-
richtet werden müssen“, erklärt Christian
Strenger, Honorarprofessor und Co-Direk-
tor des Center for Corporate Governance
an der HHL Leipzig Graduate School of
Management. „Aber im MBA-Studium
geht es um mehr, nämlich um Corporate
„Wir erleben, dass
sich die Wahr­
nehmung des
Compliance-
und Anti-Fraud-
Managements
zunehmend von
einem Faktor
der Wertever­
nichtung hin zu
einem aktiven
Wertetreiber von
Unternehmen
entwickelt.“
Zoltán Antal-Mokos, Dean of Degree
Programs an der ESMT
Governance.“ Zur guten Unternehmens-
führung gehören auch ethische Kompo-
nenten und Nachhaltigkeit.
Gerade durch den VW-Skandal habe
das Thema deutlich an Aktualität gewon-
nen, sagt Strenger, der bis Februar 2016
auch Mitglied der Regierungskommis-
sion Deutscher Corporate Governance
Kodex war und in zahlreichen Aufsichts-
ratsgremien sitzt. „Auch die großen In-
vestoren erwarten zunehmend, dass Un-
ternehmen soziale und gesellschaftliche
Verantwortung zeigen“, beobachtet der
HHL-Professor. Und auch Talente frag-
ten heute nach der Governance, Trans-
parenz und Unternehmenskultur eines
Arbeitgebers.
„Compliance funktioniert nur, wenn
man entsprechende Werte und Normen
auch verinnerlicht hat“, betont sein
HHL-Kollege Professor Timo Meynhardt.
„Man muss einen moralischen Kompass
entwickeln, der sich am gesunden Men-
schenverstand orientiert.“ Das sei schwer
genug. Aber alles andere wäre naiv.
UmManager oder angehende Manager
besser für die gesellschaftliche Funktion
von Führungsarbeit zu sensibilisieren
und ihnen einen mehrdimensionalen
Orientierungsrahmen zu bieten, hat die
Business School daher das Leipziger Füh-
rungsmodell entwickelt.
Korruptionsprävention: Für
Werte sensibilisieren
Es besteht aus den vier Dimensionen
„Purpose“, „Unternehmergeist“, „Verant-
wortung“ und „Effektivität“. Sie bilden
den Rahmen, der Führungskräfte unter-
stützen soll, relevante Fragen zu stellen
und ihren eigenen Beitrag zu überdenken.
Gerade der „Purpose“ hebt die Zweck-Mit-
tel-Relation in der Führungsarbeit hervor,
das heißt die Frage nach dem Warum,
dem Sinn und Zweck von Führungsent-
scheidungen, aber auch nach der Legiti-
mation eines Geschäftsmodells und eines
Unternehmens als Ganzes.
„Letztlich läuft das alles unter dem
Thema verantwortungsvolle Führung“,
erklärt auch Astrid Kleinhanns-Rollé, Ge-
schäftsführerin der WU Executive Acade-
my in Wien. Daher sei auch Compliance
ein Querschnittsthema, das sich nicht
einem Fach zuordnen lasse.
Dabei umfasse das Thema zwei Ebe-
nen. Da gebe es einmal die organisationa-
le Ebene, die sich mit den notwendigen
BÄRBEL SCHWERTFEGER ist bekannt
dafür, als freie Journalistin schwarze
Schafe auf dem Markt der HR-Dienst-
leister aufzudecken. Für den Artikel hat
sie mit zahlreichen MBA-Schulen da­
rüber gesprochen, wie sie das kritische
Denken an ihre Studenten vermitteln.
Strategie & Führung
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