 
          64
        
        
          
            SERVICE
          
        
        
          _FORSCHERPORTRÄT
        
        
          PERSONALquarterly  01 /17
        
        
          Überzeugungsarbeit leisten
        
        
          Professor Patrick Kampkötter arbeitet an der Schnittstelle von Personalökonomie und
        
        
          Managerial Accounting. Er untersucht empirisch die Wirksamkeit von Entscheidungen.
        
        
          
            Ruth Lemmer,
          
        
        
          Freie Wirtschaftsjournalistin, Düsseldorf
        
        
          D
        
        
          as Jahr 2016 bot für Patrick Kampkötter zwölf Monate
        
        
          voller Umbrüche: Im Frühjahr folgte der 37-Jährige
        
        
          dem Ruf an die Eberhard Karls Universität Tübin-
        
        
          gen – als Professor für Managerial Accounting in
        
        
          der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Im
        
        
          Sommer wurde der Hochschullehrer zum zweiten Mal Vater.
        
        
          Und im Herbst zog Familie Kampkötter dann aus Weilerswist
        
        
          bei Köln nach Reutlingen, wechselte von Nordrhein-Westfalen
        
        
          nach Baden-Württemberg – im föderalen System Deutschlands
        
        
          mehr als der Schritt von einem Bindestrichland ins nächste,
        
        
          weil Kita-, Schul- und Hochschullandschaft durchaus unter-
        
        
          schiedlich ticken. Doch Professor Kampkötter ist guter Dinge.
        
        
          Nur zehn Autominuten liegen zwischen seinem Haus und der
        
        
          Universität, in deren wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen
        
        
          Fakultät über 4.000 Studierende eingeschrieben sind. Lehre,
        
        
          Forschung und Familie stehen im harmonischen Dreiklang.
        
        
          Nur seine Fußballleidenschaft und der Besuch von Philharmo-
        
        
          niekonzerten stehen noch hinter den forschungs- und famili-
        
        
          enbedingten Nachtschichten zurück.
        
        
          Den Studentinnen und Studenten, die seine Veranstal-
        
        
          tungen besuchen, will Patrick Kampkötter neben den Basics
        
        
          der Betriebswirtschaftslehre vor allem nahebringen, wie
        
        
          man empirisch fundierte Entscheidungen trifft. Dazu gehört
        
        
          es, akademische Papiere zu diskutieren, aber auch Fallstu-
        
        
          dien zu bearbeiten, in denen die Studierenden in die Rolle
        
        
          von Managern schlüpfen. Fortgeschrittene Semester können
        
        
          sich an der Analyse von Individualdatensätzen oder Campus
        
        
          Files ausprobieren, zum Beispiel bei der Bundesagentur für
        
        
          Arbeit, oder während ihrer Unternehmenspraktika Daten er-
        
        
          fassen und auswerten. Dem Universitätslehrer geht es beim
        
        
          Umgang mit Empirie nicht nur um den wissenschaftlichen
        
        
          Nachwuchs, sondern auch um die, die nach Bachelor und Mas
        
        
          ter in die Unternehmenspraxis gehen, also um die Mehrheit.
        
        
          „Wenn Studierende bei mir lernen und ausprobieren, wie sie
        
        
          ein personalrelevantes Thema designen und evaluieren kön-
        
        
          nen, sind sie als spätere Manager sicher offener für evidenzba-
        
        
          sierte Entscheidungen“, beschreibt Kampkötter und verbindet
        
        
          so Lehre und Forschungsinteresse. Denn als Forscher ist er
        
        
          regelmäßig auf der Suche nach Unternehmen, die sich einer
        
        
          Datenerfassung und -analyse öffnen.
        
        
          Schon während seines Studiums an der Universität zu Köln
        
        
          beschäftigte sich der gebürtige Bielefelder neben der Energie-
        
        
          wirtschaft mit personalökonomischen Fragen. Nach dem Be-
        
        
          triebswirtschaftsdiplom 2006 dachte er über einen Wechsel in
        
        
          die Wirtschaft nach, die er als Praktikant im Telekom-Personal-
        
        
          bereich spannend fand. Doch dann blieb er der Universität treu,
        
        
          als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Personalwirtschaftsleh-
        
        
          rstuhl von Dirk Sliwka, bei dem er nach einem Aufenthalt an
        
        
          der INSEAD Business School im französischen Fontainebleau
        
        
          2011 mit der Arbeit „Compensation und Performance – Empi-
        
        
          rical Studies on Wages, Bonus Payments and Intra-Firm Trai-
        
        
          nings“ promovierte. Patrick Kampkötter arbeitete als Doktorand
        
        
          im Themenspektrum Karriereforschung, interne Arbeitsmär-
        
        
          kte, Mitbestimmung und Anreizsysteme. Bei Towers Perrin –
        
        
          heute aufgegangen in Willis Towers Watson – untersuchte er
        
        
          Anreizsysteme aus der Bankenbranche und räumte in seiner
        
        
          Dissertation mit so manchem Mythos auf. Etwa dem, dass Boni
        
        
          immer leistungssteigernd und motivierend wirken, und dem,
        
        
          dass die Bonuszahlungen in der Finanzkrise immer weiter ge-
        
        
          stiegen sind.
        
        
          
            Hang von Chefs zu mittigen Beurteilungen führt zu Frust
          
        
        
          Je weiter er in seiner Forschung voranschritt, desto deutlicher
        
        
          wurde dem Wissenschaftler, dass nicht die steile These, son-
        
        
          dern die Differenzierung im Personalmanagement Wirkung
        
        
          erzielt. Hier einige Ergebnisse: Bonussysteme und Fixgehalt
        
        
          haben in unterschiedlichen Umgebungen ihre jeweilige Be-
        
        
          rechtigung. Ein kausaler Effekt zwischen hohen Boni und Zu-
        
        
          friedenheit lässt sich in manchen Teams nicht nachweisen. In
        
        
          Teams, in denen Kooperation wichtig ist, wirken starke Diffe-
        
        
          renzierungen in der Gehaltshöhe bremsend. Leistungsbeurtei-
        
        
          lungen müssen eine Konsequenz haben, um zu wirken – das
        
        
          können Karrieresprünge, Gehaltssteigerungen oder eben Boni
        
        
          sein. Interessant auch der Einfluss, den Vorgesetzte auf die
        
        
          Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter haben: Der Hang zu mit-
        
        
          tigen Beurteilungen führt zu Verzerrungen und fördert den
        
        
          Frust. Gerade auf höheren Hierarchieebenen, wo individuelle
        
        
          Leistung einfacher messbar wird, und in größeren Abteilun-
        
        
          gen steigt die Leistungsbereitschaft von Mitarbeitern, wenn
        
        
          differenzierter beurteilt wird. „Man muss sich Gedanken über