Immobilienwirtschaft 6/2019 - page 44

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Eigentümer K hat einen gerichtlich bestätigten Anspruch auf Ausbau des Dach-
geschosses. Dies stört Eigentümer B. K verlangt imWege der Leistungsklage von B, der
solle nicht immer behaupten, gegen K einen Anspruch auf Unterlassung einer Störung
zu haben. Das Landgericht (LG) meint, K sei nicht zu einer Klage befugt. Dagegen
wendet sich K imWege der Nichtzulassungsbeschwerde. Zu Unrecht, so der BGH. Die
Entscheidungserheblichkeit sei nicht dargelegt. Sei eine auf Unterlassung des Ausbaus
gerichtete Klage rechtskräftig abgewiesen worden, stehe fest, dass K zu einem Ausbau
berechtigt sei. Eine dagegen gerichtete Feststellungsklage wäre unzulässig.
FAZIT:
Streiten zwei Eigentümer um das Recht eines Eigentümers, etwas im Bereich
des gemeinschaftlichen Eigentums tun zu dürfen, sollte der Verwalter keine Stellung
beziehen. Der Ausbau eines Dachgeschosses ist sehr komplex. Häufig muss umfassend
in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums eingegriffen werden, etwa durch den
Einbau eines Dachfensters, durch Errichtung einer Dachterrasse oder eines Balkons.
UNTERLASSUNGSANSPRUCH
Die Frage nach dem
richtigen Kläger
Unterlassungsansprüche aus dem
Miteigentum sind nicht gemein-
schaftsbezogen. Die Eigentümer
können diese Ansprüche aber ver-
gemeinschaften.
BGH, Beschluss v. 10.01.2019, V ZR 138/18
FAKTEN:
Der Verwalter K begehrt mit seiner Beschwerde die Herabsetzung des Streit-
werts und macht unter anderem daran geltend, dass hinsichtlich der Anfechtung eines
gefassten Beschlusses wegen der Darstellung der Instandhaltungsrückstellung der End-
betrag von vorneherein nur zu 20 Prozent angesetzt werden dürfe und hiervon 50 Prozent
anzusetzen seien. Die Beschwerde hat keinen Erfolg!
FAZIT:
Das LG gibt seine „Hamburger Formel“ auf. Zu Recht! Der Schutz der Parteien vor
einem zu hohen, außer Verhältnis zu ihren subjektiven Interessen stehenden Streitwert
erfordert keine prozentuale Reduzierung des Nennbetrages der Abrechnung. Der Ge-
setzgeber hat diesem Aspekt dadurch Rechnung getragen, dass er den Streitwert auf 50
Prozent des Gesamtinteresses begrenzt hat. Der Fall mahnt jeden Verwalter, seinen Ver-
waltervertrag stets auf demLaufenden zu halten, bei jeder Bestellung über eine Revision
und Anpassung an die aktuelle Rechtsprechung zu denken und keinesfalls jahrelang ein
einmal eingeführtesMuster einzusetzen. Weist der Verwaltervertragmehrere „veraltete“
Klauseln auf, kann der Verwalter damit sogar einenGrund für seine Abbestellung setzen.
STREITWERT
Wirksamkeit des
Verwaltervertrags
Beim Streit um die Wirksamkeit
des Verwaltervertrags ist für das
Gesamtinteresse auf die Restver-
gütungsforderung des Verwalters
abzustellen.
LG Hamburg, Beschluss v. 13.08.2018, 318 T 33/18
FAKTEN:
Die Eigentümer beschließen, einen Aufzug einzubauen. Dagegen geht Eigen-
tümer K vor. Der Beschluss beinhalte eine unzulässige Delegation der den Eigentümern
zustehenden Entscheidung darüber, welches konkrete Angebot zweier im Beschluss
angesprochenen Unternehmen realisiert werden solle. K erhält Recht. Die Eigentümer
hätten die allein ihnen zustehende Entscheidung über das „Wie“ der Ausführung der
Modernisierung aus der Hand gegeben. Der Beschluss habe die Entscheidung zwischen
zwei Anbietern dem Verwalter zusammen mit den Beiräten übertragen. Objektiv habe
er keinerlei Vorgaben enthalten, welches der beiden Angebote beauftragt werden sollte.
FAZIT:
Der Einbau eines Personenaufzuges kann nach zurzeit herrschender Ansicht
von einem Eigentümer nicht verlangt werden. Um dies zu ändern, arbeitet die Bun-
desregierung an einer Reform des WEG. Streitig ist zurzeit, ob die Eigentümer ihre
Verwaltungsrechte durch Beschluss auf eine andere Stelle übertragen können. Nach
der wohl überwiegenden Ansicht ist eine Kompetenzverlagerung an Dritte – etwa den
Verwalter – per Beschluss nur im Ausnahmefall vorstellbar.
MODERNISIERUNG
Einbau eines
Personenaufzuges
Mit dem Einbau eines Personen-
aufzuges muss keine Änderung der
Eigenart einer Wohnungseigentums-
anlage einhergehen.
LG Hamburg, Urteil v. 19.09.2018, 318 S 71/17
1...,34,35,36,37,38,39,40,41,42,43 45,46,47,48,49,50,51,52,53,54,...76
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