Immobilienwirtschaft 5/2019 - page 11

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klar festzuschreiben. Gleichzeitig ist ein
Beteiligungsprozess kein starres Vorha-
ben, sodass eine gewisse Flexibilität von-
nöten ist, um auf sich ändernde Rahmen-
bedingungen und Entwicklungen einge-
hen zu können. Jedes Format muss klaren
Regeln folgen und bereits zu Beginn die
Grenzen transparent definieren.
Verständliche Sprache
und gleichberechtigte
Gesprächsführung: Die
Begegnung auf Augen-
höhe ist entscheidend
Eine Möglichkeit, die Einflussmög-
lichkeiten und Grenzen eines öffentlichen
Beteiligungsprozesses von vorneherein zu
regeln, ist es, den Prozess der Öffentlich-
keitsbeteiligung von Beginn an gemein-
sam mit den wesentlichen vom Baupro-
jekt betroffenen Stakeholdern (Behörden,
Anwohnerschaft, organisierte Bürger etc.)
– ganz im Sinne der Beteiligung – zu ent-
wickeln. Dabei ist sicherzustellen, dass
bereits diese Prozessstufe transparent
und nachvollziehbar in der Öffentlichkeit
kommuniziert wird. Dies schafft Vertrau-
en und die Basis für den weiteren Prozess
der Öffentlichkeitsbeteiligung.
Geht es dann in die konkreten Betei-
ligungsformate, ist es wichtig, darauf zu
achten, dass der Dialog auf Augenhöhe
geführt wird – dies beginnt bei einer ver-
ständlichen Sprache und der Übersetzung
von Fachbegriffen und endet bei einer
gleichberechtigten Gesprächsführung.
Es bietet sich also an, Beteiligungspro-
zesse extern begleiten und moderieren zu
lassen. Geschulte Moderatorinnen und
Moderatoren verstehen sich als neutrale
Vermittler zwischen verschiedenen Inte-
ressen, werden als solche auch wahrge-
nommen und sorgen so dafür, dass alle
Perspektiven mit eingebracht werden
können.
Die zentrale Maßgabe eines echten
Beteiligungsprozesses ist es, dass sich
die vorgebrachten Einwände und Anre-
gungen der Stakeholder und der betei-
ligten Anwohnerschaft im Ergebnis der
Beteiligung nachvollziehbar wiederfinden
lassen müssen. Abstimmungen zu Frage-
stellungen, die außerhalb des Entschei-
dungsspielraums liegen, die im Beteili-
gungsprozess festgelegt wurden, sind von
vornherein auszuschließen. Mehrheitlich
vorgebrachte Interessen sollten nicht nur
dargestellt werden, sondern – soweit es die
festgelegten Beteiligungsregeln ermögli-
chen – sich auch in einer Änderung oder
Anpassung der Planung widerspiegeln.
Ein Dialogprozess, der ausschließlich
einer Anhörung gleicht und keinerlei
Mitgestaltung ermöglicht, kommt einer
Scheinbeteiligung gleich und wird im Er-
gebnis eher Frustration verursachen und
gegenteilige Effekte nach sich ziehen.
Egal ob Stuttgart 21, Wohnungs-
notstand oder beim Protest
gegen Uploadfilter: Bürgerinnen
und Bürger wollen ernst genom-
men werden.
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Ingo Seeligmüller, Geschäftsführer der
NeulandQuartier GmbH, Leipzig
Fotos: S. Kuelcue; Juergen Nowak; Rico Markus/shutterstock.com
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