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0.2018
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gibt weiterhin eine große Nachfrage nach
Immobilien in Deutschland.
Wie sind die Prognosen aus Ihrem Haus
für die nächsten zehn Jahre für den Im-
mobilienmarkt, auch mit Blick auf die
Zinsentwicklung?
ImMoment haben wir
zum Teil angespannte Wohnungsmärkte.
Im Koalitionsvertrag ist festgeschrieben,
dass wir in dieser Legislaturperiode 1,5
Millionen neue Wohnungen bauen wol-
len. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel.
In der letzten Legislaturperiode haben
wir eine Million Wohnungen, bei sehr
guten Rahmenbedingungen, geschaffen.
Gute Rahmenbedingungen hieß damals,
dass der Staat erhebliche Mittel in die so-
ziale Wohnbauförderung zusteuerte. Die
Kommunen und Länder haben wiederum
ihren Anteil beigetragen. Dank der Nied-
rigzinsphase war so viel wichtiges Kapital
auf dem Markt. In dem Moment, in dem
das Zinsniveau ansteigt, habe ich die Sor-
ge, dass das Kapital andere Wege findet
und nicht mehr in den Immobilienmarkt
angelegt wird.
Die Wohnungsbedarfe werden aber
auch von wachsender bzw. wandernder
Bevölkerung beeinflusst?
Es gibt meh-
rere Ursachen. Eine davon ist das Bevöl-
kerungswachstum, angefangen durch eine
sich verstärkende Land-Stadt-Bewegung
innerhalb Deutschlands. Deshalb gehen
wir von 1,5 Millionen Bedarfen insbe-
sondere in Großstädten aus. Des Weite-
ren spielt die innereuropäische Zuwan-
derungsbewegung eine Rolle, insbeson-
dere aus Spanien, Italien, Portugal und
Griechenland. Und dann 2015/2016 die
außereuropäische Zuwanderung aus den
Kriegs- und Krisengebieten. Das sind ins-
gesamt über zwei Millionen Menschen,
die nach Deutschland gekommen sind.
Welche Rolle spielt die steigende Wohn-
flächengröße für den Im
mobilienmarkt?
Das ist ein wichtiges Thema. Wenn man
sich einmal die Entwicklung anschaut:
Nach Kriegsende hatten wir 14 Quadrat-
meter Wohnfläche pro Kopf in Deutsch-
land, 1970 schon 30 Quadratmeter und
heute rund 46 Quadratmeter. Eine Ver-
dreifachung, die natürlich nicht einher-
gegangen ist mit der Verdreifachung
der Wohnungsbestände. Diesbezüglich
müssen intelligente Lösungen gefunden
werden. Zum Beispiel über Wohnungs-
börsen, wo man Älteren, Verwitweten,
Alleinstehenden zu guten Konditionen
denUmzug in kleinereWohnungen anbie-
tet. Diese wiederum machen dann große
Wohnungen frei, in die beispielsweise jun-
ge Familien einziehen können. Eine echte
Win-win-Situation.
Findet die außereuropäische Zuwan-
derung gezielt in Großstädte statt?
Wenn ja, wie kann die Politik diese Be-
wegungen steuern, und wie kann die
Immobilienwirtschaft sie nutzen?
Der
Wunsch ist schon sehr ausgeprägt, in die
Großstädte zu gehen, oftmals weil die glei-
che Community dort schon wohnt. Wir
hatten 2016 die Diskussion über die ohne-
hin angespannte Wohnungsmarktsituati-
on in den Großstädten und daraus mög-
licherweise resultierende Konflikte. Aus
diesemGrund wurde dieWohnsitzauflage
eingeführt. Ich selbst habe das anfangs kri-
tisch gesehen. Mitte der 90er Jahre kamen
etwa eine Million Russ
landdeutsche zu
uns nach Deutschland. Damals war jeder
frei, seinen Wohnort zu wechseln, wenn
er eine Arbeit nachweisen konnte, musste
aber bis dahin in einer bestimmten klei-
nen Kommune bleiben. Über 80 Prozent
der Russlanddeutschen, die damals zu uns
gekommen sind, sind in diesen Kommu-
nen geblieben und haben dort eine Ar-
beit und eine neue Heimat gefunden. Das
stimmtemich dann doch optimistisch.
„In dem Moment, in dem das Zinsniveau ansteigt, könnte sich das Kapital andere
Orte suchen als den Immobilienmarkt.“ Ein Gespräch mit
Gunther Adler
.
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Dr. Julien Wilhelm v. Reitzenstein, Berlin
Gunther Adler
war seit April 2014
Staatssekretär im Bundesministerium
für Umwelt, Bau und Reaktorsicherheit
und später im Ministerium des Innern
für Bau und Heimat. Im Zuge der
Inthronisierung des ehemaligen Ver-
fassungsschutzpräsidenten Maaßen als
parlamentarischem Staatssekretär ist
Adler inzwischen in den einstweiligen
Ruhestand versetzt worden.
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