Immobilienwirtschaft 10/2018 - page 12

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POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL
I
AKTUELLE GESETZGEBUNG
Kommentar
TORSTEN LABETZKI
Grundsteuerreform:
Suche nach dem goldenen Weg
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„Es wirft Fragen der Gerechtigkeit auf, wenn
ein unbebautes Grundstück gleich behandelt
würde wie ein bebautes Grundstück.“
Torsten Labetzki
ist Senior Referent Steuern und Finanzmarktregulierung
des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Wohl kaum eine Gesetzesre-
form ist so zäh wie die der
Grundsteuer. Zwar diskutieren
Experten schon seit 20 Jahren
über eine Reform, doch erst
mit dem Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts im April
dieses Jahres hat die Diskussion
Fahrt aufgenommen. Welcher
Ansatz wird sich durchsetzen?
Die Einheitsbewertung von Grund­
vermögen ist verfassungswidrig,
eine Neuregelung muss bis Ende
2019 gefunden werden. Vor allem
das vorgegebene Ziel, dass die
Neuregelung innerhalb von fünf
Jahren, also spätestens ab 2025,
auch tatsächlich angewendet
werden muss, führt bei den Ex­
perten aus Politik, Verwaltung und
Wirtschaft zu Diskussionen über
das richtige Reformmodell.
Bei der Ermittlung der
Bemessungsgrundlage
besteht Unklarheit
Das in der letzten Legislaturperio­
de eingebrachte Kostenwertmodell
ist dem Diskontinuitätsprinzip zum
Opfer gefallen. Von einer erneuten
Einbringung sollte abgesehen
werden, denn schließlich würde
dieses Modell die Administrier­
barkeit der Steuer aus Sicht der
Kommunen erheblich erschweren.
Allein für das Land Hessen hat
der zuständige Finanzminister Dr.
Thomas Schäfer den personellen
Mehrbedarf für die Einführung
eines kostenwertorientierten Mo­
dells auf etwa 300 Vollzeitstellen
beziffert. Zudem darf bezweifelt
werden, ob das Modell in der
vom Bundesverfassungsgericht
gesetzten Frist auch tatsächlich
umgesetzt werden könnte.
Derzeit befinden sich noch weitere
Berechnungsmodelle in der Diskus­
sion, darunter das Flächenmodell
und das wertabhängige Boden­
wertmodell. Das Bodenwertmodell
fällt insbesondere aufgrund des
stetigen Verwaltungsaufwands
durch die Notwendigkeit der
Aktualisierung und den implemen­
tierten Erhöhungsmechanismus
auf und ist daher insbesondere aus
Verbrauchersicht ein potenzieller
Kostentreiber. Zudem wirft es
Fragen der Gerechtigkeit auf, wenn
ein unbebautes Grundstück gleich
behandelt würde wie ein bebautes
Grundstück.
Wie so oft wird auch im Rahmen
der Reform der Grundsteuer eine
Gerechtigkeitsdebatte geführt. Die
dabei vorgetragene Notwendigkeit
einer wertorientierten Bewertung
führt aber nicht zu dem gewünsch­
ten Ziel. Vielmehr würden Mieter
und Eigentümer in besonders
angespannten Märkten durch die
Hintertür stärker belastet. Wert­
orientierte Modelle gefährden
somit die soziale Durchmischung
unserer Städte und Gemeinden.
Auch in Berlin-Mitte, Hamburg-
Harvestehude und der Münchner
Altstadt wohnen Menschen
mit mittleren und niedrigeren
Haushaltseinkommen. Diese
würden über ein wertorientiertes
Berechnungsmodell unnötigerwei­
se zusätzlich belastet. Das führt im
Gegenzug zu einer Verdrängung
dieser Nutzer – was gemeinhin als
Gentrifizierung bezeichnet wird.
Wenn man den Sinn der Grund­
steuer hinterfragt, dann überzeugt
am ehesten der Ansatz, dass
die Kosten der Kommune für die
Nutzung der Infrastruktur in den
Bereichen abgedeckt werden sol­
len, wo dieses nicht über Gebühren
und Abgaben unmittelbar erfolgen
kann. Nicht überzeugend ist jedoch
der Ansatz einer Vermögensteuer
ausschließlich auf Vermögen in
Form von Immobilienbesitz – was
eine wertbasierte Grundsteuer im
Ergebnis wäre.
Die Immobilienwirtschaft for-
dert ein Flächenmodell, das nur
auf Grundstücks- und Gebäude-
flächen basiert
Mit ansteigender Flächennutzung
wird im Grundsatz auch immer
eine stärkere Belastung der
kommunalen Infrastruktur einher
gehen, da die benötigte Fläche
mit der Anzahl der nutzenden
Bürger regelmäßig positiv korre­
liert.
Neben der schnellen Umsetzbar­
keit wäre dieser Reformweg für
den Steuerpflichtigen wesentlich
transparenter als eine Bemessung
nach einem Wert und ferner für
die Kommune eine konjunktur­
unabhängige Einnahmequelle.
Ebenso wäre keine Erhöhung der
Grundsteuer systemisch verankert.
Mieter hätten also keine konstante
Erhöhung ihrer zweiten Miete zu
befürchten.
Torsten Labetzki
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