Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 66

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PERSONAL & KARRIERE
I
DIVERSITY MANAGEMENT
bringen, ist laut der Untersuchung nicht
zwingend eine ausgearbeitete Diversity-
Strategie notwendig. Es könne ebenso hel-
fen, Vielfalt in das unternehmenseigene
Leitbild und in bestehende betriebliche
Vereinbarungen mit aufzunehmen. Auch
das Sichtbarmachen des Commitments
nach außen, etwa durch den Beitritt zur
Charta der Vielfalt oder zu den IEQM-
Standards, trage dazu bei, dem Thema
Gewicht undVerbindlichkeit zu verleihen.
Die erfolgreiche Einführung und Umset-
zung von Diversity Management gelingt
laut der ISI-Studie nur, wenn die gesamte
Führungsmannschaft das Diversity-Pro-
grammmitträgt und seine Durchführung
vorantreibt. Studien belegten, dass unter-
nehmerische Veränderungsprozesse zu 70
Prozent scheiterten.
Die Hauptursachen dafür lägen bei
einer Führung, die nicht an die Ziele des
Veränderungsprozesses glaubt oder ihnen
nicht genügend Priorität einräumt. Ein-
zelne Abteilungen, etwa die Personalabtei-
lung, könnten nicht die alleinigen Treiber
von Diversity im Unternehmen sein.
Bei der Umsetzung eines Diversity
Managements scheint laut der ISI-Studie
ein Top-down-Ansatz der richtige zu sein.
Dies gelte gerade für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU), da dort die Unter-
nehmensführung über zentraleWerte und
Ziele entscheidet. Besonders förderlich sei
Bärbel Schomberg ist Vize-
präsidentin und Ausschuss-
vorsitzende „Diversity“ des ZIA
und Managing Partner bei Schom-
berg & Co. Real Estate Consulting
Der ZIA-Ausschuss „Diversity“
fördert die Vielfalt in Immo-
bilienunternehmen und hat
die vorliegende Studie beim
Fraunhofer-Institut in Auftrag
gegeben. Zu den Motiven und
Hintergründen äußert sich
Bärbel Schomberg im Gespräch
mit Laura Henkel, Redaktion
„Immobilienwirtschaft“.
Frau Schomberg, warum
haben Sie die Studie beim
Fraunhofer-Institut in Auftrag
gegeben?
Diversity ist kein
Schönwetter-Thema. Wir wollen
es aus dieser Ecke rausbringen
und die vielfältigen Studien,
die es gibt, denen aber das
Immobilienspezifische fehlt, mit
Unterstützung des Fraunhofer-In-
stituts wissenschaftlich screenen
lassen. Ziel ist es, daraus eine
Synopse anzufertigen, die
unseren Mitgliedern handfeste
Argumente für den wirtschaftli-
chen Erfolg liefert.
Welche Ergebnisse aus der
vorliegenden Studie haben Sie
überrascht?
Mich hat überrascht,
dass die Studie, obwohl sie im
ers
ten Schritt nur den theore-
tischen Stand zusammenfassen
sollte, schon eine ganze Reihe
von praktischen Vorschlägen
liefert. Das hatte ich so nicht
erwartet.
Welche nächsten Schritte
planen Sie nun?
Wir wollen uns
im zweiten Schritt ganz auf die
praktischen Anwendungsmöglich-
keiten konzentrieren. Geplant ist
die Entwicklung einer Toolbox.
Welche Immobilienunter-
nehmen leben Vielfalt in der
Kultur schon vor?
Es gibt eine
Reihe von großen Firmen, die das
schon vorbildlich vorleben, etwa
die CommerzReal, ECE, JLL und
weitere prominente Unternehmen.
Erfolg und Vielfalt bedingen sich
gegenseitig: Diese Unternehmen
sind erfolgreich, weil sie offen sind
für alle möglichen neuen Entwick-
lungen, daher haben sie auch das
Thema Diversität schon frühzeitig
implementiert.
Welche Hindernisse wollen Sie
aus dem Weg räumen?
Jenseits
der großen internationalen Un-
ternehmen wollen wir vor allem
Maßnahmen entwickeln, die auch
kleinere und mittlere Unterneh-
men umsetzen können. Das ist
für uns das Wichtigste, dass wir in
unserer breit aufgestellten Branche
eine hohe Akzeptanz finden und
die meisten nicht sagen können:
„Das geht ja nur für die Großen.“
Denn das Gegenteil ist der Fall. Je-
der kann in seinem Unternehmen
solche Maßnahmen implementie-
ren, das können Kleinere teilweise
sogar noch schneller tun als Große,
es braucht nur eine sehr praktische
Vorgehensweise.
Mit welchen kleinen Dingen
lässt sich Größeres bewirken?
Die Einführung eines interkultu-
rellen Kalenders beispielsweise
kann leicht umgesetzt werden und
führt innerhalb der Belegschaft
zu Toleranz gegenüber Anders-
denkenden, Achtung gegenüber
Minderheiten etc.
Wie lässt sich der Diversity-
Gedanke seitens der Geschäfts-
führung nachhaltig verankern?
Da gibt es verschiedene Mög-
lichkeiten. Bei einem inhaber-
geführten großen Unternehmen
hat man begonnen, jedem
Vorstandsmitglied die Aufgabe
zu stellen, dass in der jeweiligen
Zuständigkeit und Abteilung Frauen
in Führungspositionen gefördert
werden. Das lässt sich gut durch
Mentoring-Programme umsetzen.
Zudem kann die Geschäftsführung
vorgeben, dass bei Neueinstel-
lungen die Internationalität berück-
sichtigt werden sollte.
Wie bewerten Sie die Mög-
lichkeit, mehr über Gesetze zu
regeln, zum Beispiel die Frau-
enquote?
Wir haben ja gesehen,
dass die gesetzliche Regelung bei
den Dax-Unternehmen funktio-
niert hat. Als Verband stehen wir
natürlich immer für Selbstregu-
lierung. Deshalb setzen wir mit
unseren Bestrebungen darauf, dass
wir mit sachlichen Argumenten
die Immobilienunternehmen noch
weiter voranbringen.
Was ist Ihre persönliche Meinung
hierzu?
Eine befristete Frauenquote
wäre nicht verkehrt, weil man an
Schnelligkeit gewinnt. Ich möchte
nicht noch einmal 40 Jahre warten.
Was halten Sie davon, Vielfalt
in den Unternehmenszielen zu
verankern?
Wir haben für alles im
Unternehmen Ziele. Für alles, was
man quantifizieren kann, auch für
diverse Nachhaltigkeitsthemen.
Im Bereich Diversity sind wir noch
nicht so weit. Das wäre eigentlich
ein Petitum. Wir werden beim ZIA
einen CSR-Leitfaden, am Ende des
Tages eine Art Kodex, entwickeln,
in den auch der Gedanke einlaufen
könnte.
Wird Sie das Fraunhofer-Institut
dabei weiter begleiten?
Ja, wir
werden uns weiterhin begleiten
lassen, weil wir auch Wert auf die
externe Sicht legen. Wir wollen
schon im nächsten Jahr unseren
Mitgliedern den Kodex vorstellen.
Dann wird es auch Zeit, das Thema
in die verschiedenen ZIA-Ausschüs-
se zu entlassen.
Vielfalt nicht nur für die Großen
INTERVIEW
MIT BÄRBEL SCHOMBERG
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