Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 40

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EXPO REAL
2017
I
GEWERBLICHE IMMOBILIENFINANZIERUNG
Eisenreich, Bereichsleiter Risikocontrol­
ling der Münchener Hypothekenbank
(Münchener Hyp), festgestellt. Hier sei es
wichtig, sich den Standort und die Beson­
derheiten des Objektes genau anzusehen.
„Ferner ist die Drittverwendungsfähigkeit
von Immobilien ein Aspekt, dem umso
mehr Bedeutung zukommt, je spezieller
diese konzipiert sind“, merkt Enders an.
Sie könne bei Logistikparks, zum Beispiel
mit besonderen Lager- und Verpackungs­
techniken, eingeschränkt sein, aber erst
recht bei Spezialimmobilien wie Park­
garagen, Tankstellen, Krankenhäusern,
Senioren- und Pflegeheimen sowie Hotels.
DieHelaba agiert bei der Finanzierung
von Immobilien dieser Nutzungsarten äu­
ßerst zurückhaltend. Das Betreiberrisiko,
das bei eingeschränkt drittverwendungs­
fähigen Objekten in den Vordergrund
rückt, bedarf besonderer Expertise im
Umgang mit Prognoseunsicherheiten
nachhaltiger Geschäftserfolge, so Enders.
Bernhard Kressier, Bereichsleiter Risiko
Immobilien der Bayern LB, rät sowohl bei
der Finanzierung von Hotels als auch bei
der von Logistikimmobilien zur Vorsicht:
se für Eigentumswohnungen von Pri­
vatpersonen, stellt Kressier klar. Bei neu
gebauten Eigentumswohnungen habe sich
die Rendite binnen weniger Jahre von 3,5
bis 4,0 Prozent auf 2,0 Prozent nahezu hal­
biert. Kressier: „Das riecht förmlich nach
Trendwende.“
Projektentwicklungen werden von
Banken, was die Risiken betrifft, prinzi­
piell eher als unproblematisch eingestuft.
Der Finanzierungshorizont sei meist viel
kürzer als bei Bestandsfinanzierungen,
sagt Andreas Pohl, Vorstandschef der
Deutschen Hypo. Allerdings müssten
Leitplanken eingezogen werden: So sollte
sich das Objekt in einer attraktiven Lage
befinden, der Projektentwickler über ei­
nen überzeugenden Track-Record verfü­
gen, die Kalkulation angemessen sein und
– abhängig vom Projekt – eine gewisse
Vorvermietungsquote nachgewiesen wer­
den können.
Vorsichtiger sind Kreditinstitute
zudem geworden, was die Höhe von Fi­
nanzierungen betrifft. „Den Kredit für
den Kauf eines Shopping-Centers allein
zu stemmen, macht schon wegen des
Klumpenrisikos fast keiner mehr“, weiß
Eisenreich. Bei den Bayern ist spätestens
bei 100 Millionen Euro normalerweise
mit Alleingängen Schluss. Die pbb setzt
bei risikoarmen Beleihungen das Finan­
zierungsmaximum mit 100 bis 150 Milli­
onen Euro etwas höher an.
Pohl hat beobachtet, dass Investoren
zurzeit bereit sind, bei Immobilienkäufen
viel mehr Eigenkapital einzusetzen. „Das
kann – gepaart mit hohen Tilgungsraten
– mit dazu beitragen, das Risiko von Fi­
nanzierungen trotzmitunter erheblich ge­
stiegener Kaufpreise zu reduzieren“, versi­
chert Pohl. Der Loan to Value (LTV) liege
im Schnitt bei etwa 65 Prozent und damit
auf einem ähnlich hohen Niveau wie bei
anderen Immobilienbanken.
Das klingt beruhigend. Doch bei der
Beurteilung heißt es aufpassen. Der LTV
(Markt- oder Verkehrswert) gewerblicher
Immobilienfinanzierungen von 2014 ist
mit dem von 2017 wegen der zum Teil
enorm gestiegenen Kaufpreise nicht
Experten
„Wann die sonnigen
Zeiten wohl vorbei sein
werden? – Diese Frage
stellen wir uns seit rund
vier Jahren.“
Norbert Grahl,
Leiter des
Kreditrisikomanagements der
DG Hyp
„Die International Re­
porting Standards (IFRS)
erlauben Wertberichti­
gungen nur dann, wenn
ein Ergebnis mit überwie­
gender Wahrscheinlich­
keit eintreten wird oder
eingetreten ist.“
Andreas Schenk,
Vorstandsmit­
glied der Deutschen Pfandbriefbank
„Die Drittverwendungs­
fähigkeit von Logistik
immobilien ist ein
Aspekt, dem umso mehr
Bedeutung zukommt, je
spezieller diese konzipiert
sind.“
Hansjörg Eisenreich,
Bereichs­
leiter Risikocontrolling der
Münchener Hypothekenbank
Bei den Preisen sei hier der Peak erreicht,
zum Teil bereits überschritten. „Die Fall­
höhe ist inzwischen hoch“, warnt er.
Weit besser sehen die Perspektiven sei­
ner Ansicht nach bei Büroimmobilien aus,
für die Kressier 2017 und 2018 steigende
Preise erwartet – Gründe: niedriger Leer­
stand in den Top-7-Städten und die ro­
buste wirtschaftliche Situation. „Bei Büros
sollte wie letztlich bei allenNutzungsarten
der Standort genau unter die Lupe genom­
men werden“, ergänzt Grahl. Je peripherer
dieser sei, desto ungewisser sei es, ob er
auch in fünf oder zehn Jahren noch als
Bürostandort attraktiv sei.
ÜBERHITZUNGSGEFAHR BEI WOHNUNGEN
Wohnimmobilien sind wohl das Markt­
segment, wo dieGefahr einer Überhitzung
amgrößten ist. Bayern-LB-Risikomanager
Kressier hält es in Teilmärkten der Top-
7-Städte für möglich, dass die Preise um
25 bis 35 Prozent einbrechen könnten. Für
deutsche Verhältnisse wäre das ein gera­
dezu unglaublicher Wert. Die Prognose
beziehe sich aber nicht auf gewerbliche
Wohnimmobilien, sondern auf die Prei­
Foto: Münchener Hypothekenbank; Deutsche Pfandbriefbank AG; DG HYP
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