Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 38

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EXPO REAL
2017
I
GEWERBLICHE IMMOBILIENFINANZIERUNG
Das mag verblüffen. „Die International
Reporting Standards (IFRS) erlauben
Wertberichtigungen nur dann, wenn ein
Ergebnis mit überwiegenderWahrschein­
lichkeit eintreten wird oder eingetreten
ist“, erklärt Andreas Schenk, Vorstands­
mitglied der Deutschen Pfandbriefbank
(pbb). Die meisten deutschen Immobili­
enbanken wendeten diesen Rechnungs­
legungsstandard an und hätten daher we­
niger Spielraum bei der Bemessung der
Risikovorsorge als bei einer Bilanzierung
nach dem Handelsgesetzbuch.
AUGENMERK AUF KAPITALDIENSTFÄHIGKEIT
Risikomanagement müsse am einzelnen
Kredit und dessen Auflagen (Covenants)
ansetzen, sagt Schenk. Besonderes Au­
genmerk sollte auf die aktuelle und künf­
tige Kapitaldienstfähigkeit – damit ist die
Deckung von Zins plus Tilgung gemeint
– von Immobilien gelegt werden. Wegen
eines möglichen Anstiegs der Zinsen vom
aktuell historisch niedrigen Niveau sollte
der Cashflow aus der Immobilie ausrei­
chen, umeinen Zinsanstieg vonmehreren
Prozentpunkten zu decken.
Ein Zinsanstieg von zwei bis drei Pro­
zentpunktenmüsse aus demnachhaltigen
Cashflow mindestens gestemmt werden
D
er Boom an den Immobilienmärk­
ten in Deutschland hält auch 2017
an. Die Investmentumsätze dürften
– trotz immer höherer Preise, nicht nur
in den Toplagen der Metropolregionen
– erneut die 50-Milliarden-Euro-Marke
überspringen. Obwohl kaum Zeichen für
eine Abschwächung erkennbar zu sein
scheinen, stellt man sich in der Branche
zunehmend die Frage, wann die sonnigen
Zeiten wohl vorbei sein werden. „Diese
Frage stellenwir uns seit rund vier Jahren“,
sagt Norbert Grahl, Leiter des Kreditrisi­
komanagements der DG Hyp.
Aber wann und in welchem Umfang
es zur Wende an den Immobilienmärkten
komme, könne niemand seriös prognosti­
zieren. DieDGHyp, fügt Grahl hinzu, habe
ihre konservative Risikostrategie mit har­
tenquantitativenVorgaben seit zehn Jahren
nahezu unverändert beibehalten, um zy­
klische Spitzen im Portfolio zu vermeiden.
Auffällig indenHalbjahresgeschäftsberich­
ten vieler Immobilienbanken ist allerdings,
dass diese ihre Risikovorsorge bestenfalls
geringfügig aufgestockt haben.
„Das riecht förmlich nach Trendwende“
Die Geschäfte der meisten
gewerblichen Immobilien-
finanzierer in Deutschland
laufen gut. Doch wegen der
mitunter erheblich gestie-
genen Kaufpreise sind Finan-
zierungen auch mit höheren
Risiken behaftet. Das wissen
die Banken und wappnen
sich entsprechend.
Foto: Fred Ho/shutterstock.com
Die Immobilienbranche
surft auf der Erfolgswelle –
aber wie lange noch?
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