Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 37

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0.2017
Dr. Gertrud
R. Traud,
Chefvolkswirtin/
Bereichsleitung
Research Helaba,
Landesbank Hes-
sen-Thüringen
AUTORIN
gestiegen. Trotz der jüngsten Leitzins­
erhöhungen ist die Rendite mit dem Ab-
klingen der Trump-Euphorie aber wieder
spürbar zurückgegangen. Bei aller Kritik
an den Notenbanken darf deshalb nicht
vergessen werden, dass die Geldpoli-
tik nicht der einzige Grund für das sehr
niedrige Zinsniveau ist. Schließlich hat der
Trend sinkender Zinsen schon lange vor
der Finanzkrise eingesetzt. Demografie
und Globalisierung sowie eine niedrigere
Produktivität sind nur einige Stichworte,
die daran erinnern, dass das Zinsniveau
vermutlich auch mittel- bis langfristig
nicht an frühere Zeiten anknüpfen wird.
KEINE ÜBERHITZUNG DER WIRTSCHAFT
Alles in allem sind damit die Vorausset-
zungen für einen anhaltenden Aufwärts­
trend anden Immobilienmärkten imkom-
menden Jahr gegeben: Die Notenbanken
bleiben vorsichtig, die Zinsen steigen nur
leicht und die Konjunktur läuft rund. In
Deutschland und in der Eurozone ist ein
Wirtschaftswachstum von preisbereinigt
knapp zwei Prozent absehbar, in den USA
mit rund 2,5 Prozent sogar etwas mehr.
Das ist genug, um an den Vermietungs-
märkten für eine solide Nachfrage zu sor-
gen. Für eine Überhitzung der Wirtschaft
reicht dies erfreulicherweise aber nicht
aus. Auch von der noch immer moderaten
Bautätigkeit in vielen Immobilienmärkten
und einer vorsichtigen Kreditvergabe ge-
hen stabilisierende Wirkungen aus.
Trotz der positiven Rahmenbedin-
gungen sollten die Akteure am Immobi-
lienmarkt das Risiko stärker steigender
Zinsen aber nicht völlig ausblenden. Eine
zunehmende Auslastung der Kapazitäten
in der Industrie undVollbeschäftigung am
Arbeitsmarkt könnten früher oder später
doch zu höheren Lohn- und Preisstei-
gerungen führen und die Notenbanken
zwingen, stärker auf die Bremse zu treten.
Während zu Beginn eines Zinserhöhungs-
zyklus die bessere Konjunktur überwiegt,
dürftenmit fortschreitendemZyklus dann
die Belastungen zunehmen. Dies wird al-
ler Voraussicht nach in den USA früher
passieren als in Deutschland. Denn dort
sind viele Immobilien bereits heute an-
spruchsvoll bewertet und die Risikoprä-
mien erheblich niedriger. Ob es schließ-
lich zum Platzen einer Immobilienblase
kommt oder „nur“ zu einer gewöhnlichen
zyklischen Korrektur, lässt sich aus heu-
tiger Sicht nicht beantworten.
SUMMARY
»
Die Voraussetzungen für einen anhaltenden Aufwärtstrend an den Immobilienmärkten
sind im kommenden Jahr gegeben:
Die Notenbanken bleiben vorsichtig, die Zinsen steigen nur leicht und die Konjunktur läuft rund.
»
Das Risiko stärker steigender Zinsen
sollten die
Akteure am Immobilienmarkt dennoch nicht völlig ausblenden.
»
Ob die zunehmende Kritik an der Nullzinspolitik der EZB gerechtfertigt ist,
wird sich erst in einigen Jahren zeigen.
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Dr. Gertrud R. Traud, Frankfurt/Main
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