Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 34

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
PROJEKTENTWICKLUNG
Vermögen von zirka 100 Milliarden Euro,
wenn sie als Bauherren auftreten?
Bei gemeinnützigen, also nicht pro­
fitorientierten Stiftungen hängt sehr viel
davon ab, welche Rolle der Vermögens­
gegenstand Immobilie spielt. Entweder
erstellt die Stiftung ein Gebäude für ihre
eigenen Zwecke, etwa ein Krankenhaus.
Oder die Immobilie ist Teil der Vermö­
gensverwaltung. In diesem Falle dienen
die Erträge der Immobilie zur Erwirt­
schaftung von Gewinnen. Diese ermögli­
chen der Stiftung, ihrem gemeinnützigen
Zweck nachzugehen. Doch Bauprojekte
sind für Stiftungen oftmals eine einma­
lige wie auch ungewohnte Aufgabe. So
bezeichnet die Medico Stiftung ihr neues
Verwaltungsgebäude im Frankfurter Ost­
end sowie auch die Else Kröner-Freseni­
us-Stiftung ihr Geschäftshaus Zeil 111 an
Frankfurts belebtester Einkaufsmeile als
ein in der Stiftungsgeschichte absolutes
Novum.
„Ein weiterer Grund dafür, dass Stif­
tungen anders mit Bauprojekten umge­
hen, mag der Tatsache geschuldet sein,
dass sie über eine begrenzte Personal­
decke verfügen, Stichwort: schlanke Ver­
waltung. Deswegen betreuen die wenigen
Personen, die sich mit der Bauaufgabe
S
eit Jahrzehnten beklagen deutsche
Architekten eine zunehmende Ent­
fremdung des Bauherrn von der ei­
gentlichen Bauaufgabe. Damit einher geht
grundsätzlich eine mangelnde Identifika­
tion mit der Architektur. Diese Entwick­
lung wird der fortschreitenden Kommer­
zialisierung des Bauwesens zugerechnet.
Zumeist fokussieren Bauherrenmehr und
mehr auf rein wirtschaftliche und finan­
zielle Belange. Doch so wird der Archi­
tektur, dem Städtebau und der Baukultur
insgesamt Schaden zugefügt.
NEUE BAUKULTUR
Auf der Suche nach
Alternativen zu dieser Entwicklung be­
nennen manche Architekten Stiftungen
als ideale Bauherren. Bei Stiftungsbauten
geben Projekt und Bauprozess die nöti­
gen Freiräume. Statt einer konfrontativen
Auseinandersetzung über das Thema
Bauen und Architektur stehe ein koopera­
tives Miteinander im Vordergrund. Auch
könnten bei dieser Art des Austauschs
wieder architektonische Inhalte positiv
bewertet und geschätzt werden. Baukul­
tur erhalte ein neues Fundament, welches
auf gegenseitigem Interesse und Respekt
beruht, nicht auf Ausbeutung oder gar
Diffamierung. Stellen Stiftungsbauten
somit eine neue Kultur des Zusammen­
wirkens zum Wohl der Gesellschaft dar?
Und sind Bauprojekte von Stiftungen
wirklich architektonische, städtebauliche
und kulturelle Meilensteine?
Anhand von zwei Bauprojekten für
Stiftungen in Frankfurt am Main werden
die Qualitätsmerkmale, die diesem Ge­
schäftsmodell zugrunde liegen, untersucht.
ENGER BEZUG ZUM PROJEKT
Die vomBun­
desverband Deutscher Stiftungen veröf­
fentlichten Zahlen besagen, dass jährlich
zirka 16 bis 17 Milliarden Euro für sat­
zungsgemäße Zwecke ausgegebenwerden.
Was bedeutet dies für die 21.805 rechtsfä­
higen Stiftungen, mit einem geschätzten
Zunehmend knappe Kalku-
lationen und strikte Vorschrif-
ten werfen auf die Bauvor-
haben der Stiftungen ein
neues Licht. Denn in diesen
identifizieren sich die Betei-
ligten noch mit dem jewei-
ligen Projekt. Zwei aktuelle
Beispiele.
beträgt das geschätzte Vermö-
gen der 21.805 rechtsfähigen
Stiftungen. Diese geben jährlich
zirka 16 bis 17 Milliarden Euro
für satzungsgemäße Zwecke aus.
100
Milliarden Euro
Stiftungen als Bauherren –
der letzte Hort der Freiheit?
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