Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 28

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
EXPO REAL 2017
ge nach Immobilien in Deutschland bei
internationalen Investoren steigt. Zumal
Anlagen in „Betongold“ ohnehin „alter-
nativlos“ erscheinen – in Zeiten geldpoli-
tischer Experimente wie der Einführung
einer europäischen Gemeinschaftswäh-
rung, der in Folge steigenden Staatsver-
schuldung sowie der von den National-
banken verordneten Niedrigzinspolitik.
„FRUSTRIERTES KAPITAL“
„Der Fokus
internationaler Investoren auf den deut-
schen Immobilienmarkt war bei dieser
Expo Real spürbar wie nie. Es ist viel Ka-
pital und Anlagedruck im Markt“, sagt
JLL-Deutschland-Chef Timo Tschamm-
ler. Nach den Zahlen, die JLL pünktlich
zu Messebeginn präsentierte, wechselten
bereits in den ersten drei Quartalen die-
ses Jahres Gewerbeliegenschaften für 38,6
Milliarden Euro die Hand – somit satte 19
Prozent mehr als im Vergleichszeitraum
des Vorjahres. Es war das zweitbeste Drei-
vierteljahresergebnis seit 2007. JLL geht
davon aus, dass der Aufwärtstrend sich
im letzten Quartal fortsetzt, und rechnet
für das Jahr 2017mit einemTransaktions-
volumen bis zu 55 Milliarden Euro – so-
mit mit einem ähnlichen Ergebnis wie im
Rekordjahr 2015 (55,1 Milliarden Euro).
„Deutschlandwird angesichts globaler
geopolitischer und wirtschaftlicher Ri-
siken als Stabilitätsanker in der Wahrneh-
mung der Anleger Bestand haben“, meint
Matthias Leube MRICS. Dass deutsche
Objekte bei internationalen Anlegern als
Beimischung in den länderübergreifenden
Portfolien gefragt seien, liegt für den CEO
und Head of Capital Markets bei Colliers
Deutschland an der Marktgröße und
Produktvielfalt des hiesigen Immobilien-
marktes. „Dieser ist im Gegensatz zu den
meisten europäischen Kernmärkten nicht
auf eine landesweit ausstrahlende Metro-
polregion beschränkt und bietet ein zum
Teil noch unausgeschöpftes Anlagepoten-
zial“, so Leube.
Doch längst nicht jeder Investor auf
Einkaufstour komme inDeutschland zum
Zuge, sagt JLL-Chef Tschammler: „Das
‚frustrierte Kapital’ ist enorm hoch.“ Die
geringe Produktverfügbarkeit habe bei
dieser Messe zu den wichtigsten Themen
gezählt – neben einer „zunehmenden Ri-
sikoneigung trotz insgesamt sinkendem
Renditeniveau“, wie Ingo Hartlief bestä-
tigt. „Bekannte Entwicklungen aus den
letzten Zyklen, die angesichts der stabilen
Zinssituation heuer aber niemandem
Angst machen“, sagt der ehemalige Top-
Manager von Corpus Sireo, der dem Un-
ternehmen noch bis Ende dieses Jahres als
Berater zur Verfügung steht.
„Die Nachfrage ist breit. Für fast je-
des Angebot findet sich ein Interessent“,
berichtet auch Beate Lichner. „Die zum
Teil aufgerufenen Renditen scheinen im
erstenMoment oft fast abenteuerlich“, sagt
die Geschäftsführerin der Lichner Projects
GmbH. „Aber bei realistischer und neu-
traler Betrachtungsweise kann man sie
in den meisten Fällen vertreten, denn es
mangelt an alternativen Anlagemöglich-
keiten.“
Die Party scheint also noch lange nicht
zu Ende. „Eine Änderung des niedrigen
Zinsumfeldes ist nicht in Sicht, sodass wir
weiterhin mit einem starken Investment-
markt rechnen können“, ist Colliers-Ex-
perte Leubewie viele andereMarktteilneh-
mer überzeugt. Angesichts der mageren
Kapitalmarktrenditen dürften weiterhin
viele Anlegermilliarden nach höher ren-
tierlichen Immobilieninvestments suchen
und folglich das Angebot in den „klas-
sischen“ Anlagesegmenten noch knapper,
die Preise noch höher und die Renditen
noch magerer werden.
NACHFRAGE NACH INVESTMENT-NISCHEN
Investoren suchen nach „neuen“ Strate-
gien, auch dies wurde auf der Expo Real
deutlich – und so steigt die Nachfrage
in Investment-„Nischen“, beispielsweise
Pflege- und Seniorenheime, temporäres
Wohnen, Logistikimmobilien oder Park-
häuser, um die auf „Sicherheit“ bedachte
Core-Investoren bis vor nicht allzu langer
Zeit noch einen großen Bogen machten.
Auf der Suche nach mehr Rendite scheint
die Risikoaversion vieler Anlegergruppen
nachzulassen.
Expo-Real-Nachbericht: Sehen Sie unsere
redaktionellen Nachberichte und Inter-
views von den drei Messetagen.
Videointerview mit Alexandre Grellier,
CEO der Drooms GmbH
O-Töne von Michael Schmid, Vorsitzender
der Geschäftsführung, DB Services GmbH
Interview mit Martina Hertwig, Wirtschafts-
prüferin, Baker Tilly
EXTRA:
VIDEOS
»
„Der Fokus internatio-
naler Investoren auf den
deutschen Markt war
auf dieser Expo Real
spürbar wie nie. Es ist
viel Kapital und Anlage-
druck vorhanden.“
Timo Tschammler,
JLL-Deutschlandchef
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