Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 19

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1.2017
Erwartungen an die neue
Bundesregierung
E
s zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Ein Blick in die Parteipro-
gramme von CDU/CSU, FDP und Grünen zeigt, dass es auch in derWohnungs- und
Städtebaupolitik teilweise konträre Positionen gibt. Während CDU/CSU und FDP
den bezahlbarenWohnungsneubau vor allemüber eine verbesserte AfA anregen wollen,
setzen die Grünen auf eine neueWohnungsgemeinnützigkeit, umden Sozialwohnungs-
bestand auszubauen und dauerhaft zu sichern. Diese programmatischenDifferenzen gilt
es dringend in ein gemeinsames Projekt für eine starke Wohnungs- und Stadtentwick-
lungspolitik umzudrehen. Denn dieWohnungsknappheit in Ballungsräumen, die hohen
Mieten und Kaufpreise, aber auch die regionalen Disparitäten zwischen boomenden
und strukturschwachen Regionen sind mit ein Grund dafür, dass viele Menschen daran
zweifeln, ob die Politik für die Lösung zentraler Zukunftsfragen gut gerüstet ist.
SCHWERPUNKT WOHNUNGSVERSORGUNG
Einen Schwerpunkt muss weiter die bezahlbare
Wohnraumversorgung aller Bevölkerungsschichten bilden. Dazu sollte der Bund das
Bündnis für bezahlbaresWohnen und Bauen fortführen und dessen Ergebnisse gemein-
sam mit Ländern und Kommunen umsetzen. Kommunen müssen ihr Baulandangebot
ausweiten, bestehendes Bauland stärker mobilisieren und dafür sorgen, dass preiswerte
Baugrundstücke speziell für den Bau bezahlbarer Wohnungen bereitgestellt werden.
Dafür ist es auch notwendig, das städtebau- und bodenrechtliche Instrumentariumwei-
terzuentwickeln. Erste Schritte wurdenmit der Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ ge-
macht. Ebenso wird eine Innenentwicklungsmaßnahme geprüft, mit der unbebaute oder
mindergenutzte innerstädtische Baugrundstücke besser mobilisiert werden könnten.
Genauso wichtig ist es, Baukosten in den Griff zu bekommen. Dafür heißt es be-
zahlbares Wohnen mit dem Klimaschutzkonzept der Bundesregierung unter einen Hut
zu bringen. Als wichtige Weichenstellung sollte der CO
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-Ausstoß bei der energetischen
Gebäudebewertung stärker gewichtet werden. Dies würde die Flexibilität zwischen Ener­
gieeffizienzmaßnahmen und einer klimafreundlichen Versorgung erweitern. Energe-
tische Quartiersansätze wären stärker inOrdnungsrecht und Förderpolitik zu verankern.
Unter dieser Prämisse muss das Gebäudeenergiegesetz zügig verabschiedet werden.
STADTGESTALTUNG
Schließlichmuss die räumlich ausgewogene Gestaltung unserer Städte
und Gemeinden noch stärker in den Fokus der Politik rücken. Den wachsenden Ent-
wicklungsunterschieden sollte durch eine Stärkung der Bundesraumordnung und die
Verstetigung und programmatische Weiterentwicklung der Städtebauförderung begeg-
net werden. Ebenso entscheidend sind intelligente Verkehrsinfrastrukturen sowohl für
eine nachhaltige innerstädtische Mobilität als auch für die Verbindung von Städten und
Umland. Damit gewinnen auch flächendeckende digitale Infrastrukturen und Dienste
an Bedeutung. Städte und Gemeinden müssen dabei unterstützt werden, die digitale
Transformation durch einen gezielten Kompetenzaufbau zu gestalten.
Dies sind einige der zentralen Erwartungen des Deutschen Verbandes an die neue
Bundesregierung. Um eine integrierte Umsetzung zu gewähren, wäre es wünschens-
wert, die BereicheWohnen, Bauen, Stadtentwicklung und Raumordnung auch wieder in
einem Bundesministerium zusammenzufassen. Insgesamt sollten die relevanten Hand-
lungsfelder in einem integrierten Konzept über die verschiedenen staatlichen Ebenen
zusammengeführt werden.
Der
Deutsche Verband
hat
in einem Positionspapier
Handlungsempfehlungen für
die Wohnungs-, Städtebau-
und Raumordnungspolitik der
nächsten Legislaturperiode
formuliert.
«
Christian Huttenloher, Generalsekretär
Christian Huttenloher, Deutscher Verband
für Wohnungswesen, Städtebau und Raum-
ordnung e.V.
Foto: Deutscher Verband
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