Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 9

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Frank Peter Unterreiner
Die Immobilienbranche benötigt neue Verbündete. Den Deut-
schen Mieterbund, die Caritas, die Kirchen beispielsweise. Es
ist schon richtig, dass sich ZIA, IVD, BFW, GdW und andere
ehrbare Verbände zur Bundesarbeitsgemeinschaft Immobili-
enwirtschaft Deutschland zusammengeschlossen haben. Zum
einen kann sich die vielen Abkürzungen sowieso kaum einer
merken, zum anderen müssen Interessen gebündelt und nicht
atomisiert werden. Doch auch eine starke Stimme hilft nicht,
wenn ihr Antipathie entgegenschlägt, verbunden mit der Un-
terstellung, es ginge nur um Profitmaximierung. Die Forderung
nach mehr Bauland in den wirtschaftsstarken Ballungsräumen
ist ein Beispiel dafür. Naturschutzverbände, betroffene Bürger
und wirtschaftsferne Parteien gehen dagegen auf die Barrikaden,
der Immobilienbranche – wie gebündelt sie auch sein mag –
glauben sie kein Wort. In der öffentlichen Diskussion bilden sich
KOLUMNE
Neue Allianzen
braucht das Land
Fronten. Mieterverein und Haus & Grund sind so wie Hund und
Katz. Es fliegen die verbalen Fetzen und ihre Anwälte kloppen sich
vor Gericht für die jeweiligen Mitglieder. In Stuttgart haben die
beiden Vereine ein gemeinsames Gutachten in Auftrag gegeben,
um den Wohnraumbedarf wissenschaftlich zu untersuchen. Wenn
auch der Mieterverein mehr Wohnungsbau auf der grünen Wiese
fordert, dann tun sich die Gegner mit Argumenten schwer.
Den vergeblich Wohnungssuchenden eine Lobby sein, das will
die Initiative „Mehr Wohnraum in Esslingen“. 12.000 Bewer-
bungen auf 200 Wohnungen zählte die dortige Baugenossen-
schaft voriges Jahr. Jetzt machen Flüwo, Esslinger Wohnungsbau,
Mieterbund, Haus & Grund, IHK, Kreishandwerkerschaft, City
Initiative und die Genossenschaft gemeinsame Sache. Die Motive
sind unterschiedlich. Der Mieterverein möchte die Mieten
bezahlbar halten, IHK und Handwerkerschaft klagen, dass
Unternehmen wegen des Wohnungsmangels immer schwerer
Mitarbeiter finden. Doch die Glaubwürdigkeit der Initiative ist
kaum zu überbieten, eine Front dagegen nur schwer zu bilden.
Der Gemeinderat kann sich so viel Watte in die Ohren stopfen,
wie er will, diese Stimme kann er nicht überhören. Neue Alli-
anzen braucht das Land also, mehr und bezahlbarer Wohnraum
ist schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
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