Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 14

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MARKT & POLITIK
I
STADTPLANUNG
W-Lan imZentrumgibt es seit Längerem.
Stehen leerstehende Objekte zumVerkauf,
bemüht sich die Stadt um den Zuschlag,
um Nachnutzungen zu ermöglichen.
Basis für die ehrgeizigen Pläne ist
schnelles Internet, nach zähen Verhand-
lungen um einen Breitband-Anschluss
verlegt die Stadt Glasfaserkabel selbst
und nimmt dafür vier Millionen Euro in
die Hand (die zum Teil aus Fördermitteln
stammen). DieGemeinde bemüht sich um
einen Projektpartner, der Teile des Netzes
kauft; einen gewissen Anteil möchte
Bürgermeister Neubauer in Gemeinde-
hand wissen, um sich Mitspracherechte
an der weiteren Entwicklung zu sichern.
Neubauer bezeichnet die Investition als
genauso „alternativlos“ wie gleichzeitige
Maßnahmen für Schulen, den Bau einer
neuen Sportanlage und das regelmäßige
Überprüfen von Angebot und Nachfrage
der Nahversorgung.
Mit Erfolg: „In der Regel erhalten wir
inzwischen per WhatsApp Nachrichten
von jungen Familien, größtenteils aus
Chemnitz, die nach Häusern bei uns fra-
gen“, sagt Neubauer. Chemnitz ist etwa 15
Kilometer entfernt. Dabei will der Bür-
germeister die Stadt mit Augenmaß er-
weitern. „5.000 Einwohner, das wäre eine
gute Größe.“ Neben der Entwicklung der
historischen Innenstadt hat die Gemeinde
erstmals wieder ein Baugebiet in Planung.
Elf Parzellen sollen in direkter Nachbar-
schaft zum Stadtgebiet entstehen.
FAMILIEN INS ZENTRUM HOLEN
Auf junge
Familien zielt auch die Initiative der Ge-
meindeHiddenhausen inOstwestfalen ab:
Sie weist – ganz nach den Vorstellungen
des IW – keine neuen Neubaugebiete
mehr am Stadtrand aus, sondern fördert
den Kauf alter Häuser im Ortszentrum.
„Jung kauft Alt“ betitelt der 20.000 Ein-
wohner zählende Ort sein Förderpro-
gramm, das aus einer Bestandsanalyse von
Siedlungsentwicklung und Bevölkerungs-
prognose vor mehr als zehn Jahren resul-
tierte. Hinter dem Entschluss zur Trend-
umkehr standen wirtschaftliche Gründe:
Die sich abzeichnende Überalterung von
Wohngebieten drohte die Infrastruktur-
und Versorgungskosten in die Höhe zu
treiben. „Die kurzfristigenGewinne durch
den Verkauf von Bauland und durch Ein-
kommensteuer und Grundsteuer werden
sonst nach 20 bis 30 Jahren durch die
Kosten und Folgekosten der nötigen In-
frastruktur vernichtet“, so der langjährige
Bürgermeister Ulrich Rolfsmeyer. Hid-
denhausen hilft jungen Familien sowohl
beim Begutachten alter Objekte als auch
bei deren Kauf. Bislang wechselten so 430
alte Häuser den Besitzer, der Leerstand
liegt bei zwei bis drei Prozent des Wohn-
gebäudebestandes. Zudem hat die Wan-
derungsbilanz gedreht, keine der sechs
Grundschulen musste schließen.
Im Schweinfurter Land haben sich
mehrere Gemeinden mit ähnlicher Vor-
laufzeit dem Vorrang der Innenentwick-
lung verschrieben. „Das Ergebnis eines ge-
meinsamen politischen Bekenntnisses war
ein strukturiertes Flächenmanagement bei
gleichzeitigen Informations-Projekten für
die Bürger“, sagt Landrat Florian Töpper.
Altena hat die Trend-
wende geschafft. Dafür
hat die Kleinstadt in
NRW einen beispiel-
haften Weg beschritten.
„Die Gewinne durch den
Verkauf von Bauland
werden nach 20 bis 30
Jahren durch Kosten und
Folgekosten der Infra-
struktur vernichtet.“
Ulrich Rolfsmeyer,
Bürgermeister
von Hiddenhausen, Ostwestfalen
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