Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
STADTPLANUNG
I
n der Innenstadt von Altena waren zu-
letzt nur mehr die abenteuerlustigen In-
vestoren unterwegs. Geschäfte standen
leer, ganze Ladenzeilen verfielen, und wer
will für Wohnräume darüber schon groß-
artig Miete bezahlen? Niemand konnte
ein Objekt in den Gassen der nordrhein-
westfälischen Kleinstadt ernsthaft als Ka-
pitalanlage in Erwägung ziehen. Bis die
Stadt zumSprung ansetzte: Sie baute einen
Aufzug von der Altstadt hinauf zur Burg.
Durch den Felsen hindurch schlug sie eine
Verbindung zu dem historischen, bis da-
hin abgeschnittenen Ensemble und brach-
te sich damit als Tourismusdestination ins
Gespräch. „Das war die Trendwende“, er-
innert sich Bauamtsleiter Roland Balken-
hol. In die Innenstadt zog neues Leben ein,
mit Folgen für den Immobilienmarkt: 15
Häuser im einst darbenden Zentrum sind
verkauft worden und füllen sich nach und
nach mit Leben.
Der Kraftakt der gut 17.000-Einwoh-
ner-Stadt im Märkischen Kreis mit deut-
lich negativer Bevölkerungsprognose gilt
als modellhaft – und außergewöhnlich:
Denn trotz grassierenden Leerstands und
Abwanderung aus dörflichen Gegenden
herrscht vielerorts noch der Leitspruch
„Außen statt innen“. „In vielen ländlichen
Kreisen ist deutlich mehr gebaut worden,
als nötig gewesen wäre“, bilanzierten vor
Kurzem die Immobilienexperten des
Instituts der deutschen Wirtschaft (IW)
in Köln die bundesweite Bautätigkeit in
den Jahren 2011 bis 2015. Insgesamt sind
demnach auf dem Land 20 Prozent mehr
Wohnungen gebaut worden, als benötigt
werden, bei den Einfamilienhäusern sind
es sogar mehr als doppelt so viele. Als ei-
nenGrundmachte das IWneben Einfluss-
faktoren wie dem niedrigen Zinsniveau
auch das Verhalten vonKommunalverant-
wortlichen aus: Bürgermeister versuchten
„nach wie vor, durch die großzügige Aus-
weisung von Bauland neue Einwohner
anzuziehen“.
Vorzeigeinitiativen gegen Landflucht
Zu viel Neubau trotz
Schrumpfung in ländlichen
Kreisen – dieses Studiener-
gebnis ließ aufhorchen.
Es gibt jedoch Gemeinden,
die spannende Modelle zur
Steigerung der Attraktivität
entwickeln – Digitalausbau
ist oft ein Schlüssel zum
Erfolg.
20
%
mehr Wohnungen sind in den
ländlichen Kreisen gebaut
worden als benötigt, bei den
Einfamilienhäusern sind es sogar
mehr als doppelt so viele, so
bilanzierte jüngst das Institut
der deutschen Wirtschaft.
DONUT-EFFEKT
Dann folgt der so genann-
te Donut-Effekt: Außen bildet sich ein
„fettiger“ Gürtel aus Einfamilienhäusern,
innen herrscht gähnende Leere. Vor den
langfristig negativen Folgen warnen nicht
nur die IW-Experten, sondern auch ande-
re Institute, wie etwa das Bundesamt für
Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
oder das Berlin-Institut für Bevölkerung
und Entwicklung. Leerstand zieht Leer-
stand nach sich, die Infrastrukturkosten
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