Immobilienwirtschaft 09/2016 - page 62

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
FAKTEN:
Der Mieter des Voreigentümers hatte seinen Wohnungsschlüssel verloren, der
zugleich als Bestandteil der zentralen Schließanlage auch zum Öffnen der Zugangstür
zur Wohnanlage diente. Die Eigentümer beschlossen sodann den Austausch der zen-
tralen Schließanlage. Die Kosten sollte der vermietende Eigentümer übernehmen. Der
Beschluss wurde bestandskräftig und die Schließanlage ausgetauscht. Zwischenzeitlich
kam es zu einem Eigentümerwechsel. Der neue Eigentümer weigerte sich, die Kosten
für das Auswechseln der Schließanlage zu übernehmen. Zu Unrecht.
Der Austausch der Anlage ist eine Maßnahme der Instandhaltung des Gemeinschafts-
eigentums. Und der Beschluss konnte mangels Anfechtung bestandskräftig werden. Die
Nichtigkeit des Beschlusses ergibt sich nicht aus einem Verstoß gegen das Belastungs-
verbot. Es handelt sich um eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostentragungs-
regelung für eine Maßnahme der Instandhaltung im Einzelfall, die gemäß § 16 Abs. 4
WEG grundsätzlich beschlossen werden konnte.
FAZIT:
Im Fall eines Schlüsselverlusts dürfte in aller Regel ein Austausch der Schließ-
anlage verhältnismäßig sein. Ob eine entsprechende alleinige Kostentragungspflicht
des betreffenden Eigentümers auf Grundlage der Bestimmung des § 16 Abs. 3 WEG
anfechtungssicher beschlossen werden kann, ist allerdings mehr als fraglich. Hierauf
kommt es entscheidend aber auch nicht an, da zumindest entsprechende Schadens-
ersatzansprüche gegen den Eigentümer imRaum stehen, der sich einVerschulden seines
Mieters über § 278 BGB zurechnen lassen müsste.
SCHLÜSSELVERLUST
Es überwiegt das Sicherheits-
interesse der Eigentümer
Ein Beschluss, der den neuen Eigen-
tümer verpflichtet, die Kosten der
zentralen Schließanlage nach einem
Schlüsselverlust des Mieters des Vor-
eigentümers zu tragen, ist jedenfalls
nicht nichtig.
LG Hamburg, Beschluss v. 10.03.2016, 318 S 79/15
BESEITIGUNGSANSPRÜCHE
„An-sich-Ziehen“ versus
Vollrechtsabtretung
Ein Beschluss, wonach die individu-
ellen Ansprüche der einzelnen Eigen-
tümer gegenüber einem Eigentümer
etwa auf Rückbau einer baulichen Ver-
änderung auf die Eigentümergemein-
schaft übertragen werden, ist nichtig.
Mit diesem Beschluss haben die
Eigentümer gerade nicht die Befugnis
zur Ausübung der Individualrechte im
eigenen Namen auf den rechtsfähigen
Verband der Eigentümer übertragen.
Vielmehr ist beschlossen worden, die
Individualansprüche der einzelnen
Eigentümer auf den rechtsfähigen
Verband der Eigentümergemeinschaft
zu übertragen.
AG Ratingen, Beschluss v. 02.03.2016, 8 C 294/15
ZAHLUNGSPFLICHT
Nichtbenennung des
Ersatzzustellungsvertreters
Erhebt ein Eigentümer eine Beschluss-
anfechtungsklage, ohne in der
Klageschrift den Ersatzzustellungsbe-
vollmächtigten anzugeben, der für die
Eigentümergemeinschaft bereits durch
Beschluss bestellt worden war, und
bestellt das Gericht einen Ersatzzustel-
lungsbevollmächtigten, hat der Eigen-
tümer wegen Verstoßes gegen seine
Treuepflicht den Schaden zu ersetzen,
der der Eigentümergemeinschaft
infolge der Bestellung des Ersatzzu-
stellungsbevollmächtigten durch das
Gericht entstanden ist.
LG Düsseldorf, Urteil v. 18.02.2016, 19 S 66/15
FEHLENDE ABGESCHLOSSENHEIT
Innenhof kann
Sondereigentum sein
Ein Innenhof kann nach den konkreten
Gegebenheiten des zu beurteilenden
Einzelfalls als sondereigentumsfähig
gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG anzu-
sehen sein. Die für die Zugehörigkeit
zum Sondereigentum notwendige
Abgeschlossenheit war aufgrund der
baulichen Gegebenheiten gegeben.
Der Innenhof kann nur durch Ge-
bäudeteile betreten werden. Alle im
Erdgeschoss liegenden Räume, aus
denen ein Zugang in den Innenhof
möglich ist, gehören nach der Tei-
lungserklärung der Einheit Nr. 1. Der
Innenhof gehört so ausschließlich zum
Herrschaftsbereich des Wohnungsei-
gentums Nr. 1.
OLG Hamm, Beschluss v. 05.01.2016, 15 W 398/15
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
1...,52,53,54,55,56,57,58,59,60,61 63,64,65,66,67,68,69,70,71,72,...92
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