Immobilienwirtschaft 09/2016 - page 60

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
zulässig. Der Inhalt eines Eigentümer-
beschlusses muss inhaltlich bestimmt
und klar sein. Nimmt ein Beschluss auf
ein Dokument Bezug, das weder Teil
des Beschlusstextes noch des Protokolls
ist, erfordert das Gebot der inhaltlichen
Klarheit und Bestimmtheit, dass das in
Bezug genommeneDokument zweifelsfrei
bestimmt ist. Nur dann ist sichergestellt,
dass ein Dritter, insbesondere ein Rechts-
nachfolger eines Eigentümers, dem Be-
schluss entnehmen kann, welchen Inhalt
er hat. Die Publizität der auch gegen Son-
derrechtsnachfolger wirkenden Beschlüs-
se wird dadurch gewährleistet, dass das in
Bezug genommene Schriftstück auch in
die Beschluss-Sammlung oder eine Anla-
ge zu dieser aufzunehmen ist.
FAKTEN:
DieWohnungseigentümer hatten
beschlossen, „die für die einzelnen Kos-
tenpositionen in der Abrechnung 2007
verwandten Verteilerschlüssel auch für
zukünftige Abrechnungen zu verwenden“.
Ein ein Jahr später zustande gekommener
Beschluss wurde von einem Eigentümer
angefochten. Er meint, der Beschluss
sei zu unbestimmt, da hinsichtlich der
Abrechnungsschlüssel auf ein externes
Schriftstück verwiesen werde. Demkonn-
ten sich die Richter nicht anschließen.
DieWirksamkeit des Beschlusses über die
Änderung des Kostenverteilungsschlüs-
sels wird nicht deshalb in Frage gestellt,
weil hinsichtlich des künftigen Maßstabs
auf den früher verwendeten Verteilungs-
schlüssel Bezug genommen wird. Dies ist
Urteil des Monats:
Bezugnahme auf „andere Dokumente“ im Beschluss
In einem Beschluss der Eigentümer kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung auf ein außerhalb
des Protokolls befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist.
BGH, Urteil v. 08.04.2016, V ZR 104/15
FAKTEN:
Eine Nutzung einer Kabelanlage erfolgte nur durch einen Eigentümer. Auf
dessen Veranlassung wurde später das Empfangsmodul durch den Kabelbetreiber
ausgetauscht. Die Verteilung der Stromkosten erfolgt unter sämtlichen Eigentümern.
An dieser Praxis stört sich einer der anderen Eigentümer. Er meint, der Modulaus-
tausch stelle eine bauliche Veränderung dar. Seine Klage war allerdings erfolglos.
Der Eigentümer kann von der Gemeinschaft die Trennung der Kabelanlage vom All-
gemeinstrom nicht verlangen. Sie ist nicht die richtige Beklagte. Auf Beseitigung kann
grundsätzlich nur der Störer selbst in Anspruch genommen werden. Gegen die Ge-
meinschaft könnte ein Beseitigungsanspruch höchstens dann geltend gemacht werden,
wenn der eigentliche Störer die bauliche Veränderung nicht beseitigen kann. Das war
aber nicht ersichtlich.
FAZIT:
Auch ein Anspruch auf Abtrennen der Anlage vom Allgemeinstrom kann im
Übrigen nicht erfolgreich gegen den den Kabelanschluss nutzenden Eigentümer geltend
gemacht werden, da es zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehört, Maßnahmen,
die zur Herstellung einer Rundfunkempfangsanlage erforderlich sind, zu dulden. Dazu
gehört auch die Informationsbeschaffungsanlage.
ALLGEMEINSTROMVERSORGUNG
Abtrennung eines Kabel-
anschlusses zulässig?
Ein Begehren auf Abtrennen einer
Kabelempfangsanlage vom Allge-
meinstrom kann auch dann treuwidrig
sein, wenn lediglich eine Wohnung
durch die Kabelempfangsanlage
versorgt wird.
AG Recklinghausen, Urteil v. 05.04.2016, 90 C 74/15
FAZIT:
Wichtig für Verwalter ist insbeson-
dere auch der letzte Aspekt der Entschei-
dungsbegründung. Ein Beschluss, der auf
ein externes Dokument Bezug nimmt, hält
nämlich laut BGH nur dann einer An-
fechtungsklage stand, wenn das in Bezug
genommene Dokument auch entweder
in der Beschluss-Sammlung selbst oder
in einer Anlage zur Beschluss-Sammlung
geführt wird.
Insoweit sind derzeit vermehrt Gerichte
auch der Auffassung, dass die jeweiligen
Wirtschaftspläne und Jahresabrech-
nungen zumindest in einer Anlage zur
Beschluss-Sammlung geführt werden
müssen, sodass der entsprechende Ge-
nehmigungsbeschluss ausreichend trans-
parent bzw. bestimmt ist.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
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