Immobilienwirtschaft 09/2016 - page 61

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9.2016
FAKTEN:
An der Eigentümerversammlung hatte auch ein Beirat teilgenommen, der nicht
Eigentümer ist. Ein Eigentümer focht einen Beschluss mit dem Argument an, er wider-
spreche ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er unter Verstoß gegen denNichtöffentlich-
keitsgrundsatz gefasst worden sei. Zu Recht! Es ist unerheblich, dass der Nichteigentümer
Mitglied des Verwaltungsbeirats ist. Selbst wennman ein Anwesenheitsrecht eines nicht
dem Kreis der Eigentümer entstammenden Verwaltungsbeiratsmitglieds bejaht, reicht
dieses nur so weit, wie sein spezifischer Aufgabenbereich betroffen ist.
FAZIT:
Die Bestellung eines Nichteigentümers zum Verwaltungsbeirat verstößt gegen
die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Ein entsprechender Beschluss kann aber
in Bestandskraft erwachsen, da er nicht nichtig ist. Der Verwalter sollte darauf achten,
dass der Nichteigentümer tatsächlich nur insoweit an der Versammlung teilnimmt, wie
es seinen Aufgabenbereich betrifft, ansonsten sind die in Anwesenheit des Nichteigen-
tümers gefassten Beschlüsse anfechtbar.
ANWESENHEITSRECHT IN
EIGENTÜMERVERSAMMLUNG
Was ist mit Nichteigen-
tümer-Beirat?
Dem Verwaltungsbeirat, der nicht
Eigentümer ist, steht im Rahmen der
Eigentümerversammlung nur ein be-
grenztes Teilnahmerecht zu, nämlich
soweit sein spezifischer Aufgabenbe-
reich im Hinblick auf Wirtschaftsplan
und Jahresabrechnung betroffen ist.
AG Idstein, Urteil v. 09.07.2015, 32 C 7/15
FAKTEN:
Die Wohnanlage besteht aus zwei Untergemeinschaften: einer Untergemein-
schaft „Wohnungen“ und einer Untergemeinschaft „Stellplätze Tiefgarage“. Die Gesamt-
gemeinschaft hatte einen Gutachter beauftragt. Dessen Kosten wurden jeweils nach
Miteigentumsanteilen in den Jahresabrechnungen der beiden Untergemeinschaften
verteilt. Die entsprechenden Beschlüsse wurden von einer Eigentümerin angefochten.
Erfolgreich, da diese im Hinblick auf die Verteilung der Gutachterkosten teilnichtig
waren. Die Eigentümerversammlungen der Untergemeinschaften verfügten nicht über
die erforderliche Beschlusskompetenz. Die Mitglieder der Untergemeinschaften dürfen
nur über die ihre Untergemeinschaft betreffenden Kostenpositionen beschließen.
FAZIT:
Auch wenn in der Teilungserklärung eine weitestgehende Trennung von Unter-
gemeinschaften geregelt ist, sind stets die Kosten zu beachten, die für die Gesamtge-
meinschaft anfallen. Beschließen allein die Untergemeinschaften in ihren jeweiligen
Jahresabrechnungen, so sind die Beschlüsse teilnichtig. Die Nichtigkeit der Genehmi-
gungsbeschlüsse bezieht sich nur auf die angefochtene Kostenposition.
UNTERGEMEINSCHAFT
Kosten für Gesamtheit –
keine Beschlusskompetenz
Untergemeinschaften fehlt die erfor-
derliche Beschlusskompetenz, über für
die Gesamtgemeinschaft einheitlich
anfallende Kosten zu entscheiden.
LG Hamburg, Urteil v. 17.02.2016, 318 S 74/15
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Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Zwei Wohnungen waren in der ursprünglich erteilten Baugenehmigung als
eine Wohneinheit erfasst. Die Wohnung wurde später geteilt. In der Teilungserklärung
sind beide Wohnungen aufgeführt. Die zweite Wohnung war aber mangels Stellplatz-
nachweis nicht genehmigungsfähig. Die Eigentümerin wollte einen Beschluss erwirken,
wonach der fehlende Stellplatznachweis erarbeitet werden sollte. Er wurde abgelehnt. Die
Eigentümerin begehrte, die übrigen Eigentümer zu verpflichten, den Stellplatznachweis
zu führen. Die Klage war erfolgreich. Jeder Eigentümer kann von den übrigen verlan-
gen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird. Die Erfüllung der
öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis ist Aufgabe aller Eigen-
tümer, weil der Bauträger bei der Errichtung der Anlage von den Plänen abgewichen ist.
Es besteht noch die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, weitere Stellplätze zu schaffen.
FAZIT:
Für denAnspruch eines Eigentümers auf erstmalige ordnungsmäßige Herstellung
des Gemeinschaftseigentums ist es ohne Belang, dass ein einzelner Eigentümer neben
der Gesamtheit als öffentlich-rechtlicher Zustandsstörer angesehen werden kann.
STELLPLATZNACHWEIS
Sache aller Eigentümer
Die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen
Anforderungen an den Stellplatznach-
weis ist Aufgabe aller Eigentümer,
wenn der Bauträger bei der Errichtung
der Wohnanlage und der Teilung nach
§ 8 WEG von den der Baugenehmi-
gung zugrunde liegenden Plänen ab-
gewichen ist und dadurch die öffent-
lich-rechtliche Verpflichtung besteht,
weitere Stellplätze zu schaffen.
BGH, Urteil v. 26.02.2016, V ZR 250/14
1...,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60 62,63,64,65,66,67,68,69,70,71,...92
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