IMMOBILIENWIRTSCHAFT 11/2016 - page 14

14
MARKT & POLITIK
I
WERTSCHWANKUNGEN
nehmer vermuten, dass dem nicht so sein
wird. Deutsche Immobilienwerte waren
nie besonders volatil, also werden sie es
auch in Zukunft nicht sein, so der allge-
meine Tenor oder mehr – die Hoffnung?
KÜNFTIG MEHR SCHWANKUNGEN
BeiWüest
& Partner haben wir daran einige Zwei-
fel. Wir rechnen damit, dass auch die
Werte deutscher Immobilien zukünftig
deutlicheren Schwankungen unterliegen
werden, als die Marktteilnehmer es bisher
gewohnt waren. Das liegt zu einem guten
Teil auch daran, dass sich die Bewertungs-
praxis in Deutschland langsam verändert.
Für die relative Sicherheit von lokalen
Immobilieninvestments ist bzw. war bis-
lang die gesamte Branche von Investoren,
Banken und natürlich auch die Immobi-
lienbewertungspraxis inDeutschland ver-
antwortlich. Bis dato wurden Immobilien
von deutschen Bewertern eher konserva-
tiv bewertet – im Gegensatz zur eher auf
die aktuellen Marktwerte abzielenden an-
gelsächsischen Tradition. Auch wenn die
Preise am Markt stiegen, wurden die ent-
sprechenden Wertsteigerungen nur sehr
zurückhaltend in den Bestandsbewer-
tungen und damit auch in den Bilanzen
wiedergegeben. Ebenso wurden Wert-
minderungen eher Stück für Stück rea-
lisiert, was auch einfacher war, wenn die
Aufwertungen zuvor nicht so stark erfolgt
waren. Die Akteure an den deutschen Im-
mobilienmärkten hatten gelernt: Deutsche
Immobilien sind langfristig stabil und
werthaltig. Daher versuchten sie auch so
zu agieren und denMarkt entsprechend zu
gestalten. Große Wertsteigerungen oder
-minderungen? Volatilität? In Deutsch-
land bis vor einigen Jahren undenkbar.
Demzufolge hatten hiesige Immobili-
eninvestoren und Bestandshalter während
der Finanzkrisemeist nur moderateWert-
verluste zu verkraften – imGegensatz etwa
zu angelsächsischen Investoren. Diese ge-
hen traditionell sehr viel aktiver mit den
V
or etwas mehr als zehn Jahren galten
deutsche Immobilien bei vielen Inves­
toren noch als „langweiliges“ Invest-
ment. Seit 2012 steigen Mieten und Kauf-
preise jedoch in Größenordnungen, bei
denen sich mehr und mehr Marktakteure
fragen, inwiefern diese noch zu rechtfer-
tigen sind.
Die Kaufpreise für Eigentumswoh-
nungen aller Baujahre sind in Deutsch-
land laut empirica innerhalb der letzten
sechs Jahre um etwa 48 Prozent gestie-
gen, während sich die Mieten um durch-
schnittlich 17 Prozent erhöhten. Deutsche
Großstädte und Ballungsräume erleben
derzeit eine hohe Nachfrage nach Immo-
bilien aller Nutzungsarten. Der Neubau
kann die rasant gestiegene Nachfrage bei
Weitemnicht decken – egal ob imBereich
Wohnen, Büro, Einzelhandel oder Logis
tik. Dass sich Preise und Mieten daher
innerhalb eines Jahres um teilweise zwei-
stellige Prozentsätze erhöhen, überrascht
mittlerweile kaum noch jemanden. Die
Preiskurve zeigt steil nach oben.
Aber wird das so bleiben? Undwird sie
bei einer Trendwende genauso steil fallen?
Die Erfahrung aus der deutschen Historie
lässt nach Einschätzung vieler Marktteil-
Der deutsche Immobilienmarkt wird volatiler
Wie werden sich die Immobi-
lienwerte entwickeln, sobald
eine Marktkorrektur eintritt?
Wird der Immobilienmarkt
eher stabil bleiben? Einige
Anhaltspunkte sprechen dafür,
dass auch hierzulande mit
signifikanten Wertverlusten zu
rechnen ist. Investoren und
Bestandshalter sollten darauf
vorbereitet sein.
Foto: Athi Aachawaradt/shutterstock.com
Eigentümer, die neue Immobilien
zu relativ hohen Preisen in ihre
Portfolios übernommen haben,
sollten die Möglichkeit eines Wert-
verlustes einkalkulieren.
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...84
Powered by FlippingBook