42
VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
DISRUPTIVE GESCHÄFTSMODELLE
Ein neuer Trend schwappt gerade über die
USA: Dotloop
Juli an den Immobilien-Such-Giganten
Zillow verkauft, wickelt mittlerweile mo-
natlich Transaktionen in Höhe von 30
Millionen US-Dollar ab (zum Vergleich:
Das Transaktionsvolumen auf dem In-
vestmentmarkt für Wohnimmobilien in
Deutschland betrug 2014 12,9 Milliarden
Euro).
Dotloop ist ein reines Internet-Busi-
ness mit dem Claim „Peoplework, not
paperwork“. Das Unternehmen bietet
Web-Dienstleistungen rund um die Ver-
marktung von Immobilien an. Ziel ist es,
den Prozess jeder Transaktion transparent
in einem Zirkel abzubilden. Und zwar in-
klusive aller benötigten Dokumente, wie
Bankunterlagen und Exposés, komplett
papierlos. Jeder, der an der Transaktion
beteiligt ist, wird an der für ihn passenden
Stelle Teil des Zirkels. Offensichtlich ist
Dotloop gerade dabei, die Immobilienver-
marktung in den USA zu revolutionieren.
DER ZIRKEL
So ein Zirkel, der so genannte
Loop, wird zum Beispiel von dem Makler
eröffnet, dessen Kundin ein Haus sucht.
Er erstellt zuerst eine Liste der Dinge,
die auf sie zukommen werden, und der
Dinge, die er von ihr benötigt. Da sie ihr
Budget noch nicht geklärt hat, lädt er sei-
nen favorisierten Finanzberater in den
Loop ein. Dieser fordert die Kundin auf,
die entsprechenden Unterlagen – bei uns
wäre es etwa die letzte Steuererklärung,
die letzten sechs Gehaltsabrechnungen
und Ähnliches – hochzuladen. Diese Un-
terlagen wertet er aus und macht ihr ein
Angebot. Mit der berechneten finanziellen
Möglichkeit kann der Makler wiederum
tätig werden und passende Objekte aus-
suchen. Die Exposés und alle weiteren
Dokumente speichert er wiederum in
dem Loop ab. Die favorisierten Objekte
werden, ganz klassisch, gemeinsam ange-
schaut. Nach ein paarWochen verliebt sich
E
in schönes Beispiel ist Shawn Fan-
ning, der 1998 ein Softwareprogramm
schrieb, mit dem Dateien von ans In-
ternet angeschlossenen Computern leicht
getauscht werden konnten. Aus dieser Idee
wurde die MusikplattformNapster, in de-
ren Folge die traditionellen Musikverlage
immense Umsatzeinbrüche zu verzeich-
nen hatten. Zwar ist auch Napster in sei-
ner damaligen Formabgeschaltet worden.
Doch das Geschäft mit der Musik ist un-
abwendbar digital geworden.
WIE SIEHT DAS IN DER IMMOBILIENBRAN-
CHE AUS?
Alleine Immobilien-Start-ups,
die sich das neu eingeführte Besteller-
prinzip als Geschäftsmodell ausgewählt
haben, hat das Magazin „Deutsche Start-
ups“ mehr als 30 gezählt. Der gemeinsame
Nenner dieser Neugründungen: Sie alle
sind Portale, die sich der Vermittlung von
Immobilien verschrieben haben.
Ob via Matching, also durch diverse
übereinstimmende Parameter, der richtige
Mieter für die passendeWohnung gesucht
wird (faceyourbase, moovin, immomio,
EliteMieter, wohnungshelden), WG-
Zimmer vermittelt werden (comate.me),
Wohnungen unbesichtigt ersteigert wer-
den (condaro), die Wohnungsangebote
aller möglichen Portale zugeschnitten
zusammengeführt werden (Homewhere)
oder die generelle Maklerleistung online
abgedeckt wird (imcheck), ist gar nicht so
relevant. Auffällig ist, dass alle diese Un-
ternehmen ähnlich aussehen – Stichwort:
One-Page-Design –, auf datenbasierten
Ideen aufbauen und den privaten Käufer
oder Verkäufer unterstützen. Kostengüns-
tig, bequem und online ist das Credo der
Stunde. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass
etwa die US-Amerikaner schon lange da-
tenbasiert (Stichwort: MLS, Multiple Lis-
ting Service) arbeiten. Diverse Portale –
die den passendenMieter suchen, regional
aufgehängt sind, ein transparentes System
bieten, sind schon seit Jahren Standard.
Schwappt da etwas über den großen Teich?
Die Digitalisierung ist Gefahr
und Chance zugleich. Durch-
bruchinnovationen werden
in der Forschung als disrup-
tiv bezeichnet. In den USA
schreibt Dotloop derzeit die
Regeln der Immobilienver-
marktung neu.
Dotloops bedeutsamer
Unterschied zu deut-
schen Start-ups: Verkäu-
fer- und Käufer-Makler
bleiben Teil der gesam-
ten Abwicklung des
Immobiliengeschäfts.