Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 48

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Der Vater, seine Tochter und sein Sohn sind in Erbengemeinschaft als Ei-
gentümer einer Eigentumswohnung eingetragen. Mit notariellem Erbauseinanderset-
zungsvertrag wurde der Tochter das Alleineigentum an der Wohnung übertragen. Das
Grundbuchamt beanstandete allerdings die fehlende Zustimmung des Verwalters. Der
Notar wies insoweit darauf hin, dass nach den Bestimmungen der Teilungserklärung
das Zustimmungserfordernis des Verwalters nicht besteht. Dennoch hatte das Grund-
buchamt der Beschwerde nicht abgeholfen – zu Unrecht.
Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann vereinbart werden, dass ein Eigentümer zur Verfügung
seines Eigentums der Zustimmung anderer Eigentümer oder eines Dritten bedarf. Dem
Grundsatz nach wäre eine Zustimmung des Verwalters erforderlich, da auch die vorlie-
gende Erbauseinandersetzung eine Veräußerung imSinne des § 12 Abs. 1WEGdarstellt.
FAZIT:
Hier greift jedoch die in der Teilungserklärung enthaltene Ausnahme, wonach
das Zustimmungserfordernis des Verwalters nicht besteht für eine Veräußerung an den
Ehegatten des Veräußerers oder an Personen, diemit ihm in gerader Linie verwandt sind.
VERÄUSSERUNGSZUSTIMMUNG
Auch nötig bei Veräußerung
an einen Miterben
Bedarf nach der Teilungserklärung
gemäß § 12 Abs. 1 WEG die Veräuße-
rung von Eigentum der Zustimmung
der Eigentümer oder Dritter (etwa des
Verwalters), dann gilt dies auch für
die Überlassung und Auflassung des
der Erbengemeinschaft zur gesamten
Hand zustehenden Eigentums an eines
ihrer Mitglieder.
OLG Nürnberg, Beschluss v. 31.8.2015, 15 W 788/15
FAKTEN:
Die Eigentümer hatten die Genehmigung der Jahresabrechnung beschlossen.
Der Beschluss wurde seitens eines Eigentümers angefochten. Den Nachzahlungsbetrag
dieses Eigentümers machte die Eigentümergemeinschaft gerichtlich geltend. Das Gericht
hat der Klage der Gemeinschaft imHinblick auf den Nachzahlungsbetrag stattgegeben.
Es hatte letztlich aber nur über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Es hat die
Kostenlast dem Eigentümer auferlegt. Insoweit war zu berücksichtigen, dass seine Er-
folgschancen bis zur rechtskräftigenUngültigerklärung des Beschlusses über die Geneh-
migung der Jahresabrechnung gleich null waren. Nach der Bestimmung des § 23 Abs. 4
WEG hat die Anfechtungsklage nämlich keine aufschiebende Wirkung.
FAZIT:
Ist der Beschluss über die Jahresabrechnung angefochten, besteht eine Zahlungs-
verpflichtung des anfechtenden Eigentümers bis zur rechtskräftigen Entscheidung über
die Anfechtungsklage. Wird im Laufe des Hausgeldverfahrens allerdings der Beschluss
über die Genehmigung der Jahresabrechnung rechtskräftig für ungültig erklärt, muss
die Zahlungsklage zurückgenommen werden.
BESCHLUSSANFECHTUNG
Schutz vor Zahlungspflicht?
Bis zum rechtskräftigen Abschluss
eines Verfahrens über die Anfech-
tung der Jahresabrechnung ist der
anfechtende und zahlungspflichti-
ge Eigentümer mit dem Argument
ausgeschlossen, eine Zahlungspflicht
bestehe nicht, da die Jahresabrech-
nung ordnungsmäßiger Verwaltung
widerspreche.
LG Frankfurt/M, Beschluss v. 10.8.2015, 2-13 S 88/15
FAKTEN:
Eine Eigentümerin betreibt in ihrer Teileigentumseinheit bereits seit über 25
Jahren eine Gaststätte. Sie ist in der Teilungserklärung als „Ladenraum“ bezeichnet. Eine
Klage der übrigen Eigentümer auf Unterlassung war schließlich erfolgreich. Der Unter-
lassungsanspruch war nicht verwirkt. Ein Recht ist immer dann verwirkt, wenn sich der
Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin
darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend
machen. Hier lagen aber neue eigenständige Störungen vor.
FAZIT:
Unterlassungsansprüche wegen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung (ein
„Laden“ erlaubt nach herrschender Meinung nicht den Betrieb einer Gaststätte) ver-
jähren nicht, solange diese Art der Nutzung anhält. Aber sie können verwirkt sein. Die
Nutzungmuss über einen jahrelangen Zeitraumerfolgen. Der zweckbestimmungswidrig
nutzende Eigentümer muss aufgrund des Verhaltens der übrigen Eigentümer davon
ausgehen können, diese würden Unterlassungsansprüche nicht mehr geltend machen.
UNTERLASSUNGSANSPRÜCHE
Wann sind sie verwirkt?
Die Verwirkung eines Unterlassungs-
anspruchs wegen zweckwidriger
Nutzung einer Teileigentumseinheit
schützt deren Eigentümer davor, dass
er das bislang geduldete Verhalten
ändern muss, vermittelt ihm jedoch
nicht allgemein die Rechtsposition,
die er innehätte, wenn die Nutzung
von der Teilungserklärung gedeckt
wäre.
BGH, Urteil v. 10.07.2015, V ZR 169/14
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