MARKT UND MANAGEMENT
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7|2019
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Mietenstopp?
Die aktuelle Mietensituation vor allem in den boomenden Ballungsräumen führt dazu, dass Kommunen
als Anteilseigner kommunaler Wohnungsunternehmen mitunter mit Gesellschafterweisungen reagieren.
So gilt es dann z. B., die Mieten entweder nur in bestimmten festgelegten Korridoren zu erhöhen oder es
werden Höchstmieten festgesetzt. Bei all diesen Maßnahmen stellt sich die Frage, ob und wann diese
steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten sind.
Sowohl im Körperschaftsteuergesetz als auch im
Einkommensteuergesetz fehlt es an einer Legal
definition des Begriffs der verdeckten Gewinnaus
schüttung (vGA). Insofern ergibt sich die Konkreti
sierung der vGA aus der Finanzrechtsprechung, die
imWesentlichen Eingang in die Körperschaftsteu
errichtlinien der Finanzverwaltung gefunden hat.
Kriterien einer verdeckten
Gewinnausschüttung und Praxisfälle
Gemäß R 8.5 Abs. 1 KStR versteht die Finanzver
waltung unter einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2
KStG:
• eine Vermögensminderung oder verhinderte
Vermögensmehrung,
• die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
ist,
• sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages
i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (Gewinn/Verlust
bzw. Einkommen) auswirkt und
• nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen
Vorschriften entsprechenden Gewinnvertei
lungsbeschluss beruht.
In der aktuellen Praxis lassen sich bei kommunalen
Wohnungsunternehmen insbesondere folgende
Fälle beobachten:
• Weisung an die Geschäftsleitung des kommu
nalen Wohnungsunternehmens durch den Ge
sellschafter Gebietskörperschaft,
WP/StB Ingeborg Esser
Hauptgeschäftsführerin
GdW
Berlin
• Gegenseitiger Vertrag zwischen dem kommu
nalenWohnungsunternehmen und demGesell
schafter Gebietskörperschaft oder
• Selbstverpflichtung des kommunalen Woh
nungsunternehmens.
I. d. R. wird bei den genannten Fallgestaltungen
grundsätzlich von einer verhinderten Vermö
gensmehrung, einem Kriterium der vGA, aus
gegangen werden können. Auch die weiteren
Kriterien – Auswirkung auf den Gewinn des Un
ternehmens sowie nicht Gegenstand einer offe
nen Gewinnausschüttung – werden regelmäßig
erfüllt sein.
Einzig die Frage nach der Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis ist zu hinterfragen. Da alle
Kriterien kumulativ erfüllt seinmüssen, ist dieses
Kriterium entscheidend.
Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis
Bei diesemTatbestandsmerkmal ist zu beurteilen,
ob der Verursachungsgrund der Vermögensmin
derung oder verhinderten Vermögensmehrung
bei objektiver Betrachtung aus den gesellschafts
rechtlichen Verhältnissen veranlasst ist. Zunächst
spricht eine Anscheinsvermutung zumindest bei
Vorliegen einer Gesellschafterweisung oder einer
vertraglichen Grundlage für eine solche gesell
schaftsrechtliche Veranlassung. Allerdings wird
nicht jede gesellschaftsrechtliche Veranlassung
automatisch zu einer vGA.
Bedeutung des Gesellschaftszwecks und
landesrechtlicher Vorschriften
Bei kommunalen Wohnungsunternehmen in der
Rechtsform der GmbH erfolgt die Betätigung als
Handelsgewerbe bzw. Kaufmann kraft Rechtsform
(vgl. § 13 Abs. 3 GmbHG i. V. m. § 6 Abs. 1 HGB)
grundsätzlichmit Gewinnerzielungsabsicht. Aller
dings kann nach herrschender Meinung bei ent
sprechender Ausgestaltung des Gesellschaftsver
trages auch gänzlich auf eine Gewinnorientierung,
bis hin zu einer allein gemeinnützigen Tätigkeit,
verzichtet werden. Insofern ist der Gesellschafts
zweck wesentlich.
Nach dem GdW-Mustergesellschaftsvertrag ist
Zweck des Unternehmens „die Bereitstellung von
Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten zu
wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen“. Teil
weise gehen aber die konkreten Regelungen der
kommunalen Wohnungsunternehmen noch da
rüber hinaus und fordern z.B. eine „Versorgung zu
sozial angemessenen Bedingungen“ oder formu
lieren gar einen „gemeinnützigen Zweck“, wie die
„sichere, sozial verantwortlicheWohnungsversor
gung breiter Schichten der Bevölkerung“. Damit
wird nicht in erster Linie auf die Gewinnerzielung
abgestellt bzw. diese z.T. auch ausdrücklich nur
als Nebenzweck formuliert.
In diesem Kontext sind auch die landesrechtli
chen Vorgaben zur Zulässigkeit der Beteiligung
von Gebietskörperschaften an privatrechtlichen
Unternehmen bedeutsam. Die jeweiligen Gemein
deordnungen der Länder knüpfen regelmäßig eine
Beteiligung an Unternehmen in Privatrechtsform
insbesondere daran, dass ein öffentlicher Zweck
sichergestellt ist. Im Rahmen dieser öffentlichen
Zweckbestimmung ist sicherzustellen, dass eine
Beteiligung nicht vorrangig aufgrund einer Ge
winnerzielungsabsicht erfolgt. Die in den Satzun
gen der kommunalenWohnungsunternehmen ver
ankerte vorrangige Versorgung breiter Schichten