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müssen jedoch neue Ausstattungsprodukte für
eine multifunktionale Nutzung Anwendung fin-
den. Zudem wird die Zahl der hochaltrigen und
pflegebedürftigen Bürger weiter ansteigen.
Wenn Pflege vorrangig ambulant statt stationär
durchgeführt werden soll, ergeben sich für die
individuellen Wohnungen zusätzliche Anforde-
rungen. Neue Optionen für Pflege, Assistenz und
Unterstützung bietet die Digitalisierung. Smart-
Home- und AAL-Anwendungen werden auch in
Bestandsobjekten benötigt. Hier bedarf es einer
entsprechenden Sensibilisierung und breitenWis-
sensvermittlung zu den vielfältigen Optionen und
Lösungen im Bereich der Digitalisierung und der
Services rund ums Wohnen.
Aus der Praxis vor Ort mehr mitnehmen
Das WohnXperium bietet auf verschiedene Wei-
sen dieMöglichkeit, die Herausforderungen dieser
Entwicklungen anzugehen und sinnvolle Lösungen
zu finden. InWorkshops und Schulungen wird der
aktuelle Wissensstand in den Themengebieten
Wohnen, Bauen und Planen, Technik, Licht, Farbe,
psychische Aspekte, Kommunikation, Mobilität,
Arbeiten, Pflege undweitere Bereiche vermittelt.
Damit Erkenntnisse möglichst real vermittelt
werden können, setzt das WohnXperium auf die
Schaffung einer Art „Erlebniswelt“.
Testumfeld
In der geschaffenen interaktiven, multimoda-
len Erlebniswelt können verschiedene Themen
des Wohnens und Arbeitens erprobt und ent-
sprechende Kompetenzen vertieft werden. Die
Testflächen im Demonstrationszentrum die-
nen dazu, verschiedene Szenarien und Raum-
grundrisse darzustellen und ermöglichen einen
Perspektivwechsel in die jeweilige Wohn- und
Raumsituation.
Der Verein wurde durch den VSWG, die Handwerkskammer Chemnitz, das
Institut für Holztechnologie Dresden gemeinnützige GmbH (IHD gGmbH), die
Landesseniorenvertretung für Sachsen e.V., die Stadtmission Chemnitz e.V.
sowie Dr. Fabian Magerl, Landesgeschäftsführer der BARMER Landesvertre-
tung Sachsen, und Dr.-Ing. Thomas Löffler von der Professur Arbeitswissen-
schaft und Innovationsmanagement der Technischen Universität Chemnitz im
November 2017 gegründet, um die Entwicklung, Verbreitung und Umsetzung
geeigneter Lösungen auf dem Gebiet des barrierearmen, barrierefreien und
assistierten Wohnens zu fördern. Der Verein möchte einen Beitrag dazu leis-
ten, dass vor allem ältere Menschen und Menschen mit Einschränkungen so
lange wie möglich selbstbestimmt in der eigenen Häuslichkeit leben können.
Schwerpunkt des Vereins war aus diesem Grund der Aufbau des öffentlichen
Test- und Demonstrationszentrums WohnXperium in Chemnitz.
WOHNXPERIUM E. V.
Der Alterssimulationsanzug MAX macht die Veränderungen der
Sinneswahrnehmung, der Kraft und der Beweglichkeit erlebbar
Lernen ist ein erfahrungsbasierter Pro-
zess, der eine dauerhafte Verhaltensän-
derung auslöst – zeigen Forschungser-
gebnisse. Dabei zählt nicht der Begriff,
sondern die Erfahrung, nicht Rationali-
tät, sondernGefühl, nicht gedankliches
Probehandeln, sondern wirkliches Tun.
So werden z. B. bei der visuellen und
haptischen Wissensvermittlung mehr
Informationen gespeichert, als bei der
reinen auditivenVermittlung. Lernen ist
demnach vor allem dann wirksam und effizient, wenn es arbeitsplatznah, aktiv und mit zuge-
schnittenen Angeboten erfolgt. Durch eigenes Erleben wird die Verknüpfung von Rationalität
und Kreativität angeregt, sodass die Quote des memorierten Wissens nach drei Tagen bei ca.
90 % liegt, beim Lesen sind es nur ca. 10 %.
DasWohnXperiumermöglicht diese Lernerfahrungmit passgenauenWorkshop-Angeboten für
verschiedene Zielgruppen. In einemmultimedialen, flexibel bestuhlbaren Raumkönnen Schu-
lungen je nach Kompetenzentwicklungsformatmit zehn bis 50 Personen durchgeführt werden.
Zur multimodalen Präsentation von Informationen werden vielfältige Medien eingesetzt. So
werden in einemsog. Sinnestunnel z. B. die Auswirkungen veränderter Sinneswahrnehmungen
auf Erkennen, Informieren und Orientieren erlebbar. Eine Text- und Experimentierfläche, die
mit flexiblen Wänden, Raum- und Möbelmodulen ausgestattet ist, wird unterstützt von der
Möglichkeit der Alterssimmulation und einemVirtual Reality Cube, der z. B. überprüfbarmacht,
wie sich die Farb- oder Lichtgestaltung auf dieWirkung barrierefreier Raumkonzepte auswirkt.
LERNKONZEPT DES TESTZENTRUMS
Mit variablen Raum- und Möbelmodulen können
verschiedene Szenarien erprobt werden
Dafürwurde einweitgehend offenes Raumkonzept
umgesetzt, das es möglich macht, mit flexiblen
Wänden und Volumenkörpern sowie einer Vielzahl
anDemonstratoren und Exponaten zu arbeiten. Er-
kenntnisse zur innenarchitektonischen Ausgestal-
tung oder zu notwendigen Bewegungsräumen in
Abhängigkeit der jeweiligen Einschränkung können
so erprobt und an konkrete Raumsituationen (z.B.
das Q6-Bad der Plattenbau-/Großblockbaureihe
IW60/Q6) angepasst werden. Zudem steht für
Möblierung, Sanitär- und Küchenausstattung ein
modulares Baukastensystem zur Verfügung.
In einer sog. Erlebnisausstellung, bestehend
aus Bewegungsräumen, Exponaten, Licht- und
Farbprojektionen in einem sog. Sinnesparcours
sowie der Vermittlung von Informationenmittels
Virtueller Realität (VR) oder eines Alterssimulati-
onsanzuges, können an die jeweiligen Erkenntnis-
und (Weiter-)Bildungsziele angepasste Szenarien
dargestellt, variiert und erprobt werden.
Quelle: VSWG
Quelle: VSWG, Foto: Toni Soell