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reitung steuerlich relevanter Geschäftsvorfälle
(einschließlich Lohnsteuer- und Sozialversiche-
rungssachverhalten) und Daten sind die Vorgaben
der Steuergesetzgebung und der höchstrichter-
lichen Rechtsprechung zu beachten. Auf aufge-
deckte Tax-Compliance-Verstöße ist unverzüglich
in angemessener Weise (Analyse, Berichtigung, im
Extremfall Selbstanzeige) zu reagieren.
Einzelne weitere Elemente eines Tax-Compliance-
Programms können dann als Richtlinien vorange-
stellt werden. Siemüssen in den seltensten Fällen
neu formuliert werden. Häufig reicht die Zusam-
menstellung vorhandener Anweisungen oder die
Dokumentation dessen, was die verantwortlichen
Mitarbeiter ohnehin schon tun. Beispiele:
• Richtlinie für die Erstellung von Steuererklä-
rungen mit Darstellung der Organisation der
Tax-Compliance (Steuer-Prozesshandbuch),
• Richtlinie für die Behandlung von Umsatzsteu-
ersachverhalten, die beimWohnungsunterneh-
men in signifikantem Ausmaß auftreten (z. B.
Stellplatz- oder Garagenvermietung),
• Lohnsteuerrichtlinie.
Die verbleibenden Grundelemente (Tax-Compli-
ance-Kommunikation sowie -Überwachung und
-Verbesserung) können in einer zentralen Tax-
Compliance-Richtlinie (zusammen mit Kultur,
Zielen und zentralen Vorgaben für Risikoanalyse
und Kontrollmaßnahmen) festgelegt werden.
Mögliche finale Struktur eines TaxCMS
Das TaxCMS kann also letztlich in folgender Struk-
tur implementiert werden:
• Tax-Compliance-Richtliniemit Festlegung von
– Tax-Compliance-Kultur und -Zielen (standar-
disiert),
– Vorgaben für eineRisikoanalyse (abgeleitet aus
der individuellen steuerlichen Situation des
Unternehmens) sowie für Kontrollmaßnahmen
(z. B. Vorrang präventiver Maßnahmen),
– Darstellung der Organisationsstruktur in Steu-
ersachen,
– Kommunikationsform und –weg für das Tax-
CMS (z. B. Bereitstellung im Intranet, Teil des
Organisationshandbuchs, Schulungsmaßnah-
men),
– Materielle und formelle Vorgaben für eine
Überwachung und Verbesserung (z. B. jähr-
liche Berichterstattung der Fachabteilung,
Zwang zur Auswertung von Betriebsprüfungs-
berichten).
• Weitere Systembestandteile außerhalb der Tax-
Compliance-Richtlinie
– Risikokontrollmatrix: Aufbauend auf der Risi-
koinventur und der mit den Risiken verbunde-
nen steuerlichen oder Geschäftsbereichspro-
zessenwerden Kontrollmaßnahmen definiert
und Kontrollnachweise festgelegt,
– Arbeitsanweisung Steuererklärungsprozess/
steuerliches Prozesshandbuch, einschließlich
(falls erforderlich) Richtlinie zur Ableitung
der Steuerbilanz aus der Handelsbilanz,
– (falls erforderlich) Richtlinie Dokumentation
der Vertragsverhältnisse zu nahestehenden
Personen (Hintergrund: Risiko verdeckte Ge-
winnausschüttung),
– (falls anwendbar) Checkliste o. ä. erweiterte
Grundbesitzkürzung,
– (falls erforderlich) Richtlinie/Arbeitsanwei-
sung Umsatzsteuersachverhalte,
– Lohnsteuerrichtlinie,
– (falls im Einzelfall erforderlich) Richtlinie/
Arbeitsanweisung Erfassung und Prüfung
Einzelsachverhalte.
Schlussbemerkung
Um schlussendlich aber von einem „System“
sprechen zu können, müssen die genannten
Elemente „gelebt“, d. h. angewendet und fort-
entwickelt werden. Insbesondere muss die Ein-
haltung von Richtlinien, die Durchführung von
Kontrollmaßnahmen etc. dokumentiert sein.
Eine Tax-Compliance-Richtlinie in den Schrank
zu stellen bzw. im Intranet zu veröffentlichen,
wird einen Betriebsprüfer oder Richter am Ende
nicht überzeugen.
1
BMF-Schreiben vom 23.05.2016 mit Details zur Abgren-
zung der Anzeige und Berichtigungspflicht nach § 153 AO
von einer strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhin-
terziehung (§§ 370, 371 AO), BStBl. I 2016, S. 490 ff.;
jetzt Abschn. 2.6 Satz 6 AEAO zu § 153.
2
Vgl. Geberth/Welling, DB 2015, S. 1742.
3
Vgl. IDW Praxishinweis 1/2016: Ausgestaltung und Prü-
fung eines Tax Compliance Management Systems gemäß
IDW PS 980 (Stand: 31.05.2017), IDW LIFE, 07.2017,
S. 837 ff.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
ABB. 3: BEISPIEL GARAGENVERMIETUNG
Risikofeld
Nebenleistung zur steuerfreien Hauptleistung
Sachverhalt
Garagenvermietung an Dritte
Konkrete Darstellung des
Risikos (what could go wrong)
Es besteht die Gefahr, dass die Vermietung keine Nebenleistung zur umsatzsteuerbefreiten Vermietung von Wohnraum ist,
sondern eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung an Dritte (Hauptleistung).
Prozessbeschreibung
Mitarbeiter Rechnungwesen führt einen Abgleich zwischen „Mieterliste Wohnungen“ und „Mieterliste Garagen“ durch.
Vorsorge- bzw.
Kontrollmaßnahmen
Der Abteilung Bewirtschaftung liegt eine Checkliste vor, in welchen Fällen eine Garagen- bzw. Stellplatzvermietung als
umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung zu werten ist vor. Bei Abschluss von Wohnungs- und Garagenmietverträgen wird die
Checkliste herangezogen und entsprechend der Umsatzsteuerschlüssel eingestellt.
Ein Mitarbeiter Mietenbuchhaltung führt zur Kontrolle einmal jährlich eine Auswertung der zu Wohnzwecken vermieteten
Wohnungen und der Garagenvermietung durch. Personen, die Garagen mieten, aber keine Wohnung, werden als „Vermietung
an Dritte“ geführt. Der Mitarbeiter Rechnungswesen gleicht diese Auswertung zur Verbuchung in der Finanzbuchhaltung ab,
bei Abweichungen wird Rücksprache mit den Mitarbeitern Bewirtschaftung gehalten und ggf. die Verbuchungssystematik
und/oder die Mietenbuchhaltung angepasst. Ggf. sind Vertreterregelungen einzuführen.
Kontrollart und -häufigkeit
IT-gestützt, manuell / jährlich
Präventiv/Detektiv
Präventiv
Kontrollnachweis
• Checkliste Garagenvermietung
• Auswertung zu Wohnzwecken vermietet und Garagenvermietung
• Dokumentierter Abgleich der Fibukonten, Mietenbuchhaltung und Mietvertragsdatenbank
• jährliche Meldung an Leiter Rechnungswesen/Steuern über Anpassungen oder ggf. Leermeldung
• Vertreterregelung
• Fristenregelung
Quelle: VdW Rheinland Westfalen