Die Wohnungswirtschaft 4/2019 - page 68

MARKT UND MANAGEMENT
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zunehmend die vier Wände ihrer Kunden erobern
und damit Informationen über das Wohnen und
die Gewohnheiten ihrer Mieter gewinnen: so z.B.
Anbieter von Smart-Home-Anwendungen, Pflege-
unterstützung und digitalen Assistenten. Es ist zu
erwarten, dass der Pool an Leistungen und damit
verbunden der Erlösquellen wachsen wird. Dabei
werden sich Wohnungsunternehmen stärker als
bislang gegenüber Kooperationspartnern öffnen
müssen. Einerseits, um schneller flexible und
kundengerechtere Lösungen zu entwickeln, und
andererseits, um Angebote Dritter in das eigene
Leistungsportfolio zu integrieren.
Privat oder gemeinsam? Neue Wohnformen!
Die zunehmende Anzahl privater Haushalte bedeu-
tet für dieWohnungs- und Immobilienwirtschaft,
dass auch künftigmit einer wachsenden Nachfrage
nach Wohnobjekten zu rechnen ist. Dabei ist der
Zuwachs auch ein Ausdruck sich verändernder Le-
bensformen: Während traditionelle Familienmo-
delle an Bedeutung verlieren, spielen neue Formen
des Zusammenlebens eine immer größere Rolle.
Neben alleinerziehenden Elternteilen, Lebens-
gemeinschaften mit Kindern oder „Living Apart
Together“ prägen nicht-familiäre Lebensformen
zunehmend das gesellschaftliche Bild. Damit ein-
her geht der seit Längerem beobachtbare Trend
zur Bildung kleinerer Haushalte, insbesondere von
Single- und 2-Personen-Haushalten.
Gleichzeitig präferiert der Großteil der Bevölke-
rung weiterhin Städte als Wohnorte und möch-
te dabei auch möglichst zentral wohnen. Dafür
geben sie sich insbesondere auf höherpreisigen
Wohnungsmärkten auchmit weniger Wohnfläche
zufrieden. D. h.: Kleine Wohnungen mit intelli-
genten Grundrissen sind gefragt. Mikroapparte-
ments stoßen allerdings nur bei wenigen Men-
schen als dauerhafte Wohnform auf Akzeptanz.
Sie werden überwiegend als vorübergehende
Lösung genutzt – ebenso wie Boardinghouses
und Serviced Apartments.
Der Sharing-Trend setzt sich auch in Bezug auf
das Wohnen fort: In den nächsten Jahren steigen
daher die Anforderungen an die Wohnungsun-
ternehmen, flexible Nutzungskonzepte und Ge-
meinschaftsleben zu ermöglichen. Derzeitige Ni-
schenprodukte wie Clusterwohnen, Collaborative
Living und Co-Housing, aber auch die weitver-
breiteten Baugemeinschaften, sind wichtige Ide-
engeber dafür, wie bestehende halb-öffentliche
und gemeinschaftliche Bereiche in Gebäude und
Umfeld besser und vielseitiger von den Bewoh-
nern genutzt werden können. Hieraus ergeben
sich für die Wohnungsunternehmen Chancen für
die zielgruppengerechte Gestaltung des eigenen
Portfolios.
Fazit
Niemand kann sicher vorhersagen, wie dieWelt in
20 oder 30 Jahren aussehen wird. Doch aus den
aktuellen Wohntrends lassen sich Entwicklungen
ablesen, die sehr wahrscheinlich sind. Hierzu ge-
hören Segregationstendenzen, die Digitalisierung
von immer mehr Lebensbereichen und der Wunsch
nach neuen Wohnformen jenseits der bekannten
2-, 3- oder 4-Zimmer-Wohnungen.
Wohnungsunternehmen agieren grundsätzlichmit
einem sehr weiten Zeithorizont. Insofern müssen
sie diese langfristigen Trends berücksichtigen,
wenn sie Entscheidungen über ihre geschäftliche
Ausrichtung, ihr Immobilienportfolio und ihren
Kundenservice treffen.
Sie müssen sich fragen: Wie können wir die Ver-
mietung und die Quartiersentwicklung ausrichten,
wenn wir Segregation verhindern möchten? Wie
könnenwir selbst digitaler werden und gleichzei-
tig digitale Angebote für dieMieter schaffen? Und
welche Wohnformen wollen wir anbieten, um der
künftigen Nachfrage gerecht zuwerden? Anregun-
gen hierzu liefert die Studie „Wohntrends 2035“
des GdW.
Mit den „Wohntrends 2035“ hat der GdW fünf Jahre nach der letzten Untersuchung seine
umfassende Zukunftsstudie für die Wohnungswirtschaft erneuert wieder aufgelegt und
liefert eine Neubewertung der sich abzeichnenden Rahmenbedingungen. Die Vorgänger-
studien aus den Jahren 2008 und 2013 werden bis heute nachgefragt. Viele Unternehmen
setzen sich mit den Zukunftstrends intensiv auseinander und nutzen sie als Orientie-
rung für die eigene Wettbewerbspositionierung und Weiterentwicklung ihrer Strategie.
Bestandteil der Studie sind die sog. Wohnkonzepte. Mit ihnen werden Nutzertypen nach
ihren lebensstil- und milieuspezifischen Kontexten sowie ihren Werthaltungen schema-
tisch abgebildet.
Die Wohnungsnachfrage wird demnach zukünftig, so ein zentrales Ergebnis der vorliegen-
den Studie, einerseits durch die einkommensschwächeren Zielgruppen der „Bescheidenen“
und „Funktionalen“ mit einer hohen Preissensibilität und einer Präferenz für kleinere,
einfach ausgestattete und– im Falle der „Bescheidenen“ – barrierearme/-reduzierte Wohnungen determiniert. Anderer-
seits wird die Wohnungsnachfrage von dem quantitativ doppelt so stark ausgeprägten Segment der „Kommunikativen“,
„Anspruchsvollen“ und „Häuslichen“ bestimmt, die sehr hohe Anforderungen an die Modernität, Qualität, technische
Ausstattung und auch an das Service- und Dienstleistungsangebot stellen.
GdW-Mitgliedsunternehmen haben ein kostenfreies Exemplar erhalten. Alle weiteren Besteller sowie Mehrexemplare der
Mitglieder können zu einem Preis von 50 € zzgl. Versandkosten beim GdW bezogen werden: GdW Bundesverband deut-
scher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Postfach 301573, 10749 Berlin
GDW-BRANCHENBERICHT „WOHNTRENDS 2035“
Eine Bestellung ist auch per E-Mail möglich unter:
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Quelle: GdW
Das Geschäftsmodell von Wohnungsunternehmen flexibilisiert sich.
Es wird nicht länger darum gehen, nur Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
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