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4|2019
RECHT
WEG §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1
Bei baulichen Veränderungen ist bloßes Schweigen noch keine Zustimmung
Das Schweigen des einen Miteigentümers auf den Plan des anderen
Miteigentümers zu einer baulichen Veränderung des gemeinschaftli
chen Eigentums einer zweigliedrigen Eigentümergemeinschaft stellt
keine Zustimmung dar.
AG Kassel, Urteil vom 15.11.2018, 800 C 3071/18
Bedeutung für die Praxis
Bei Annahme einer konkludenten Zustimmung ist Zurückhaltung geboten.
Den Satz „Nicht gemeckert, ist schon zugestimmt“ gibt es nicht. Bei
größeren Anlagen scheitert eine konkludente Vereinbarung i. d. R.: Selbst
wenn dem nicht so wäre, würde die Einigung (ohne förmlichen Beschluss)
Sonderrechtsnachfolger nicht binden. Die bloße Zustimmung hilft oft
auch nicht weiter, denn die Genehmigung einer baulichen Veränderung,
auch durch im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigte Eigentümer,
kann nur in Gestalt einer förmlichen Beschlussfassung erfolgen (vgl. LG
Hamburg ZMR 2018, 433 und ZMR 2013, 373; a. A. Lehmann-Richter in
Staudinger, § 22 WEG, Rn. 27 und Häublein NZM 2007, 753, 754). Die
bloße Zustimmung aller (beeinträchtigten) Miteigentümer reichte nicht
aus (a. A. Lehmann-Richter in Staudinger, 2018, § 22, Rn. 68 ff.).
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB § 566 Abs. 1
Kauf bricht nicht Miete
Gilt § 566 Abs. 1 BGB auch dann, wenn ein Miteigentümer seinen
Miteigentumsanteil an den anderen veräußert?
BGH, Beschluss vom 9.1.2019, VIII ZB 26/17
Bedeutung für die Praxis
Bei Vermietung einer Wohnung durch zwei Miteigentümer bleiben beide
auch dann Vermieter – und ist eine Kündigung gegenüber dem Mieter
demgemäß von beiden Vermietern auszusprechen -, wenn der eine Mit-
eigentümer seinen Miteigentumsanteil später an den anderen veräußert.
Auf einen solchen Eigentumserwerb findet § 566 Abs. 1 BGB weder
direkte noch analoge Anwendung. Nach der vorgenannten Vorschrift tritt
bei einer Veräußerung des vermieteten Wohnraums nach der Überlassung
an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten der Erwerber anstelle
des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem
Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Die Vorschrift findet
nur Anwendung, wenn der veräußernde Eigentümer und der Erwerber
personenverschieden sind, der Erwerber darf bis zum Erwerb nicht
Vermieter gewesen sein. Eine direkte Anwendung des § 566 BGB kommt
damit nicht in Betracht. Allerdings lehnt der BGH auch eine Analogie ab,
da der Schutzzweck der Norm vorliegend nicht berührt war, denn – so der
BGH – der nunmehrige Alleineigentümer ist (weiter) an den Mietvertrag
gebunden und ein Verlust des Besitzes auf Seiten des Mieters infolge des
Veräußerungsvorgangs war damit nicht zu besorgen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG-RECHT
BGB §§ 535, 536, 536 a
Wärmebrücken in den Außenwänden
einer Mietwohnung
Liegt ein Sachmangel vor, wenn die Gefahr einer Schimmelpilzbil
dung mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden
Vorschriften und Normen in Einklang steht?
BGH, Urteil vom 5.12.2018, VIII ZR 271/17
Bedeutung für die Praxis
Wärmebrücken in den Außenwänden einer Mietwohnung und eine darauf
begründete Gefahr einer Schimmelpilzbildung sind jedenfalls dann nicht
als Sachmangel der Wohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit dem
zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften
und technischen Normen in Einklang steht. Etwas anderes kann dann
gelten, wenn die Vertragsparteien konkrete Vereinbarungen zur Beschaf-
fenheit der Mietsache getroffen haben. Der BGH stellt aber klar, dass
die (bloße) Gefahr einer Schimmelpilzbildung anders zu bewerten ist
als z.B. ein tatsächlich schadhaftes Mauerwerk („primäre Bauteildurch-
feuchtung“) oder schadhafte Fensterblendrahmen, durch die von außen
Feuchtigkeit in die Wohnung eindringen kann. Der BGH hob auch hervor,
dass nicht abstrakt-generell und unabhängig insbesondere von dem Alter
und der Ausstattung des Gebäudes sowie dem Nutzungsverhalten des
Mieters, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls
bestimmt werden könne, welche Beheizung und Lüftung einer Wohnung
dem Mieter zumutbar ist.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
verhältnisses obliegende vertragliche Verpflichtung, die Mietsache nur im
Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Damit
handelt es sich um eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung. Für
solche Dauerverpflichtungen hat der BGH bereits in anderem rechtlichen
Zusammenhang mehrfach entschieden, dass die Verjährung nicht beginnen
kann, solange der Eingriff noch andauert. Daher gelangt er auch vorliegend
zu der wenig überraschenden Auffassung, dass der aus § 541 BGB folgende
Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertrags-
widrigen Gebrauchs der Mietsache während des laufenden Mietverhältnis-
ses nicht verjährt, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg