braucht, weil es dort bereits genügend preiswer-
tenWohnraumgibt. Nötig ist es hingegen, die vor-
handenen Wohnungen in Schuss zu halten, damit
dieMenschenweiterhin in preiswerten, aber guten
Wohnungen leben können.
Dr. Axel Viehweger:
Richtig. Die östlichen Bun-
desländer werden deshalb den Vorschlag einbrin-
gen, dass mit den Mitteln des Bundes nicht nur
der Neubau gefördert werden soll, sondern auch
die Revitalisierung von Wohnhäusern sowie der
familien- und altersgerechte Umbau.
Jürgen Steinert:
Wenn der Bund sich weiter bei
der Wohnraumförderung engagiert, sollte er dies
aber an die Bedingung knüpfen, dass die Länder
mit diesen Mitteln sowohl Miet- als auch Eigen-
tumswohnungen fördern. Denn die Menschen
sollen frei entscheiden können, ob sie zur Miete
oder im Eigentum wohnen wollen.
Maren Kern:
Da stimme ich Ihnen zu. Eine Erhö-
hung der Wohneigentumsquote würde zu einer
ausgewogenerenMischung in den Quartieren bei-
tragen. Das gilt besonders für Berlin, wo nur etwa
15% der Haushalte in den eigenen vier Wänden
wohnen. Es wäre deshalb eine sehr gute Lösung,
wenn die kommunalen Gesellschaften in neuen
Quartieren auch Wohneigentum errichten und
veräußern dürften.
Leider findet dieser Vorschlag beim Berliner Se-
nat aus ideologischen Gründen keinerlei Gehör.
Dabei bietet sich die derzeitige Niedrigzinsphase
zur Eigentumsbildung an, die ja auch einwichtiger
Baustein für die Altersvorsorge wäre. Und die Un-
ternehmen könnten über Eigentumsmaßnahmen
ihre Liquidität stärken und Bauprojekte ein Stück
weit quersubventionieren.
Jürgen Steinert:
Genau deshalb wäre es gut,
wenn der Bund eine entsprechende Vorgabe ma-
chen würde. Dann wäre sogar der Berliner Senat
gezwungen, auch Eigentumsmaßnahmen zu för-
dern.
Axel Gedaschko:
Wenn ich auf meinen Sommer-
touren unterwegs bin, stelle ich fest, dass es im
Süden der Republik ganz selbstverständlich ist,
dass Genossenschaften und kommunale Unter-
nehmen im Bauträgergeschäft tätig sind. Damit
subventionieren sie ihr Vermietungsgeschäft und
betreiben häufig sogar Stadtreparatur. Ja, Frau
Kern hat völlig recht: Wenn man ein Stück weit
die Ideologie aus der Diskussion rausnehmen und
dafür wohnungswirtschaftlichen Sachverstand
walten lassen würde, käme man weiter.
Klaus Graniki:
Als Branche müssen wir ohnehin
aufpassen, dass wir nicht in die Knie gezwungen
werden durch Aktionen, die Vermieter per se als
schlecht darstellen und auch die Wohnungswirt-
schaft schlecht machen.
Maren Kern:
Es droht nicht nur eine Über-
forderung der Nachbarschaften, sondern auch
eine Überforderung der Wohnungsunternehmen.
Gerade in Berlin betrachtet die Politik die kom-
munalen Gesellschaften als Instrumente, die alle
Probleme zu lösen haben. Das kann schnell nicht
nur zu einseitigen Belegungsstrukturen mit ent-
sprechenden Auswirkungen auf Nachbarschaften,
sondern auch zur wirtschaftlichen Überforderung
der Unternehmen führen.
Dr. Axel Viehweger:
In Berlin wird ja Verstaatli-
chung großgeschrieben. Diese Forderung dringt
jetzt gerade nach Sachsen vor. Aber Verstaat-
lichung löst die Probleme nicht. Wer das nicht
glaubt, dem kann ich gern die Videos zeigen,
wie es 1990 in Dresden aussah. Ruinen schaffen
ohne Waffen, hieß es damals. Und das wollen wir
wiederhaben? Nein, das wollen wir nicht wieder-
haben.
Klaus Graniki:
In den Städten macht die Politik
nicht alles richtig. Gerade bei den großen Heraus-
forderungen müssen wir in den nächsten Jahren
viele, viele Wohnungen bauen. Leider neigen die
Städte dazu, genau dieselben Fehler zu machen,
wie sie in den 1970er Jahren gemacht worden
sind, nämlichmöglichst hoch undmöglichst kon-
zentriert zu bauen und damit soziale Probleme
in Großsiedlungen zu forcieren. Natürlich wird
es billiger, wenn wir in die Höhe bauen, aber die
sozialen Probleme werden dadurch nicht weniger.
Dr. Axel Viehweger:
Ich habe das Privileg, als
Vertreter der Genossenschaften freier reden zu
dürfen als die Geschäftsführer der kommunalen
Gesellschaften. Also rede ich offen: Wir brau-
chen mehr Ehrlichkeit in der politischen Diskus-
sion. Denn die Leute merken, wenn sie betrogen
werden. Wodurch sind denn die Populisten an die
Macht gekommen? Weil die Menschen gemerkt
haben, dass ihnen immer nur Unsinn erzählt wor-
den ist. Und es wird nach wie vor Unsinn erzählt.
Die Stadt Leipzig z.B. vertritt die Ansicht, dass in
großem Stil Wohnungen gebaut werden müssen.
Dabei haben die Leipziger Genossenschaften einen
Leerstand von 7%, und auch bei der städtischen
Gesellschaft stehen viele Wohnungen leer. Wa-
rum soll ich denn da bauen, bauen, bauen, wie
es der Oberbürgermeister fordert? Wenn ich aber
darauf hinweise, dass in Leipzig 6.000 bis 7.000
Wohnungen sofort beziehbar sind, dann heißt es,
diese Wohnungen stünden in Gegenden, in denen
kein Mensch wohnen wolle.
Auch in Dresden gibt es politische Stimmen, die
fordern, dass jeder überall wohnen kann, ganz
egal, was es kostet. Und jetzt hat die neu ge-
gründete städtische Wohnungsbaugesellschaft
angekündigt, bis 2021 800 Wohnungen bauen
zu wollen. Sie hat dafür aber noch nicht einmal
die Grundstücke, sodass jeder, der sich auskennt,
weiß, dass das gar nicht geht. Damit wird die Be-
völkerung in Dresdenwieder hinters Licht geführt,
und die Politik weckt Erwartungen, die sie nicht
erfüllen kann.
Ingo Malter:
Ja, wir brauchen eine ehrliche De-
batte. Dabei denke ich v. a. an die nötige Werte-
diskussion. Wir müssen einfach feststellen, dass
unsereWerte nicht mehr allgemeiner Konsens
Axel Gedaschko
Lars Ernst
Maren Kern