25. Brandenburger-Hof-Gespräch – die Debatte
„Überforderte Nachbarschaften“ –
Quo vadis?
Ist die Wohnungswirtschaft der Reparaturbetrieb für eine gescheiterte
Sozialpolitik? Gehört die Objektförderung auf den Prüfstand? Und liegt
die Wurzel des Übels im gesellschaftlichen Werteverlust? Um diese
Fragen kreiste die Debatte der Fachleute. Einigkeit herrschte in einem
Punkt: Die Politik darf die Wohnungsunternehmen bei der Bewältigung
der sozialen Probleme in den Quartieren nicht alleine lassen.
Jürgen Steinert:
Ich begrüße Sie zum 25.
Brandenburger-Hof-Gespräch. In die Diskussion
einsteigen möchte ich mit einem Blick auf die
Vergangenheit. 1998 hat der GdW die Studie
„Überforderte Nachbarschaften“ herausgegeben,
an der ich nicht ganz unbeteiligt war. Als ichMitte
der 1990er Jahre das erste Mal den Begriff der
überforderten Nachbarschaften kommunizierte,
lief ich bei Teilen der Politik in Bund und Ländern
Spießruten. Denn es galt die Devise: Das kann gar
nicht stimmen, denn wenn es stimmen würde,
dann müssten wir uns ja darum kümmern.
Aber es gab dieses Problem der überforderten
Nachbarschaften, und das Programm „Soziale
Stadt” wurde erst möglich, nachdem die Debatte
über überforderte Nachbarschaften begonnen
hatte.
Damals gab es in der Bundesrepublik übrigens
noch rund 4 Mio. Sozialwohnungen, während
es heute nur noch etwa 1,2 Mio. sind. Das ist
ein großes Problem, da erhebliche Teile der
Nachfrager gar nicht mehr in Sozialwohnungen
untergebracht werden können. Je weniger Sozi-
alwohnungen wir haben und je weniger sozialer
Wohnungsbau stattfindet, umso konzentrierter
erfolgt die Unterbringung der Problemhaushalte
in bestimmten Quartieren. Und da wir zusätzlich
die Zuwanderung durch Flüchtlinge zu bewältigen
haben, werden die damit verbundenen sozialen
Probleme eher größer als kleiner.