Seit dem Erscheinen der Studie über über-
forderte Nachbarschaften in den 1990er
Jahren hat sich bei den Wohnungsun-
ternehmen viel getan. Die Unternehmen
haben sehr viel investiert, und zwar nicht
nur in die Bestände, sondern auch in das
Wohnumfeld, das soziale Management
und die Quartiersentwicklung. Das geht
teilweise so weit, dass sie sogar Aufgaben
übernommen haben, für die eigentlich der
Staat zuständig ist.
Diese Arbeit der Wohnungswirtschaft wird für meine Begriffe aber viel zu
wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen und gewürdigt. Dabei muss
man allerdings differenzieren. Die Mieter nehmen diese Leistung sehr
wohl wahr. Das erkennt man an den Mieterumfragen und Zufriedenheits-
analysen, die meist ganz hervorragend ausfallen. In der Politik wiederum
hängt die Anerkennung davon ob, wo man sich gerade bewegt. Im ländli-
chen Raum und kleineren Städten in Brandenburg wird unser Wirken sehr
geschätzt. Da weiß jeder Bürgermeister, was sein kommunales Unterneh-
men und die Genossenschaften in der Stadt leisten. Auch in Potsdam ist
sich der Oberbürgermeister dieser vielfältigen Leistungen sehr bewusst.
Schwieriger wird es in Berlin. Hier vermisse ich die Wahrnehmung und
Wertschätzung, vieles wird hier als selbstverständlich vorausgesetzt. Das
ist es aber nicht.
Bei den überforderten Nachbarschaften müssen wir sehr aufpassen, dass
sie nicht mit großen Siedlungen gleichgesetzt werden. In Ost wie West
haben nach Fertigstellung dieser Siedlungen alle Bevölkerungsschichten
hier ein Zuhause gefunden. Daraus resultierte eine gemischte Bewoh-
nerstruktur, wie man sie auch heute feststellen kann. Erst im Zuge einer
einseitigen Belegungspolitik hat sich das vorübergehend geändert und es
hat viel Mühe und sehr viel Geld gekostet, hier erfolgreich gegenzusteu-
ern. Damit sind wir bei einem Punkt, an dem die Politik die erfahrungs-
basierten Hinweise der Wohnungswirtschaft nicht ernst genug nimmt.
Entscheidend für eine stabile Mischung in den Quartieren ist die Bele-
gungspolitik. In Berlin aber verlangt die Kooperationsvereinbarung zwi-
schen Senat und landeseigenen Wohnungsunternehmen, dass 60% der
Wohnungen an WBS-Berechtigte vermietet werden müssen. Einzig für
das Märkische Viertel und einige wenige andere Quartiere konnten Aus-
nahmen erreicht werden. Bei einer so hohen Quote besteht die Gefahr,
dass die großen Siedlungen wieder zu sog.
sozialen Brennpunkten werden.
Vor allem aber bei den Medien vermisse ich
die Wertschätzung für unsere Arbeit. Sie
vermitteln immer wieder den Eindruck, es
gebe keine Wohnungsunternehmen, die eine
hervorragende Arbeit leisten. Und ein letzter
Punkt: Ich bin überzeugt, dass wir auf Bun-
desebene wieder ein eigenes Bauministerium brauchen. Auch das würde
dazu beitragen, die Leistung der organisierten Wohnungswirtschaft ver-
stärkt wahrzunehmen – jedenfalls eher, als wenn die mit dem Bauen und
Wohnen zusammenhängenden Themen auf mehrere Ministerien verteilt
sind wie jetzt.
Maren Kern, Vorstandsmitglied, BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V., Berlin
Wo bleibt die Wertschätzung für unsere Arbeit?
„Damit sind wir bei einem Punkt, an dem die Politik die
erfahrungsbasierten Hinweise der Wohnungswirtschaft nicht ernst genug
nimmt. Entscheidend für eine stabile Mischung in den Quartieren ist die
Belegungspolitik.“
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STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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12|2018