DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2018 - page 21

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2|2018
Zukunft Dach
Dachkonstruktionen: Warm oder Kalt?
Im Zeitalter moderner Bautechnik werden neue Materialien und Verfahren für das Bauteil
Dach entwickelt, nicht zuletzt auch wegen gesetzlicher Vorgaben wie der EnEV, die Auswirkungen
auf die Dämmung von Dach und Fassade haben.
THEMA DES MONATS
BeimSteildach kann das Wasser über die Schrägen
kontinuierlich ablaufen. Deshalb können darauf
überlappende Werkstoffe eingesetzt werden und
die Fugen brauchen nicht unbedingt wasserdicht
zu sein. Das Flachdach dahingegen muss absolut
dicht sein.
Warm- oder Kaltdach
Flachdächer gibt es als Warm- oder Kaltdächer.
Welche Variante letztendlich zumEinsatz kommt,
hängt von individuellen Rahmenbedingungen und
baulichen Voraussetzungen ab. Die eine Version ist
nicht per se besser als die andere.
Die älteste Konstruktionsart ist das beluftete
Dach, auch Kaltdach genannt. Dieses Dach wird
2-schalig ausgeführt. Unter der Dachhaut befin­
det sich ein Freiraum, die sog. Lüftungsebene. Dort
zirkuliert Luft, dadurchwird die von innen diffun­
dierende Feuchtigkeit abtransportiert. So bleibt
das Dach trocken. Typischerweise ist ein Kaltdach
in Schichten aus Deckenbekleidung, Dampf- und
Luftsperrschicht, Wärmedämmschicht, Luftraum,
Tragkonstruktion (Holzschalung) und Dachab­
dichtung aufgebaut. Wegen der fehlenden oder
sehr geringen Neigung von Flachdächern besteht
die Gefahr, dass der Luftaustausch durchWindsog
und -druck zu gering ist und deshalb die natürliche
Lüftung nicht ausreicht.
Bevorzugt eingesetzt werden heutzutage jedoch
Warmdächer – auch nicht belüftetes Dach ge­
nannt. Diese sind traditionell einschalig ausge­
führt. Alle Schichten liegen unmittelbar auf der
tragenden Decke auf. Ein typisches Warmdach be­
steht z.B. aus Stahlprofilblech, Dampfsperre, Wär­
medämmschicht und Abdichtung. Früher neigten
unbelüftete Dächer oft zur Durchfeuchtung durch
die diffundierende Raumluft. Mit der Entwicklung
leistungsfähiger Dampfbremsen hat sich das aber
geändert. Flachdächer sind übrigens nicht immer
flach. Das sog. Nulldach ohne jegliche Neigung
ist sogar die Ausnahme. Flachdächer sollen mit
einer Neigung vonmindestens 2%geplant werden,
damit das Niederschlagswasser besser ablaufen
kann. Stehende Pfützen sind immer eine Gefahr
für die Dachabdichtung und sollten möglichst
vermieden werden. Ein geringes Gefälle kann die
Lebensdauer des Flachdachs erheblich erhöhen.
Deutschland führend bei Dachbegrünung
Ein wichtiger Trend ist die Dachbegrünung, vor
allem, weil in vielen Städten und GemeindenMaß­
nahmen dafür gefördert werden, aber auch KfW-
Mittel zum Einsatz kommen können (Energieef­
fizient Sanieren – Investitionszuschuss, 430 und
Energieeffizient Sanieren – Kredit, 151/152). Die
Vorteile von Gründächern als Beitrag zur Klima­
verbesserung hat auch der Gesetzgeber erkannt.
Gemäß Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
kann für ein Bebauungsplangebiet oder für Tei­
le baulicher Anlagen das Bepflanzen festgesetzt
werden. Viele Landkreise und Kommunenmachen
daher imBebauungsplan das Begrünen von Flach­
dächern und flachgeneigten Dächern zur Auflage.
In Deutschland werden jährlich etwa 10 Mio. m
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Dachfläche neu begrünt, davon etwa 80% extensiv
und 20% intensiv. Deutschland hat mit geschätzt
100 bis 150 Mio. m
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weltweit die größte Fläche
an ausgeführter Dachbegrünung.
Dachgarten gestalten
Für einen funktionierenden Dachgarten ist die Art
der Begrünung – extensiv oder intensiv – in Kom­
bination zum Gefälle wichtig. Intensiv begrünte
Dächer werden i. d. R. ohne Gefälle ausgeführt.
Dafür spricht der gewünschteWasserrückhalt. Ex­
tensiv begrünte Gründächer werden überwiegend
mit einem Gefälle von 2% geplant. Die statische
Last spielt eine große Rolle bei der Konstruktion
des Daches, denn Aufbau und Bepflanzung können
ein erhebliches Gewicht haben.
Ein extensives Gründach benötigt nicht viele Ex­
tras. Es muss lediglich Gewichte zwischen 60 bis
150 kg/m
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verkraften. Die Pflanzen wachsen in
einer 6 bis 20 cm hohen mineralischen Substrat­
schicht. Ideal sind anspruchslose, niedrigwüchsige
Pflanzen, die keine Pflege undWasserversorgung
brauchen.
Anders ist das bei Dachgärten, die intensiv genutzt
werden und in denen sich Personen aufhalten.
Hier müssen die Flachdächer 150 bis 500 kg/m
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aushalten. Wie bei einemnormalen Gartengrund­
stück lassen sich Dachgärtenmit Rasen, Stauden,
Sträuchern und sogar Bäumen bepflanzen. Auch
Wege, Sitzplätze, Spielbereiche und Teiche können
integriert werden, ebensowie Solarstromanlagen
auf Gründächern möglich sind.
Dachsanierung
Muss im Rahmen einer Dachsanierung die Dach­
eindeckung erneuert werden, sorgt eine gleich­
zeitig aufgebrachte Aufsparrendämmung für
Wärmeschutz ohne Wärmebrücken. Außerdem
lässt sich diese sehr gut mit einer Zwischenspar­
rendämmung kombinieren. Viele Hersteller haben
ihre Dämmsysteme optimiert und bieten dünnere
und leichtere Dämmplatten an.
Nachhaltige Dachbaustoffe
Etablieren konnten sich vor allemHolzfaserdämm­
stoffe und Zellulosedämmung. Bei Wärmedäm­
mung, Schutz vor Brand oder Lärm, aber auch bei
der CO
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-Bilanz und als Wärmespeicher können
Naturdämmstoffe durchaus mithalten. Aber auch
hier gilt es abzuwägen, ob der vermeintliche Natur­
dämmstoff die bessere Wahl ist. Zu bedenken ist,
dass auch ökologische Baustoffe oft Flammschutz­
mittel enthalten können, um die Brennbarkeit zu
senken, und bei einer Dämmung z.B. aus Schafs­
wolle können Pestizide zum Einsatz kommen, um
sie vor Mikrobenbefall zu schützen.
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