DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2017 - page 71

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reizlose und oft zermürbende Ressourcenbe-
lastung entsteht aus dem Verwaltungsaufwand
im Rahmen der laufenden Verbuchung von ein-
gehenden Rechnungen. Zum Abrechnungszeit-
punkt stößt man oft auf unfertige Kontierungen,
unterschiedlich gepflegte Daten und zahlreiche
Beteiligte, die alle gesonderten Umgang for-
dern. Höhere Abrechnungsqualität und effizien-
terer Ressourceneinsatz lassen sich jedoch durch
Prozessvereinheitlichung und -verschlankung
mit klar definierten Abläufen und Service-Level-
Agreements erreichen.
Nach Versand der Abrechnung häufen sich die An-
rufe durch unzufriedene/verständnislose Kunden
und der Papierstapel von Einsprüchen auf dem
Tisch des Sachbearbeiters wächst. Die Gründe für
das hohe Beschwerdeaufkommen nach Abrech-
nungsversand sind immer dieselben: fehlerhaft
erstellte Abrechnungen, fehlendes unterjähri-
ges Kundenfeedback und mangelnde unterneh-
mensinterne Abstimmung bzgl. sonstiger offener
Posten oder anstehender Mieterhöhungen. Dabei
lässt sich die aufwendige Rückläuferbearbeitung
durch transparente, unterjährigeMieter- und Un-
ternehmenskommunikation sowie Vereinfachung
der Abrechnung reduzieren. Letztendlich führen
fehlende Transparenz, vorhandene Liquiditäts-
potenziale und inaktive Steuerung der Betriebs-
kosten oft zu negativen, unerwarteten Auswir-
kungen auf das Unternehmensergebnis. Neben
dem laufenden Controlling und der Steuerung der
unfertigen Leistungen und Umbuchungen birgt
aktives Management Betriebskostenpotenziale
wie Verbrauchs-/Vertragsoptimierung durch Be-
triebskosten-Benchmarking und Zusatzpotenziale
durch in-/outgesourcte Services.
Innovative Genossenschaft mit
funktionierendem Piloten
Die wachsende Bedeutung der 2. Miete fordert
Lösungen, die das klassische Vorauszahlungs-
modell der Wohnungswirtschaft nicht bieten
kann. Nachzahlungen durch steigende Heiz- und
Betriebskosten führen zu Verständnislosigkeit,
Unzufriedenheit und Unsicherheit beim Mieter.
Die Anschaffung, Ablesung und Abrechnung der
Ableseeinrichtungen bedeuten zusätzliche Kosten
und die Abrechnungserstellung einen erheblichen
Verwaltungsaufwand.
Das Flatmietmodell der GEWOBA Nord bietet sich
als eine funktionsfähige Alternative an. „Der Ver-
mieter profitiert von einem Alleinstellungsmerk-
mal amMarkt, Kosten- und Ressourceneinsparung
durch reduzierten Verwaltungsaufwand sowie
Wertschöpfung durchWahrnehmung vonMargen-
potenzialen durch aktives Betriebskostenmanage-
ment“, berichtet Dirk Schmidt. Durch den Verzicht
auf Nachzahlungen und -forderungen steigt der
Anreiz des Vermieters, Heiz- und Betriebskosten
aktiv zu optimieren. Unter anderem entfallen die
Kosten der Gerätemiete für Verbrauchszähler so-
wie die Servicekosten für die Erstellung der Heiz-
kostenabrechnung. Neben demwahrgenommenen
positiven Mieterempfinden „alles in der Flat ent-
halten“, übernimmt der Vermieter außerdem das
Risiko der Energiemarktentwicklung und verleiht
dem Mieter Kostensicherheit.
Das Modell birgt zugleich Risiken, die von beiden
Parteien getragenwerdenmüssen. „Der Vermieter
übernimmt das Risiko der energetischen Fehlein-
schätzung des Objekts sowie der Energiekosten-
entwicklung, außerdem koppelt das Modell das
Mieterwohnverhalten vomVerbrauch ab“, gesteht
Dirk Schmidt. Für den Mieter besteht das Risiko,
dass die Gesamtmiete evtl. über demMarktniveau
liegen kann, außerdemkommen sprunghafteMie-
tenänderungen gem. Befristung imMietvertrags-
zusatz hinzu.
Bei Abschluss des Mietvertragszusatzes/-nach-
trags zur Vereinbarung einer Bruttowarmmiete
ist deshalb Folgendes zu beachten:
• Mieterverzicht auf Heiz- und Betriebskosten-
abrechnung
• Vermieterverzicht auf etwaige Nachforderun-
gen
• Möglichkeit fristgerechten Widerrufs
• Zusicherung (Befristung) Bruttowarmmiete für
bestimmten Zeitraum (z. B. drei Jahre)
Für die GEWOBA Nord Baugenossenschaft stellt
sich das Flatmodell als Erfolg heraus. Neben der
spürbaren Entlastung des externen Rechnungswe-
sens profitiert das Unternehmen von der „Sonnen-
haus-Architektur“, das den Jahres-Wärmebedarf
für Raumheizung undWarmwasser zumindestens
75% aus solaren Anlagen deckt. Die energetischen
Einsparungen in Kombination mit der Miet-Flat
machen sich in einemMehrertrag in Höhe von ca.
0,75 €/m
2
bemerkbar.
„Vorteile unseres Flat-Modells sind spürbar“
Dirk Schmidt, Abteilungsleiter Bestandsmanagement, GEWOBA Nord Baugenossenschaft eG
• Aktive Steuerung (beeinflussbarer)
Betriebskostenpositionen senkt Gesamt-
mietbelastung und bindet Kunden
• Heizkosten sind der Hauptkostentreiber
– energetische Maßnahmen in ausge-
wogenem Kosten-Nutzen-Verhältnis
reduzieren Energieverbrauch nachhaltig
• Die 2. Miete braucht Management-
Attention, konkrete Verantwortung und
qualitative/quantitative Ziele
• Innovationen, wie z. B. ein Flatrate-Mo-
dell bieten Wertschöpfungspotenzial und
vereinfachen den Abrechnungsprozess
ZUSAMMENFASSUNG
Quelle: Autor
VERGLEICHSRECHNUNGEN
Flat-Modell in €/m
2
(„Sonnenhaus“)
vs.
Klassisches Modell in €/m
2
(„Beko-Abrechnung“)
Kaltmiete
9,30
+20,78%
7,20
Heizkosten
+0,20
+0,75
Betriebskosten
+0,20
+1,75
Warmmiete
9,70
9,70
Grundmiete aus
Rentabilitsberechnung
(7,20)
(7,20)
Aufwand tatsächlich
entstandene BK und HK
(2,25 / 2,75)
(2,25 / 2,75)
Ertrag
+0,25
/
-0,25
+0,25
/
-0,25
Differenz für den Mieter = Null
Mehrertrag für
die GEWOBA
Nord
Guthaben des
Mieters
- Verlust für die GEWOBA Nord
+ keine Nachzahlung für den
Mieter
Nachzahlung des
Mieters
0
50
100
150
200
250
350
>400
300
Endenergiebedarf dieses Gebäudes
35,2 kWh (m
2
a)
Primärenergiebedarf dieses Gebäudes
(„Gesamtenergieeffizienz“)
27,3 kWh (m
2
a)
1...,61,62,63,64,65,66,67,68,69,70 72,73,74,75,76,77,78,79,80,81,...84
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