DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2017 - page 70

MARKT UND MANAGEMENT
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12|2017
Betriebskostenmanagement
Viel diskutiert – wenig umgesetzt
Die wachsende Bedeutung der sog. 2. Miete erfordert Lösungen, die das klassische Vorauszahlungsmodell
der Wohnungswirtschaft nicht bieten kann. Neben der Belastung der Mieter durch Nachzahlungen
bedeuten auch die Anschaffung, Ablesung und Abrechnung der Ableseeinrichtungen zusätzliche Kosten
und die Abrechnungserstellung einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Das Flatmietmodell der
GEWOBA Nord als eine Lösung wird hier vorgestellt.
Betriebskosten werden oft als durchlaufender
Posten ausgeklammert und der nicht umlage-
fähige Anteil als unerheblich bewertet. Dabei
lassen sich durch beeinflussbare Betriebskosten
ca. 10%des Gesamtbestandsumsatzes aktiv steu-
ern. Der Abrechnungs- und Managementprozess
wird unter dem Dach des Rechnungswesens als
administrativer „Verwaltungsakt“ abgearbeitet,
anstatt Mehrwerte für das gesamte Unterneh-
men zu erzeugen. Der wiederkehrende Gedanke
einer Potenzialanalyse anhand von internen und
externen Benchmarks wird aufgrund von fehlen-
der Transparenz und Vergleichbarkeit als nicht
umsetzbar beurteilt und aufgegeben. Dabei birgt
eine professionelle Herangehensweise und Prio-
risierung des Themas Betriebskosten Potenziale
zur Ergebnis- und Effizienzsteigerung sowie Ver-
besserung der Kundenzufriedenheit.
Betriebskostenanteil steigt stärker
als Kaltmiete
Steigende Mieten erhöhen den Druck auf das
Nettoeinkommen, denn bei jedem vierten Deut-
schen beträgt der Wohnkostenanteil mehr als 40%
des gesamten Haushaltseinkommens. Dabei ist
der Index für Wohnungsmieten mit 8% analog
zumVerbraucherpreisindex gestiegen. Mit einem
10%-igen Anstieg des Betriebskostenindexes ist
die sog. 2. Miete der Hauptpreistreiber. Stell-
schraube hierfür sind die Heizkosten.
THEMA DES MONATS
Alexander Boyko
Consultant
Radtke & Associates Gesellschaft
für Unternehmensberatung mbH
Düsseldorf
Effektives Betriebskostenmanagement bedeutet für Wohnungsunternehmen, mehr als
nur genaue Kenntnisse über ihre anfallenden Betriebskosten zu haben. Was im internen
Vergleich als „Vorzeigeobjekt“ gilt, könnte sich im regionalen Vergleich schnell als Objekt
mit überdurchschnittlichen Betriebskosten herausstellen. Doch wie gelangen Wohnungs-
unternehmen an die benötigten Daten für einen externen Vergleich?
Um die Basis für effektives Betriebskostenmanagement und die damit verbundene Redu-
zierung von Betriebskosten zu legen, arbeitet der Arbeitskreis „Geislinger Konvention“
seit dem Jahr 2000 daran, Normen für einen Vergleich von Betriebskosten und Struktur-
daten zu entwickeln. Rund 4 Mio. Wohneinheiten werden auf Basis dieser im Laufe der
Jahre entstandenen Datenbank bereits einem Betriebskosten-Benchmarking unterzogen.
Im Vergleich zum regionalen Durchschnitt wird so schnell transparent gemacht, bei wel-
chen Kostenarten bestimmte Objekte zu hohe Betriebskosten vorweisen. Schwachstellen
und Optimierungspotenziale, die sich mit Hilfe konkreter Maßnahmen leicht in bares
Geld umwandeln lassen, werden aufgedeckt. Darüber hinaus eignet sich Betriebskosten-
Benchmarking ideal zur Plausibilisierung der eigenen Betriebskostenabrechnung. Viele
zeitraubende Verwaltungsaufgaben für die Mitarbeiter können somit ausfallen und
Kapazitäten für andere Aufgaben geschaffen werden.
Das Thema Betriebskostenmanagement wird für die Wohnungsunternehmen in den
nächsten Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewinnen – die Geislinger Konvention hat
mit dem Betriebskosten-Benchmarking bereits vor vielen Jahren den Grundstein dafür
gelegt.
BETRIEBSKOSTEN-BENCHMARKING MIT DER GEISLINGER KONVENTION
Umfassende energetischeModernisierungen bie-
ten eine Antwort auf steigende Betriebskosten.
Durch die Energiepreisentwicklung, politische
Rahmenbedingungen und steigende Objektkom-
plexität sind weitgehende energetische Moder-
nisierungen zukunftsweisend und unabdingbar.
Jedoch entsteht aufgrund der hohen Gesamtmiet-
kostenbelastung eine Wirtschaftlichkeitslücke
zwischen sozial verträglichen Bruttomieterhöhun-
gen und Energiekosteneinsparungen. Zur Schlie-
ßung dieser bedarf es einer richtigen Nutzung
digitaler, bautechnischer und organisatorischer
Trends durch alle Beteiligten sowie eines aktiven
Betriebskostenmanagements.
Mystifizierung der Abrechnung und
viele Partner führen zu Doppelarbeit
Jeder Betriebskostenprozess beinhaltet die Teil-
prozesse Buchhaltung und Abrechnungserstel-
lung, zu selten jedoch die Potenzialanalyse und
-umsetzung oder „Betriebskosten-Optimierung“.
Die Auffassung des Betriebskostenprozesses als
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