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            12|2017
          
        
        
          Berichtsweg vomCompliance-Beauftragten an den
        
        
          zuständigenVorstand keinWeg vorbei. Damit lässt
        
        
          sich die Stelle in der Unternehmensorganisation
        
        
          jedoch auch nicht weit vomVorstandsbereich ent-
        
        
          fernt verorten, will man nicht Berichtsstrukturen
        
        
          von organisatorischen Zuständigkeiten lösen.
        
        
          DieNähe zumVorstandsbereich hat zudemweitere
        
        
          Auswirkungen, die jedenfalls in ihrer praktischen
        
        
          Bedeutung nicht zu unterschätzen sind. Je näher
        
        
          die Compliance-Funktion am Vorstandsbereich
        
        
          angesiedelt ist, desto eher wird mit Blick auf die
        
        
          hierarchische Stellung die Stimme des Compliance-
        
        
          Beauftragten gehört und er hat die notwendigeAu-
        
        
          torität, die Maßnahmen auch gegen Widerstände
        
        
          durchzusetzen. Auch zeigt eine entsprechende
        
        
          hierarchische Stellung – im Sinne des viel zitier-
        
        
          ten „Tone from the Top“ – die Bedeutung, die die
        
        
          Unternehmensleitung der Compliance-Funktion
        
        
          beimisst. Eigene Kompetenzen zeigen genau wie
        
        
          die hierfür bereitgestellten Budgets das Gewicht
        
        
          der Compliance-Funktion auch in denAugen vieler
        
        
          Mitarbeiter deutlicher, als diesmit „Hochglanzbro-
        
        
          schüren“ zu erreichen ist.
        
        
          Beim Vorstand bleibt naturgemäß die Verantwor-
        
        
          tung der Auswahl des Mitarbeiters in der Position
        
        
          des Compliance-Beauftragten, die Abstimmung
        
        
          seines Zuständigkeits- und Tätigkeitsumfangs so-
        
        
          wie die Weisungs- und Überwachungsverpflich-
        
        
          tung. Dabei ist eine klare Regelung der Zuständig-
        
        
          keiten und Schnittstellen essenziell. Hierbei muss
        
        
          insbesondere definiert werden, welche Informatio-
        
        
          nen unmittelbar berichtet werden undwie bei we-
        
        
          sentlichen Sachverhalten eine direkte Beteiligung
        
        
          des Vorstands sichergestellt wird.
        
        
          Exkurs: Die Frage, ob gerade in kleinen und mitt-
        
        
          leren Unternehmen die Funktion des Compliance-
        
        
          Beauftragten auf eine unternehmensexterne
        
        
          Person übertragen werden kann, ist schwierig
        
        
          zu beantworten. Grundsätzlich hat der Vorstand
        
        
          ein weites Ermessen in der Ausgestaltung der
        
        
          Compliance-Funktion im Unternehmen. Damit
        
        
          ist – eine angemessene vertragliche Gestaltung
        
        
          vorausgesetzt – auch die Übertragung auf eine
        
        
          unternehmensexterne Person möglich.
        
        
          Allerdings ist zu beachten, dass die Durchgriffs-
        
        
          möglichkeiten eines Externen regelmäßig einge-
        
        
          schränkt sind und z. B. die Frage der Informati-
        
        
          onsweitergabe, der Berichterstattung sowie der
        
        
          unmittelbaren Einbindung bei Fragen und Hin-
        
        
          weisen von Mitarbeitern zusätzliche Herausfor-
        
        
          derungen bereithält. Diese Herausforderungen
        
        
          lösen zusätzlichen Regelungs-, Koordinations-
        
        
          und Überwachungsaufwand aus, der in der Verant-
        
        
          wortungssphäre des Vorstands verbleibt. Er muss
        
        
          entsprechend im Rahmen seiner Organisations-
        
        
          pflichten hierauf angemessen reagieren. Die Ge-
        
        
          fahr einer Erwartungslücke bei der Beauftragung
        
        
          eines externen Compliance-Beauftragten ist nicht
        
        
          zu unterschätzen und sollte von Unternehmen und
        
        
          externem Dritten klar adressiert werden.
        
        
          Der Compliance-Beauftragte hat die operative Ver-
        
        
          antwortung, imRahmen eines auf die Situation des
        
        
          Unternehmens angepassten CMS ein Programm
        
        
          mit präventiven und detektiven Maßnahmen so
        
        
          aufzubauen, dass bestehende Risiken vermindert
        
        
          und zielgerichtet gemanagt werden. Dazu benötigt
        
        
          er ein tiefgreifendes Verständnis des Geschäftes,
        
        
          die notwendigen rechtlichen Kenntnisse sowie eine
        
        
          hinreichende Umsetzungserfahrung in der Etablie-
        
        
          rung und Kontrolle von Prozessen. Seine Verant-
        
        
          wortung umfasst auch die Dokumentations- und
        
        
          Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand sowie
        
        
          die kontinuierliche Fortentwicklung der Compli-
        
        
          ance-Organisation. Damit wirkt der Compliance-
        
        
          Beauftragte aktiv an der Compliance-Kultur des
        
        
          Unternehmens mit und steht im besten Fall als
        
        
          Vorbild hierfür, denn gerade in neuen, noch nicht
        
        
          reglementierten Situationen ist es die Compliance-
        
        
          Kultur, die im Unternehmen als Richtschnur zur
        
        
          Beantwortung der Frage herangezogen werden
        
        
          muss, wie man sich „compliant“ verhält.
        
        
          
            Fazit
          
        
        
          Die Unternehmensleitung muss aufgrund vielfäl-
        
        
          tiger Aufgaben und arbeitsteiliger Organisation
        
        
          Aufgaben delegieren, dazu kann auch die Etab-
        
        
          lierung eines Compliance-Beauftragten im Un-
        
        
          ternehmen gehören. Allerdings müssen bei einer
        
        
          solchen Delegation auch Regeln beachtet werden:
        
        
          Nicht alle Aufgaben können delegiert werden, die
        
        
          Ausgestaltung und organisatorische Einordnung
        
        
          der Position des Compliance-Beauftragten muss
        
        
          angemessen sein, die Zuständigkeitenmüssen klar
        
        
          definiert sein, Durchgriffsrechtemüssen existieren
        
        
          und Berichtsstrukturen etabliert sein. Nur so kann
        
        
          der Vorstand seiner übergreifenden Verantwor-
        
        
          tung für die Compliance des Unternehmens ge-
        
        
          recht werden, da auch nach Delegation jedenfalls
        
        
          eine Überwachungspflicht und bei wesentlichen
        
        
          Sachverhalten eine direkte Beteiligung im Aufga-
        
        
          benbereich des Vorstands verbleiben.
        
        
          
            THREE-LINES-OF-DEFENSE-MODELL*
          
        
        
          
            Governance
          
        
        
          
            Vorstand/Aufsichtsrat
          
        
        
          
            Führungskräfte
          
        
        
          
            1
          
        
        
          
            st
          
        
        
          
            Line of Defense
          
        
        
          
            3
          
        
        
          
            rd
          
        
        
          
            Line of Defense
          
        
        
          
            2
          
        
        
          
            nd
          
        
        
          
            Line of Defense
          
        
        
          * in Anlehnung an FERMA/ECIIA
        
        
          
            Risikomanagement-
          
        
        
          
            system & Controlling
          
        
        
          
            & Compliance
          
        
        
          
            Internes
          
        
        
          
            Kontrollsystem
          
        
        
          
            Interne
          
        
        
          
            Revision
          
        
        
          Die Arbeitshilfe 78
        
        
          des GdW „Compliance
        
        
          in der Wohnungs-
        
        
          wirtschaft“ erläutert
        
        
          die Wichtigkeit des
        
        
          Themas „Compliance“
        
        
          für die Wohnungswirt-
        
        
          schaft. Sie zeigt Handlungs- und Risiko-
        
        
          felder auf und gibt Hinweise zur Umset-
        
        
          zung im Unternehmen. Die Arbeitshilfe 78
        
        
          kann zum Preis von 25 € bezogen werden:
        
        
        
          
            COMPLIANCE IN DER
          
        
        
          
            WOHNUNGSWIRTSCHAFT
          
        
        
          1
        
        
          IDW PS 980, WPG Supplement 2/2011, Rz. 5.
        
        
          2
        
        
          Vgl. Reichert/Ott, NZG 2014, 241 f.; für Genossenschaf-
        
        
          ten Holthaus/Lehnhoff, in: Lang/Weidmüller: Genossen-
        
        
          schaftsgesetz, 38. Aufl., S. 410.
        
        
          3
        
        
          Vgl. m.w.N. Hoffmann/Schieffer, NZG 2017, S.402;
        
        
          Holthaus/Lehnhoff, in: Lang/Weidmüller: Genossen-
        
        
          schaftsgesetz, 38. Aufl., S. 409.
        
        
          4
        
        
          Vgl. LG München I, Urt. V. 10.12.2013, 5HK O 1387/10,
        
        
          NGZ 2014, S. 346; Fleischer, NZG 2014, S. 322; Hoff-
        
        
          mann/Schieffer, NZG 2017, S.402.
        
        
          5
        
        
          Vgl. IDW PS 980, WPG Supplement 2/2011, Rz. 6.
        
        
          6
        
        
          Vgl. Reichert/Ott, NZG 2014, 241.
        
        
          7
        
        
          Vgl. hierzu Wissenschaftlicher Beirat des DIIR – Deutsches
        
        
          Institut für interne Revision e.V., Bantleon, Ulrich et. al.,
        
        
          WpG 2017, S. 682 ff.
        
        
          8
        
        
          Vgl. Hoffmann/Schieffer, NZG 2017, S. 405.
        
        
          9
        
        
          Vgl. Fleischer, NZG 2014, S. 323.
        
        
          10
        
        
          Hoffmann/Schieffer, NZG 2017, S. 405. Siehe hier auch
        
        
          den beispielhaften Verweis auf „grundlegende Organisa-
        
        
          tionsfragen“ sowie „Befassung mit Fällen von herausra-
        
        
          gender Bedeutung“ als nicht delegierbare Bereiche.
        
        
          Weitere Informationen:
        
        
        
          Neubau und Sanierung
        
        
          Energie und Technik
        
        
          Rechtssprechung
        
        
          Haufe Gruppe
        
        
          Markt undManagement
        
        
          Stadtbauund Stadtentwicklung