Die Wohnungswirtschaft 9/2017 - page 32

NEUBAU UND SANIERUNG
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Freising, das Holz aus dem eigenen Sägewerk in
Thalkirchen. „Die Wohnung festigt den Frieden in
der Familie, der das Fundament für den Frieden im
Staate bildet“, war Borst überzeugt.
Noch heute wirkt die Borstei wie ein Dorf in der
Stadt – mit einer Verwaltung, einemWaschsalon,
Kindergärten, einemCafé, Läden für den täglichen
Bedarf in der Ladenstraße und von einer Mieterge-
meinschaft veranstalteten Festen – wie sie schon
Bernhard Borst für die Bewohner organisiert hatte.
Nach dem 2. Weltkrieg zieht Borst mit seiner Fa-
milie selbst in die Borstei.
„Bernhard Borst war Zeit seines Lebens ein sehr
sozialer Mensch“, erzählt Rümmelein. Er unter-
stützte Freunde und Angestellte, wenn sie in
finanzielle Nöte geraten waren. Er bezahlte Arzt-
besuche und unterstützte Künstler, stellte ihnen
Ateliers undWohnungen zur Verfügung. Mit vielen
war er befreundet. Borsts Interesse für die Kunst
ist auch in der Borstei nicht zu übersehen, und
er versuchte, sie den Bewohnern nahezubringen.
Knapp 70 Kunstwerke, nach und nach angekauft
oder Auftragsarbeiten, finden sich hier. Fresken
von Sepp Frank, Paul Bürck und Heinrich Bickel
überziehen Außenwände, Skulpturen aus Stein
oder Bronze stehen an jeder Ecke, an denWänden
sind Reliefs eingelassen. Kunstvoll gestaltet sind
auch viele Details wie Türknäufe, Fensterriegel
oder -gitter, die der Münchner Architekt Oswald
Eduard Bieber auswählte. Der Graphiker Eduard
Ege gestaltete die Borstei-Schriftzüge, das Logo
und die Hausnummern.
Nur ein Fünftel der Fläche ist bebaut
Borst hätte deutlich dichter bauen dürfen. Je-
doch sind nur rund 20% der Gesamtfläche von
68.690m
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überbaut. So blieb zwischen denMiets-
häusern viel Platz für Höfe und Gärten, geplant
von dem Landschaftsarchitekten Alwin Seifert.
Er ließ nicht nur Rosengärten anlegen, sondern
auch mächtige Kastanien und allerlei botanische
Exoten anpflanzen. Überall stehenweiße Sitzbän-
ke, Brunnen, ein Teich – ein Idyll, das angesichts
des städtischen Trubels rundherumwie eine Oase
anmutet.
In einem Brief an seine Mieter vom Mai 1951
schreibt Bernhard Borst: „Vor 25 Jahren, nach-
dem ich schon die ersten Häuser der Borstei erbaut
hatte, kam mir an einem wundervollen Maisonn-
tag-Morgen im Schleißheimer Schlossgarten der
Gedanke: Warum baut man nicht um den Garten,
der den Menschen so viel Freude, Ruhe und Ent-
spannung geben kann, Wohnungen?“
Immer noch gibt es unzählige Gegenstände, die an
frühere Zeiten erinnern. Ob alte Schlüssel oder ein
gelbes Türchen, das einst am Eingang der Borstei
stand und für die Kinder sehr wichtig war. Denn
stand die Türklappe offen, so dass der holzge-
schnitzte Kasper zu sehen war, freuten sich die
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Ocker und Moosgrün sind heute immer noch die Farben der Borstei
Borst gründete die Fachzeitschrift Baukunst
und fungierte bis zu ihrer Einstellung 1931 als
Herausgeber
vielen jungen Bewohner der Borstei, denn heute
würde es Kasperletheater geben.
Die Borstei heute
Die Borstei ist nach wie vor eine beliebte Wohn-
anlage in München. Das soziale Miteinander, das
teilweise dörflichen Charakter hat, empfinden
die Mieter auch heute noch als Gewinn. 2.500
Menschen wohnen in den 770 Wohnungen, die
über zwei bis viereinhalb Zimmer verfügen. Die
Wohnungenwerden von einemeigenenMitarbei-
terstamm aus vier bis fünf Gewerken ständig auf
gutem technischen Stand gehalten und moder-
nisiert; Schäden würden auf kurzem Dienstweg
behoben, erklärt Stefanie Vogt von der Borst Ver-
waltungs GmbH.
Die Mieten variieren stark nach Lage, Größe und
Zustand der Wohnung, es gibt immer noch Woh-
nungen, die seit 1928 keinen Mieterwechsel hat-
ten. Wie der Borstei-Rundschau, der Zeitung der
Mietergemeinschaft, zu entnehmen ist, werden
aber auch hier allerlei Mietstreitigkeiten vor Ge-
richt ausgetragen.
Die Borstei ist immer noch im Privatbesitz. Kein
Erbe hat direkt ein Haus geerbt. „Der Erbauer hat
Wert darauf gelegt, dass die Siedlung ‚für alle Zeit‘
als Ensemble unter einer Verwaltung fortbesteht.
Er wollte demeinzelnen Verkauf von Häusern und
der damit verbundenen Umwandlung in Eigen-
tumswohnungen vorbeugen“, erklärt Rümmelein.
Nach dem Tod des letzten leiblichen Enkels des
Erbauers fließt der Gewinn aus den Mieteinnah-
men in die Bernhard Borst Stiftung zu Gunsten
Not leidender Künstler und Architekten. Die Stadt
München übernimmt dann die Schirmherrschaft.
Damit zeigt Borst weit über seinen Tod hinaus sein
soziales Denken.
Das denkmalgeschützte Ensemble wirkt wie eine Oase in der Großstadt
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