DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2017 - page 25

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1|2017
Hans-Otto Kraus
Geschäftsführer
GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH
Quelle: GWG München
Da heute - mangels verfügbarer bebaubarer
Grundstückskontingente - kaummehr große Neu-
bausiedlungen auf der grünen Wiese entstehen,
spitzt sich die Problematik imHinblick auf schnelle
Lösungen zu. Wenn man die Verfahrenswege, die
Komplexität, die Kompliziertheit der Bauentwick-
lung und der Bauerstellung betrachtet, kommt
man unweigerlich zu dem Schluss, dass das Bau-
en in Deutschland teuer sein muss. Im Zuge der
nun zwangsläufig angesagten Überlegungen zu
Vereinfachungen und Beschleunigung des Bauens
tritt ein ebenso altes wie aktuelles Thema in den
Fokus: Bauen in Modulen und in Serie.
Zur Modulbauweise
Diese ist nunwirklich nichts Neues. Schon die alten
Griechen und Römer haben mit Modulen gebaut.
Der gute alte Ziegelstein ist das Urelement eines
Modulsystems, das sich bis heute gehalten hat.
Selbst die antiken Tempelbauten wurden in einer
Art Vorfertigung z. B. bei den Säulen in Modulen
vorgefertigt und an Ort und Stelle zusammenge-
fügt.
Dieses Prinzip der Systemnutzung ist durch tech-
nische Entwicklungen und steigenden Wohlstand
ausdiffundiert. Uns fehlen zeitgemäßeModule im
Wohnungsbau zur allgemeinen Gebräuchlichkeit,
die uns in die Lage versetzen, wie in einemBaukas-
tensystem sich wiederholende Teile einzuplanen
und zu verwenden. Zwar gibt es unendlich viele
Serienteile in verschiedensten Anwendungsbe-
reichen wie Türen, Fenster, Sanitärgegenstände
etc., aber sie bieten eben nur sektorale Einsatz-
möglichkeiten. Deshalb beschränkt sich die Ratio-
nalisierung des Bauens imWesentlichen auf diese
Bereiche. Die Individualisierung des Bauens hat
dies möglich oder auch nötig gemacht. Leider
kann man nicht konstatieren, dass dadurch die
Qualität der Architektur oder des Städtebaus ge-
wonnen hätte.
Immerhin bietet die Betonindustrie eine Vielzahl
von Fertigteilsystemen, jedoch sind diese dann
immer Einzelanfertigungen. Allerdings lassen
die aktuellen Untersuchungen und Beispiele im
Holzsystembaubau hoffen.
Die organisierte Wohnungswirtschaft – für mich
die Mitgliedsunternehmen des GdW Bundesver-
band deutscher Wohnungs- und Immobilienun-
ternehmen e. V. in Berlin – hat die Chance und die
Aufgabe, mit der Bauindustrie und der zustän-
digen Wissenschaft gemeinsam an der Entwick-
lung allgemein verwendbarer Module für den
Geschosswohnungsbau zu arbeiten. Dabei geht
es umkleinteilige wie große Strukturen, vomvor-
gefertigten Bad bis zur Baukastenkonstruktion im
Hochbau.
Dabei sind die Entwicklungen zu Regelungen
und Normungen kritisch zu hinterfragen. Aber
das wäre ein eigenes Thema. In diesem Zusam-
menhang muss ich auf die Ergebnisse der Bau-
kostensenkungskommission verweisen, die die
wesentlichen Faktoren dargestellt hat. Manmuss
die Erkenntnisse nur umsetzen.
Zum seriellen Bauen
Auch hier kann man sich auf die Verfahren und
Beispiele der Vergangenheit stützen. Ob es die
großen Genossenschaftssiedlungen der 20er und
30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sind,
die überaus große Menge der Wohnbauten der
1950er Jahre, die Plattenbauten der DDR oder
die Betonbauten der 1960er und 1970er Jahre
im Westen: Alles wurde in Richtung Serie schon
praktiziert. Mit der Individualisierung unserer
Gesellschaft wurde das individuelle Bauen zur
Selbstverständlichkeit. Das ist im Prinzip eine
positive Entwicklung, nur zeigen sich im Bezug
auf die Lösung unserer aktuellen Aufgaben jetzt
die wirtschaftlichen Grenzen.
Ohne die Planungskultur der freischaffenden Ar-
chitektenschaft diskreditieren zu wollen, muss
ich feststellen, dass der Wille und die Orientierung
zur Verwendung bewährter Muster verlorenge-
gangen ist. Jedes Objekt wird als Einzelfall entwi-
ckelt. Dies wird in der akademischen Ausbildung
als Regelfall auch so unterstellt. Die Frage der
Wiederholbarkeit, die unbestreitbar Vorteile in
der Wirtschaftlichkeit bietet, wird kaum gestellt.
Wettbewerbe als Instrument
Ich vermisse Architektenwettbewerbe im Woh-
nungsbau, bei denen dieses Thema als Kriterium
auftaucht. Es ist m. E. keine Schande, wenn man
als Architekt auch diesen Instrumentenkasten
öffnet. Damit keine Langeweile oder Eintönigkeit
entsteht, bedarf es einer intelligenten und krea-
tiven Entwicklung, die aber nicht aus dem Stand
zu meistern ist. Man weiß aus der Industrie, dass
Serien eine lange Vorlaufzeit benötigen. Deshalb
sollte dieses Thema ein Standardbestandteil in der
Ausbildung von Architekten und Ingenieuren sein.
Auch hier ist die gemeinsame Anstrengung von
Bauherrschaft, Planern und Bauwirtschaft ge-
fragt. Wir haben genügend Erfahrung und Kom-
petenz in unserer Branche. Nutzen wir sie!
Weitere Informationen unter:
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