DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2016 - page 58

ENERGIE UND TECHNIK
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(HD) Im islamischen Glauben kann die rituelle Reinheit („Tahara“) durch
verschiedene Reinigungsrituale erzielt werden. Für die Gestaltung des Ba-
dezimmers ist vor allem das sog. Wudu (auch: „Wudhu“), die „kleine rituelle
Waschung“, relevant. Praktizierende Muslime führen das Wudu durch, bevor
sie beten oder den Koran berühren. Es umfasst das Waschen von Gesicht und
Händen, das Streichen über den Kopf und das Waschen der Füße mit flie-
ßendem Wasser als Pflichtbestandteile. Je nach Auslegung können weitere
Waschungen hinzukommen.
Die durch das Wudu hergestellte Reinheit wird durch Ausscheidungsvorgänge,
Blutungen, Schlaf und bestimmten Auslegungen zufolge auch durch Berüh-
rungen andersgeschlechtlicher Personen oder durch unkeusche Gedanken
aufgehoben und muss dann erneuert werden. Nach Ausscheidungen müssen
praktizierende Muslime ihren Intimbereich zudem mit fließendem Wasser
reinigen, um ihren Körper auf das nächste Wudu vorzubereiten. Besonders die
sehr häufig durchgeführten Waschungen der Füße und des Intimbereichs können in Badezimmern, die nicht darauf ausgelegt sind,
zu Problemen führen – zumal nicht nur junge und gelenkige, sondern auch ältere Muslime diese Regeln befolgen.
RITUELLE WASCHUNGEN IM ISLAM
Trinkwasserhygiene
Anforderungen an Sanitärräume für Muslime
Praktizierende Muslime haben spezielle Anforderungen an ihre Sanitärräume. Für die Wohnungswirtschaft
sind Muslime eine wichtige Kundengruppe. Schätzungen zufolge leben rund 5 Mio. Menschen muslimischen
Glaubens in Deutschland. Sie bewohnen mehr als 1 Mio. Wohnungen und Häuser und arbeiten in einer
Vielzahl von Geschäften und Betrieben. Hinzu kommen nun die Flüchtlinge, die z. T. ebenfalls
muslimischen Glaubens sind. Für sie wird mittelfristig ebenfalls Wohnraum benötigt.
In großer Zahl leben Muslime seit gut 55 Jahren
in Deutschland – am 30. Oktober 1961 wurde in
Bad Godesberg ein Anwerbeabkommen zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei
unterzeichnet. Zuvor waren bereits solche Abkom-
menmit Italien (1955), Griechenland (1960) und
Spanien (1960) geschlossen worden. Sog. Gast-
arbeiter prägen seither die Wohnungsbestände
vieler Städte mit. Viele der Arbeitsmigranten
aus der Türkei sind muslimischen Glaubens. So
ist auch die Zahl der Muslime anderer ethnischer
Gruppen in Deutschland insgesamt auf rund 5Mio.
angestiegen. Damit stellen Muslime einen Anteil
von rund 6% an der Gesamtbevölkerung dar. Den-
noch war bislang auch in der Fachöffentlichkeit
zu wenig über ihre speziellen Ansprüche an die
Ausstattung von Sanitärräumen bekannt. Durch
die aktuellen Zuwanderungsbewegungen rückt
das Thema in den Fokus.
Bei der Gestaltung von Flüchtlingsunterkünften,
aber auch für die dezentrale Unterbringung in
einzelnen Wohnungen ist es wichtig, sich über
die für gläubige Muslime notwendigen rituellen
Waschungen und deren Auswirkungen auf die
Gestaltung von Sanitärräumen im Klaren zu sein.
Muslime nutzen Toiletten und
Waschtische anders
Es ist seit Jahrhunderten eine religiöse Pflicht für
gläubige Muslime, sich nach dem Toilettengang
und vor jedem Gebet umfassend zu waschen. Für
die Reinigung des Intimbereichs mit fließendem
Wasser nach dem Toilettengang kennen Muslime
– z. T. aus ihren Heimatländern – einfache Hygie-
neduschen oder kostengünstige Dusch-WCs. Doch
deren direkten Anschluss an die Trinkwasser-Ins-
tallation lehnen die Gesundheitsämter mit Verweis
auf die DIN EN 1717 ab (siehe Kasten auf S. 58).
Dr. Peter Arens
Leiter Produktmanagement
Schell GmbH & Co. KG
Olpe
Quelle: riedjal / Shutterstock.com
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